Die Sperre ist ein wichtiges Symbol
In Duisburg hat man diese Maßnahme bisher gescheut wie der Teufel das Weihwasser. Dabei waren Krisenstab und Stadtspitze – aus gutem Grund – durchaus nicht zurückhaltend, was schärfere Corona-Regeln betraf. Auch Verweilverbote, rigorosere Kontaktbeschränkungen und erweiterte Maskenpflichten gehörten dazu. Dass es in Duisburg bisher keine Ausgangsbeschränkung gab – im Gegensatz zu Nachbarstädten wie Mülheim oder Krefeld – hat mehrere Gründe. Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer solchen Maßnahme sind zum Beispiel durchaus angebracht.
Viel schwerer aber wiegt wohl, dass Maßnahmen nicht eingehalten werden, wenn die Einsicht fehlt. Wer schon mit Lautsprecherwagen durch die Stadtteile fährt, um Corona-Regeln in mehreren Sprachen zu verkünden, wird es mit einer Ausgangssperre noch schwerer haben. Städtische Ordnungskräfte können nun einmal nicht überall gleichzeitig sein, und schon gar nicht überall. Das kann auch niemand wirklich wollen. Im Umkehrschluss lässt sich auch nur ein Bruchteil von Verstößen gegen die Aufenthaltsbeschränkung feststellen beziehungsweise sanktionieren.
Eine Ausgangssperre ist nichts anderes als Symbolpolitik. Manchmal bedarf es aber solcher Symbole, weil viele sonst den Ernst der Lage nicht verstehen (wollen). Die fehlende Kontrollmöglichkeit kann keine Ausrede sein. Wir halten auch an jeder roten Ampel.
Aber reicht das als Grund, eine solche Maßnahme gar nicht erst anzuordnen? Wir alle halten auch an einer roten Ampel. Auch dann, wenn keiner kommt. Auch dann, wenn wir wissen, dass wir nicht kontrolliert werden und es keiner merken würde, wenn wir trotz roter Ampel weiterfahren.
Warum ist das so? Weil wir die Einsicht haben, dass es grundsätzlich klüger ist, an roten Ampeln zu halten. An genau dieser Einsicht wird es aber bei einer Ausgangsbeschränkung vielen mangeln. Und genau deshalb muss der Sinn einer solchen Maßnahme klar und ehrlich kommuniziert werden.
Das Pärchen beim abendlichen Spaziergang ist ebenso wenig Treiber des Infektionsgeschehens wie der Radfahrer auf dem Rheindeich oder der Jogger auf seiner Laufstrecke. Die Infektionsgefahr draußen ist erwiesenermaßen ausgesprochen gering. Wohin sind aber die meisten abends, vor allem an Wochenenden, unterwegs? Ziel ist es für die meisten dann eben gerade nicht, auf Kontakte zu verzichten. Im Gegenteil. Das Symbol der Ausgangsbeschränkung soll den Sinn dafür schärfen, was im Moment gerade geht – und was gerade nicht geht.
Wenn es, wie die Stadt in dieser Woche selbst zugibt, aber ein grundsätzliches „Akzeptanz- und Umsetzungsproblem“gibt bei Corona-Regeln, dann muss daran gearbeitet werden. Wir wollen zu einem möglichst normalen Leben zurück. Und das am besten so schnell wie möglich.