Zwillinge teilen Leidenschaft für Kaninchen
Bernd und Fred Träger halten dem Rassekaninchenzuchtverein R 143 seit Jahrzehnten die Treue und sind absolute Experten für die kleinen Tierchen, die heute mehr Spaß- als Fleischlieferanten sind. Was treibt die beiden an?
RHEINHAUSEN Die Zwillingsbrüder Bernd und Fred Träger treffen sich jeden Tag zur gemütlichen Kaffeerunde mit Kuchen. Ein Luxus, den der Ruhestand möglich macht. Und nicht selten geht es beim gemütlichen Plausch um Kaninchen. Obwohl die neueste Leidenschaft der beiden ehemaligen HKM-Mitarbeiter ihre Galloway-Herde ist, züchten sie auch nach wie vor noch ihre Roten Neuseeländer, in die sie sich schon vor zig Jahren verliebt haben.
„Mir haben die roten Neuseeländer schon als Kind gefallen und deshalb hab ich mich recht früh spezialisiert“, erzählt Bernd Träger und erinnert sich an seine Anfänge mit 14 Jahren bei der Jungtierschau. Damals am Röttgenweg, wo die Siedlungsgemeinschaft explizit auf die Selbstversorgung ausgelegt war und wo der Großvater aufgrund einer Kriegsverletzung ein Haus beziehen konnte. „Es gab natürlich Hühner und Schweine, aber die Kaninchen waren damals Sache der Kinder. Wir mussten die Ställe sauber machen und füttern“, erinnern die Brüder sich.
Beide sind ihrer Verpflichtung von damals treu geblieben und Bernd Träger ist heute der 1. Vorsitzende des R 143 Rheinhausen. Das klingt ein bisschen wie ein Flugzeugtyp, ist aber der offizielle Vereinsname. Seit gut 60 Jahren hält die Familie den Nagern die Treue. Schon der Vater war leidenschaftlicher Züchter und hat seine Söhne ganz klar angestiftet. „Das hat sich heute alles gewandelt. Früher waren Kaninchen in erster Linie Fleischlieferanten und man nutzte auch die Wolle und den Pelz“, erinnert Träger sich. Heute werden primär Zierkaninchen zum Kuscheln gezüchtet, als
Grundversorgung haben die Nager ausgedient. Zumindest in der breiten Masse.
Die Trägers sehen ihre Zuchtgemeinschaft (eine Zuchtgemeinschaft besteht meist aus zwei Personen, die gemeinsam bei Schauen angegeben werden) durchaus pragmatisch: „Wir haben sechs bis sieben Zuchthäsinnen und bekommen rund 70 Jungtiere. Alles, was nicht verkauft oder bei Leistungsschauen ausgestellt wird, landet im Topf.“
Geschlachtet wird in Eigenarbeit,
bei Kleintieren ist das erlaubt, da muss man nicht zwingend zum Schlachter, weiß Bernd Träger. „Viele bringen die Tiere aber dennoch hin, weil sie das lieber nicht selber machen wollen“, erzählt er und hat durchaus Verständnis, wenn moderne Züchter sich nicht so leicht von einem Tier trennen können. Bei seinen Galloways fällt ihm das auch deutlich schwerer als bei den Kaninchen, wie er gesteht.
Schöner ist es, die Tiere bei Ausstellungen oder Wettbewerben präsentieren zu können. Doch wie sorgt man dafür, dass jedes Kleinod bei dem Gewusel eines straff organisierten Wettbewerbs wieder den Weg zurück zum Züchter findet und nicht vertauscht wird? „Dafür haben wir im Verein einen eigenen Tattoomeister, der kümmert sich darum“, erklärt der Fachmann. Die Kaninchenohren kann ein Züchter in etwa so lesen wie der aufgeklärte Endverbraucher ein Hühnerei: Im rechten Ohr wird der Verein vermerkt, also in Rheinhausen das R 143. Ins linke kommt die Zuchtbuchnummer, dann der Monat, das Jahr und die laufende Nummer. Kann also gar nichts schiefgehen.
Extrem schief lief vor einigen Jahren aber die Sache mit dem RHD Virus. Ein Virenstamm aus China, der wie Corona zahlreiche Mutationen bildete und ganze Zuchten auslöschte. „Es gab zwar Impfstoffe, aber die waren in Deutschland nicht zugelassen und als es dann endlich soweit war, war er wegen der neuen Varianten nutzlos und viele Tiere starben.“Kein Schelm, der da böse Parallelen erkennt.
Seit damals ist die Liebe zum Karnickel beständig zurückgegangen. Auch R 143 hat heute nur noch wenige Mitglieder, die sich regelmäßig austauschen und gemeinsam auf Wettbewerbe fahren. Alles hat eben seine Zeit und wenn Träger in die Annalen der 75-jährigen Vereinschronik blickt, kann er auch nur noch den Kopf schütteln. In der NS-Zeit wurde selbst der Zuchtverein nach Parteigusto gestaltet: Kassierer, Zuchtwart und Schriftführer wurden nicht gewählt sondern ernannt und die Zucht von sogenannten Wirtschaftsrassen staatlich gefördert. Das führte dann letztendlich zum gemeinsam genutzten Vereinszuchtrammler, um möglichst hohe Erträge zu generieren. Klingt heute irgendwie bizarr, aber die Tiere sicherten das Überleben.
Auch Angorakaninchen waren hoch im Kurs, denn die Wolle ist weich und hält warm. Ebenso wie das Fell, das früher selbstverständlich zu Jacken und Mänteln verarbeitet wurde. Heute undenkbar, es wandert in den Müll. Wer sich allerdings dennoch traut, Omas Kaninchenmantel auszuführen, für den haben die Profis einen Tipp: Wenn man ihn im Winter nachts raushängt und gefrieren lässt, dann fusselt er nicht mehr so arg.
Wer Hilfe braucht, auch gerne bei lebendem Getier, schaut im Internet unter https://kaninchen-rheinhausen-r143. hpage.com