Lockerungen müssen praktikabel sein
Ist das nicht eine schöne Nachricht? Kurz vor dem Muttertag erlaubt Mecklenburg-Vorpommern wieder den Tagestourismus. Doch halt: Das gilt nur für vollständig Geimpfte. Die meisten Eltern müssen also zu Hause bleiben. Und selbst wenn sie schon geimpft sind, dürfen sie ihre Kinder nicht mitnehmen, denn die hatten noch keine Impfchance. Familienspaltung ausgerechnet im Land der früheren Familienministerin Manuela Schwesig.
Einen Tag nach dem Kabinettsbeschluss hat der Bundestag den Weg für weitere Erleichterungen freigemacht. An diesem Freitag folgt der Bundesrat. Das Tempo ist zu loben. Doch der Inhalt ist noch viel zu sehr obrigkeitsstaatlichem Erlaubnisdenken verhaftet. Das Problem zeigt sich vor allem an der Salamitaktik bei den Öffnungen. Geimpfte und Genesene sollen sich nun wieder zu Hause ohne Auflagen treffen dürfen – aber draußen zusammen Sport zu treiben, bleibt ihnen verboten.
Zu wenig hält sich der Gesetzgeber vor Augen, dass es nicht um die Frage geht, welche Sonderrechte für Minderheiten ermöglicht werden, sondern darum, welche Grundrechtseinschränkungen er für wen aufrechterhalten darf. Über zehn Millionen Menschen sind genesen oder vollständig geimpft. Das sind mehr, als 19 von 27 EU-Mitgliedstaaten an Einwohnern haben. Es lässt sich leicht vorstellen, dass es in jedem dieser 19 Länder keine einzige Einschränkung mehr gäbe, wenn dort keine einzige Person mehr nennenswert ansteckend wäre. Daran sind auch die Einschränkungen für die Genesenen und Geimpften in Deutschland zu messen. Gefragt sind also Lockerungen mit mehr Augenmaß. Als Orientierung muss gelten, dass Einschränkungen die Ausnahme und nicht die Regel sind. Und dass alles so praktikabel wie möglich sein sollte. Auch im Land der früheren Familienministerin. BERICHT BUNDESTAG: FREIHEITEN FÜR GEIMPFTE, TITELSEITE