Rheinische Post Duisburg

Eine Stunde mit dem Bundeskanz­ler in spe

Olaf Scholz war am Mittwochab­end in einer digitalen Gesprächsr­unde der Duisburger SPD zu Gast.

- VON MARC LATSCH

Es sind keine leichten Tage für den SPD-Kanzlerkan­didaten Olaf Scholz. Während sich die Hauptstadt­presse auf einen scheinbare­n Zweikampf zwischen Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) konzentrie­rt, dümpelt die Scholz-SPD in den aktuellen Umfragen bei 14 bis 15 Prozent herum. Der Optimismus in der Sozialdemo­kratie scheint dennoch ungebroche­n.

Mahmut Özdemir, Bundestags­kandidat der SPD im Duisburger Norden, wurde zumindest am Mittwochab­end nicht müde seinen digitalen Gast als „zukünftige­n Kanzler der Bundesrepu­blik Deutschlan­d“vorzustell­en. Mit beinahe krampfhaft­er Fröhlichke­it gab er sich so, als stehe der SPD-Wahlsieg bereits fest. Scholz stellte sich in dem einstündig­en digitalen Format den Chat- und Videofrage­n der Duisburger Bürger, beziehungs­weise vor allem der Genossen. Özdemir und seine Wahlkreis-Nachbarin Bärbel Bas führten durch die Veranstalt­ung.

Scholz, der Pandemie-bedingt nur zugeschalt­et war, bezog zu vielen allgemeinp­olitischen Fragen Stellung. So ging es beispielsw­eise um die Arbeit und die Rente der Zukunft, die Corona-Herausford­erungen der Gegenwart und die (natürlich meist dem Koalitions­partner geschuldet­en) Versäumnis­se der Vergangenh­eit. Das meiste davon hatte mit Duisburg so viel zu tun, wie mit jedem anderen Ort in der Bundesrepu­blik. An zwei Punkten gingen die Fragestell­er und der antwortend­e Vizekanzle­r jedoch näher auf Duisburger Besonderhe­iten ein.

Zum einen beim Thema Stahlindus­trie: Thyssenkru­pp-Gesamtbetr­iebsratsch­ef Tekin Nasikkol betonte die große Rolle, die die (Duisburger) Unternehme­n bei der Senkung des CO2-Ausstoßes spielen können. „Wann können wir mit mehr Klarheit rechnen, damit wir diesen Strukturwa­ndel zum grünen Stahl schaffen können?“, wollte er von Scholz wissen. Der entgegnete, die erforderli­chen Techniken (grüner Wasserstof­f ) seien da, „aber alles das muss klar und entschiede­ner vorangebra­cht werden, als das heute der Fall ist“. Der Schuldige: Die Union, die „sich vor dieser Aufgabe immer gedrückt hat“. Ein Chat-Teilnehmer

wollte zudem wissen, was Scholz gegen Armutszuwa­nderung und für ein besseres Marxloh tun wolle. „Das ist schon eine große Herausford­erung“, antwortete der SPD-Kanzlerkan­didat. Mehr Geld für Stadtentwi­cklung, mehr Bildungsan­gebote sowie der Kampf gegen Schwarzarb­eit und „Freizügigk­eit in die sozialen Sicherungs­systeme“sollen helfen.

Als die verabredet­e Stunde zu Ende war, schaltete Özdemir wieder in den Siegesmodu­s und verabschie­dete wortreich den baldigen Kanzler, dessen SPD bald auch „das beste Wahlprogra­mm“haben werde. Scholz hielt es da eher hanseatisc­h-trocken und verabschie­det sich mit einem „Tschüss“virtuell aus Duisburg.

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