Eine Stunde mit dem Bundeskanzler in spe
Olaf Scholz war am Mittwochabend in einer digitalen Gesprächsrunde der Duisburger SPD zu Gast.
Es sind keine leichten Tage für den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Während sich die Hauptstadtpresse auf einen scheinbaren Zweikampf zwischen Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) konzentriert, dümpelt die Scholz-SPD in den aktuellen Umfragen bei 14 bis 15 Prozent herum. Der Optimismus in der Sozialdemokratie scheint dennoch ungebrochen.
Mahmut Özdemir, Bundestagskandidat der SPD im Duisburger Norden, wurde zumindest am Mittwochabend nicht müde seinen digitalen Gast als „zukünftigen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland“vorzustellen. Mit beinahe krampfhafter Fröhlichkeit gab er sich so, als stehe der SPD-Wahlsieg bereits fest. Scholz stellte sich in dem einstündigen digitalen Format den Chat- und Videofragen der Duisburger Bürger, beziehungsweise vor allem der Genossen. Özdemir und seine Wahlkreis-Nachbarin Bärbel Bas führten durch die Veranstaltung.
Scholz, der Pandemie-bedingt nur zugeschaltet war, bezog zu vielen allgemeinpolitischen Fragen Stellung. So ging es beispielsweise um die Arbeit und die Rente der Zukunft, die Corona-Herausforderungen der Gegenwart und die (natürlich meist dem Koalitionspartner geschuldeten) Versäumnisse der Vergangenheit. Das meiste davon hatte mit Duisburg so viel zu tun, wie mit jedem anderen Ort in der Bundesrepublik. An zwei Punkten gingen die Fragesteller und der antwortende Vizekanzler jedoch näher auf Duisburger Besonderheiten ein.
Zum einen beim Thema Stahlindustrie: Thyssenkrupp-Gesamtbetriebsratschef Tekin Nasikkol betonte die große Rolle, die die (Duisburger) Unternehmen bei der Senkung des CO2-Ausstoßes spielen können. „Wann können wir mit mehr Klarheit rechnen, damit wir diesen Strukturwandel zum grünen Stahl schaffen können?“, wollte er von Scholz wissen. Der entgegnete, die erforderlichen Techniken (grüner Wasserstoff ) seien da, „aber alles das muss klar und entschiedener vorangebracht werden, als das heute der Fall ist“. Der Schuldige: Die Union, die „sich vor dieser Aufgabe immer gedrückt hat“. Ein Chat-Teilnehmer
wollte zudem wissen, was Scholz gegen Armutszuwanderung und für ein besseres Marxloh tun wolle. „Das ist schon eine große Herausforderung“, antwortete der SPD-Kanzlerkandidat. Mehr Geld für Stadtentwicklung, mehr Bildungsangebote sowie der Kampf gegen Schwarzarbeit und „Freizügigkeit in die sozialen Sicherungssysteme“sollen helfen.
Als die verabredete Stunde zu Ende war, schaltete Özdemir wieder in den Siegesmodus und verabschiedete wortreich den baldigen Kanzler, dessen SPD bald auch „das beste Wahlprogramm“haben werde. Scholz hielt es da eher hanseatisch-trocken und verabschiedet sich mit einem „Tschüss“virtuell aus Duisburg.