„Wir Hausärzte sind außen vor“
Covid-Patienten haben selten bis gar keinen Kontakt zu ihren Hausärzten, kritisiert ein Allgemeinmediziner aus Homberg. Dabei könnten ambulante Behandlungen teilweise einen Krankenhausaufenthalt verhindern.
(dmt) Hausärzte sind häufig nicht eingebunden, wenn ihre Patienten an Covid-19 erkranken. Diesen Umstand kritisiert Oliver Potreck, Allgemeinmediziner aus Homberg. „Wir Hausärzte sind außen vor“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Wenn seine Patienten an Covid-19 erkrankt sind, erfährt er es meist erst hinterher. Und: Viele Patienten seien überzeugt, dass man im Falle einer Erkrankung keinen Arzt aufsuchen dürfe. „Falsch“, betont Potreck.
Mittlerweile haben Patienten die Möglichkeit, sich überall auf das Coronavirus testen zu lassen, beispielsweise in mobilen Testzentren. „Das wird auch teilweise von Patienten genutzt, die leichte Infektsymptome haben, obwohl sie ja eigentlich nicht hingehen sollen, wenn sie krank sind“, berichtet Potreck. „Ist das Testergebnis positiv, werden sie meist ins Testzentrum für einen PCR-Test geschickt. Da beginnt die Problematik.“Patienten seien von da an unter Quarantäne gestellt, bekommen die Anweisung, ihr Haus nicht zu verlassen. Kontakt bestehe dann nur telefonisch mit dem Gesundheitsamt. „Wir Hausärzte hören davon nichts“, kritisiert er.
Nur äußerst selten kontaktieren ihn seine Patienten, um von der Erkrankung zu berichten. „Der Kontakt nur zum Gesundheitsamt ist meiner Meinung nach nicht immer ausreichend“, sagt Potreck. „Da wird dann häufig pauschal gesagt, dass man eh nichts tun könne.“Fakt sei aber: Hausärzte könnten bereits im Vorfeld Risikopatienten erkennen. „Weil sie zum Beispiel übergewichtig sind, häufiger Infekte der Atemwege hatten oder Asthmapatienten sind.“Es seien diese Menschen, auf die Hausärzte in besonderer Weise aufpassen müssten. „Das geht aber verloren, wenn das nur am Telefon durch das Gesundheitsamt funktioniert“, kritisiert er.
Potreck würde sich wünschen, dass das Gesundheitsamt klar kommuniziert, dass eine Covid-Erkrankung
auch den Hausärzten gemeldet werden sollte. Seine Kritik richtet er vor allem an die fehlerhafte Kommunikation seitens der Gesundheitsund Ordnungsämter. „Häufig höre ich von meinen Patienten, dass sie aufgrund der Quarantäne ohnehin nicht zum Arzt dürften. Das ist falsch, zum Hausarzt darf jeder gehen.“Nach vorheriger Terminabsprache sei es problemlos möglich, dass Erkrankte coronakonform in die Praxis zur Untersuchung kämen. Diese Untersuchungen könnten dazu beitragen, dass der Verlauf der Erkrankung im Vorfeld gemildert wird. „Wenn wir im Vorfeld die Leute sehen und ihnen gegebenenfalls Medikamente geben können, könnte das einen Krankenhausaufenthalt und einen schweren Verlauf vermeiden“, ist er überzeugt.
Zu früh, so Potrecks Erfahrung, werde pauschal gesagt: „Wenn es ihnen schlecht geht, dann müssen sie ins Krankenhaus gehen.“„Das mag in einigen Fällen in Ordnung sein. Aber ich habe zum Beispiel Patienten, die sehr ängstlich sind. Für die ist Husten direkt Atemnot.“
Eine Untersuchung, ist er überzeugt, sollte daher vorher erfolgen. „Dann kann man immer noch entscheiden, ob die ins Krankenhaus gehören, oder wir sie ambulant behandeln können. Da sehe ich ein Defizit, die ambulante Behandlung durch uns Hausärzte leidet, weil wir viele Patienten schlichtweg nicht sehen.“
Alle Krankenhauseinweisungen zu vermeiden sei nicht das Ziel, betont er. „Das können wir auch gar nicht. Aber es müsste doch ein Ziel sein, wenn wir schon zehn Prozent davon vermeiden könnten.“Die Erfahrung,
dass es funktioniert, habe er gemacht. So gab es einige Patienten mit zum Teil schweren Vorerkrankungen, bei denen durch die ambulante Behandlung ein schwerer Verlauf vermieden werden konnte. „Ich habe eine Patientin behandelt, die ist 92 Jahre alt gewesen. Die war ambulant hier, das hat hervorragend geklappt. Aber dieser Informationsfluss ist häufig nicht gegeben. Oft ist die Erkrankung nur noch Thema zwischen Patient, Gesundheitsamt und Ordnungsamt. Ambulante Einbindung findet zu wenig statt.“
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