Straßenname sorgt für Ärger
Im Süden soll eine Straße nach der Rheinhauser Aktivistin Aletta Eßer benannt werden.
RHEINHAUSEN Sicherlich, in Zeiten, in denen man die Gleichberechtigung der Geschlechter im öffentlichen Leben anstrebt, ist es eine willkommene Geste der Stadt Duisburg, Straßen nach bedeutenden Frauen zu bezeichnen. Im Duisburger Süden liegt für Huckingen ein Bebauungsplan, Gemarkung 58, aus dem Amtsblatt vom 15. April 2021 vor, in dem neun Straßen eines geplanten Wohngebiets nach Duisburger Frauen benannt werden sollen, die sich in der Gesellschaft verdient gemacht haben.
Unter anderem soll dort eine Straße an die Rheinhauser Lyrikerin und Arbeitskämpferin Aletta Eßer erinnern. Das wiederum rief die lokale Politik und Bevölkerung auf den Plan – mit der Maßgabe, lieber eine Straße in Rheinhausen nach Aletta Eßer zu benennen als im Duisburger Süden, wo die Frau relativ unbekannt sein dürfte.
Der CDU-Politiker Ferdi Seidelt, der seit 1979 im Rathaus aktiv ist, sagt: „Ich habe Aletta Eßer, die sozial stark engagierte Schriftstellerin, als SPD-Bezirksvertreterin in den 80er-Jahren kennengelernt. Sie war das Synonym für Bergheim und Rheinhausen. Wir vertraten Rheinhausen gemeinsam in der Stadt-Kommission ‘Kunst und Bauen’. Sie war nicht nur eine gute Volksvertreterin und beeindruckende Mundartautorin, sondern ist mit ihren Reden als Aktivistin der Fraueninitiative im Arbeitskampf unvergessen geworden – mehr Rheinhausen geht nicht.“
In die gleiche Kerbe schlägt auch ihre langjährige Weggefährtin Liesel Hock, die wie „ihre schwesterliche Freundin“im Jahr 1934 in Oestrum geboren wurde. „Ich kann nicht verstehen, warum eine Straße in Huckingen nach ihr benannt werden soll, Aletta gehört nach Rheinhausen.“Sie habe sich vor allen Dingen für Projekte vor Ort eingesetzt. „Ich werde nie vergessen, wie wir uns für den Erhalt des Atropshofs stark gemacht haben, indem wir dort eine Zweigstelle des Kinderschutzbunds eröffnet haben“, sagt die 87-Jährige, die zu der Zeit im Kulturausschuss der Stadt Duisburg aktiv war.
Unzählige Mundartlesungen habe sie gemeinsam mit Aletta Eßer in der Bezirksbibliothek Rheinhausen veranstaltet: „Programm ohne Programm“war der Name dieser Projekte. „Diese Mittage waren gut besucht von Frauen, die hungrig auf Bildung waren, wie wir auch!“, erinnert sich Liesel Hock. Die beiden Freundinnen besuchten nur sieben Jahre von 1941 bis 1948 die längst abgerissene Volksschule an der Lange Straße.
„Zu unserer Zeit war Bildung bei weitem nicht so groß geschrieben wie heute“, so Hock. Die Mundart lernte Aletta Eßer von ihrer Mutter, die aus Baerl stammte. „Aletta hat angefangen, alltägliche Geschichten und Gedichte in Mundart zu schreiben“, erinnert sich Liesel Hock. Für den Erhalt der Rheinpreußensiedlung in Homberg habe sie sich ihrem Mann Kurt zuliebe engagiert, der aus dieser stammte.
So waren es hauptsächlich Aktionen für Duisburges Westen, die die Rheinhauser Bezirkspolitikerin und Schriftstellerin bis zu ihrem tragischen Tode am 14. Juni 1990 umsetzte. Günter Pfeiffer, der sie aus ihrer Mitarbeit im Vorstand des Freundeskreises Lebendige Grafschaft Friemersheim kannte, meint: „Ich kann nicht verstehen, warum Aletta Eßer ausgerechnet im Duisburger Süden geehrt werden soll.“
„Ich werde mit Süd-Bezirksbürgermeisterin Beate Lieske sprechen“, sagt Ferdi Seidelt. Vielleicht haben wir noch eine Chance auf Änderung des Antrags. Im anstehenden B-Plan ‘Eichenstraße’ in Oestrum sind sicherlich noch Straßen zu benennen. Für die dort geborene Aletta Eßer wäre das wohl eine sinnvolle und würdige Adresse.“