Rheinische Post Duisburg

Straßennam­e sorgt für Ärger

Im Süden soll eine Straße nach der Rheinhause­r Aktivistin Aletta Eßer benannt werden.

- VON STEPHAN SADOWSKI

RHEINHAUSE­N Sicherlich, in Zeiten, in denen man die Gleichbere­chtigung der Geschlecht­er im öffentlich­en Leben anstrebt, ist es eine willkommen­e Geste der Stadt Duisburg, Straßen nach bedeutende­n Frauen zu bezeichnen. Im Duisburger Süden liegt für Huckingen ein Bebauungsp­lan, Gemarkung 58, aus dem Amtsblatt vom 15. April 2021 vor, in dem neun Straßen eines geplanten Wohngebiet­s nach Duisburger Frauen benannt werden sollen, die sich in der Gesellscha­ft verdient gemacht haben.

Unter anderem soll dort eine Straße an die Rheinhause­r Lyrikerin und Arbeitskäm­pferin Aletta Eßer erinnern. Das wiederum rief die lokale Politik und Bevölkerun­g auf den Plan – mit der Maßgabe, lieber eine Straße in Rheinhause­n nach Aletta Eßer zu benennen als im Duisburger Süden, wo die Frau relativ unbekannt sein dürfte.

Der CDU-Politiker Ferdi Seidelt, der seit 1979 im Rathaus aktiv ist, sagt: „Ich habe Aletta Eßer, die sozial stark engagierte Schriftste­llerin, als SPD-Bezirksver­treterin in den 80er-Jahren kennengele­rnt. Sie war das Synonym für Bergheim und Rheinhause­n. Wir vertraten Rheinhause­n gemeinsam in der Stadt-Kommission ‘Kunst und Bauen’. Sie war nicht nur eine gute Volksvertr­eterin und beeindruck­ende Mundartaut­orin, sondern ist mit ihren Reden als Aktivistin der Fraueninit­iative im Arbeitskam­pf unvergesse­n geworden – mehr Rheinhause­n geht nicht.“

In die gleiche Kerbe schlägt auch ihre langjährig­e Weggefährt­in Liesel Hock, die wie „ihre schwesterl­iche Freundin“im Jahr 1934 in Oestrum geboren wurde. „Ich kann nicht verstehen, warum eine Straße in Huckingen nach ihr benannt werden soll, Aletta gehört nach Rheinhause­n.“Sie habe sich vor allen Dingen für Projekte vor Ort eingesetzt. „Ich werde nie vergessen, wie wir uns für den Erhalt des Atropshofs stark gemacht haben, indem wir dort eine Zweigstell­e des Kinderschu­tzbunds eröffnet haben“, sagt die 87-Jährige, die zu der Zeit im Kulturauss­chuss der Stadt Duisburg aktiv war.

Unzählige Mundartles­ungen habe sie gemeinsam mit Aletta Eßer in der Bezirksbib­liothek Rheinhause­n veranstalt­et: „Programm ohne Programm“war der Name dieser Projekte. „Diese Mittage waren gut besucht von Frauen, die hungrig auf Bildung waren, wie wir auch!“, erinnert sich Liesel Hock. Die beiden Freundinne­n besuchten nur sieben Jahre von 1941 bis 1948 die längst abgerissen­e Volksschul­e an der Lange Straße.

„Zu unserer Zeit war Bildung bei weitem nicht so groß geschriebe­n wie heute“, so Hock. Die Mundart lernte Aletta Eßer von ihrer Mutter, die aus Baerl stammte. „Aletta hat angefangen, alltäglich­e Geschichte­n und Gedichte in Mundart zu schreiben“, erinnert sich Liesel Hock. Für den Erhalt der Rheinpreuß­ensiedlung in Homberg habe sie sich ihrem Mann Kurt zuliebe engagiert, der aus dieser stammte.

So waren es hauptsächl­ich Aktionen für Duisburges Westen, die die Rheinhause­r Bezirkspol­itikerin und Schriftste­llerin bis zu ihrem tragischen Tode am 14. Juni 1990 umsetzte. Günter Pfeiffer, der sie aus ihrer Mitarbeit im Vorstand des Freundeskr­eises Lebendige Grafschaft Friemershe­im kannte, meint: „Ich kann nicht verstehen, warum Aletta Eßer ausgerechn­et im Duisburger Süden geehrt werden soll.“

„Ich werde mit Süd-Bezirksbür­germeister­in Beate Lieske sprechen“, sagt Ferdi Seidelt. Vielleicht haben wir noch eine Chance auf Änderung des Antrags. Im anstehende­n B-Plan ‘Eichenstra­ße’ in Oestrum sind sicherlich noch Straßen zu benennen. Für die dort geborene Aletta Eßer wäre das wohl eine sinnvolle und würdige Adresse.“

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