Der stille Peter Peters kann der Sieger sein
Der ehemalige Funktionär des FC Schalke 04 hat sich aus dem Machtkampf beim Deutschen Fußball-Bund bislang herausgehalten. Vielleicht ist er gerade deshalb der Kandidat fürs Präsidentenamt.
Vielleicht sollten die Spitzenfunktionäre im deutschen Fußball ihre Briefe mit gegenseitigen Beschimpfungen demnächst direkt nur an ausgewählte Medien schicken. Sie würden Porto sparen. Dass die Öffentlichkeit sich am eloquenten Streit möglichst frühzeitig erfreuen soll, ist ja der Plan.
Auf diese Weise erfuhr das Publikum, dass DFB-Präsident Fritz Keller seinen Stellvertreter Rainer Koch mit dem berüchtigten Nazi-Richter Roland Freisler verglich. Und es erlebte zeitnah, wie sich Koch und Christian Seifert, der Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL), gegenseitig verbal in die Haare gerieten. Seifert schrieb dem DFB-Vizepräsidenten, er möge unterlassen, der DFL Pläne zur „strukturellen Zerschlagung des DFB zu unterstellen“. Und er urteilte launig: „Man löst die Probleme des DFB nicht durch den Aufbau imaginärer Feindbilder und abenteuerlicher Verschwörungstheorien, sondern durch seit Langem überfällige strukturelle und personelle Reformen.“
Koch ließ sich nicht lange bitten und erklärte, er werde sich „nicht durch verbale Ausfälle Ihrerseits mir gegenüber in Präsidiumssitzungen provozieren oder einschüchtern und von meinem Engagement für die Belange des Amateurfußballs abbringen lassen“.
Man könnte das als eitles Gekeife älterer Herren abtun, die sich bei öffentlichen Anlässen gern in den Armen
liegen, aber schon den nächsten Verrat planen. Es ist aber mehr als nur der öffentliche Kampf um die Deutungshoheit zwischen Koch und Seifert. Denn das ist ja nur eines der Duelle in diesem Kampf aller gegen alle an der Spitze der Funktionärskaste.
Die Zerrissenheit des Verbands (die DFL ist schließlich als Organisation des Profifußballs Mitglied des DFB) führt zwangsläufig zu zwei grundsätzlichen Fragen. Die erste: Wie können Menschen in näherer Zukunft noch zusammenarbeiten, die regelrecht verfeindet sind? Die zweite: Wer soll einen notwendigen Neuaufbau anführen? Keller kommt ja nicht mehr in Frage, weil selbst die Landesverbände seinen Rücktritt dringend empfehlen.
Die erste Frage ist schnell beantwortet: Es gibt keine Vertrauensbasis mehr zwischen den aktuellen Führungskräften. Für einen sauberen Neuanfang müssten alle gehen.
Die Antwort auf die zweite Frage hat Lothar Matthäus gefunden. Er sieht Karl-Heinz Rummenigge (65) und Rudi Völler (61) künftig an der Spitze des DFB. Schöne Idee. Sie unterschlägt allenfalls die Tatsache, dass Rummenigge die gesamte DFB-Führung als amateurhaft abgekanzelt und zudem keinerlei Bereitschaft zu erkennen gegeben hat, das Amt nach seinem Vertragsende als Bayern-Chef zu übernehmen. Völler hat immer gern im Verband mal ausgeholfen (zum Beispiel als Trainer). Aber für anstrengende Grundlagenarbeit steht er nicht zur Verfügung.
Andere Experten rufen nach Philipp Lahm (37). Der übt sich gerade als „Geschäftsführer Marketing und Kommunikation“für die Europameisterschaft 2024. Für ihn spricht seine Jugend. Gegen ihn, dass sich die einflussreichen Landesverbände kaum von einem Neuling im Verbandsgeschäft eine Strukturreform diktieren lassen werden. Und gegen ihn spricht ebenfalls, dass er das weiß. Lahm ist clever genug, sich dieses Bohren der ganz dicken Bretter nicht anzutun.
Wer bleibt? Vielleicht Peter Peters (58), der als Vorstandsmitglied dabei half, Schalke 04 an den Abgrund zu führen und der trotzdem stellvertretender Sprecher der DFL und DFB-Präsidiumsmitglied ist. Für ihn spricht, dass er sich in den Verästelungen des Funktionärslebens bestens auskennt. Er macht das schließlich seit 30 Jahren. Aus dem Streit der begabten Briefeschreiber hat er sich herausgehalten. Überliefert ist nur seine Mahnung zu mehr „Vertrauen und Miteinander“in einem Wort zum Jahreswechsel. Das klang schon beinahe präsidial.