Als „Der Niederrheiner“noch ein Bus war
Auch als „Der Niederrheiner“noch auf Asphalt rollte, waren technische Pannen nicht ausgeschlossen. Aber Fahrgäste machten ihn wieder flott.
WESTEN/XANTEN „Der Niederrheiner“ist ein Synonym für Mobilität auf der Schiene, der dem ländlichen Raum zwischen Xanten und Rheinberg den Anschluss ans Ruhrgebiet und von dort aus an die weite Welt sichert. Doch der an sich schöne Name, der regionale Verbundenheit nach außen trägt, hat in den zurückliegenden Jahren an Wohlklang eingebüßt. Er ist geradezu in Verruf gekommen.
Heute steht „Der Niederrheiner“für die Regionalbahn RB 31, die zwischen Xanten und dem Duisburger Hauptbahnhof pendelt. Auf der Gleisstrecke, auf der täglich zahlreiche Berufspendler sowie Schülerinnen und Schüler unterwegs sind, hat er für viel Verdruss gesorgt. Verlässlich sind allenfalls regelmäßige Verspätungen und bis hin zu Ausfällen. Das hat das Vertrauen der Fahrgäste in die Verlässlichkeit des unzweifelhaft bedeutsamen Nahverkehrsangebotes auf der Schiene nachhaltig erschüttert. Das hat gar die Politik auf den Plan gebracht, die grundlegende Besserung einfordert, damit der Pendelzug nicht eines guten Tages aufs Abstellgleis rollt, weil keiner mehr zusteigt.
In diese aufwühlende Zeit fällt ein persönlicher Fund, der zeigt, dass „Der Niederrheiner“Menschen in der Region schon immer bewegt hat und dessen Namenszug bereits in den 50er Jahren einen Reisebus zierte, den Franz Angenendt, der auf der Bönninghardt lebte, gesteuert hat. Er hat Ausflügler in die Eifel oder in den Westerwald chauffiert. Seine Tochter Edelgard Angenendt (72), die seit einigen Jahren wieder auf der Bönninghardt lebt, hat sich im familiären Foto-Fundus verloren, den ihr Vater ihr schon früh überlassen hatte.
Dabei ist sie auf einige alte Bilder gestoßen, die zeigen, dass „Der Niederrheiner“schon früh ganze Gruppen zum Vergnügen von A nach B gebracht hat. Aber auch in den Tagen als Bus gab’s für den „Niederrheiner“ganz offensichtlich hin und wieder mal ein Malheur. Technisches Versagen war nicht ausgeschlossen. Wenn der Motor nicht anspringen wollte, mussten die Passagiere ran. Da half nur schieben. Die Reisegesellschaft stieg aus, und mit vereinten Kräften gelang es dann mit Muskelkraft, den müden Anlasser munter zu machen und den Motor anzuwerfen. Das ließ die Laune steigen und stärkte den Zusammenhalt.
Für die pensionierte Anästhesieund Intensivpflegerin Edelgard Angenendt mit Vorliebe für besondere Erinnerungsstücke sind die Fotos eine schöne Brücke in ihre Kindheit. Überhaupt hat sie einen Sinn für die Vergangenheit. Alte Zeitungen hat sie nicht alle weggeworfen, sondern viele davon aufbewahrt, „für den Fall, dass ich mal umziehen muss“. Als Stoßschutz für Zerbrechliches in den Kartons.
Das war zuletzt vor 20 Jahren der Fall, als sie wieder auf die Hei zurückkehrte und das Haus ihres Vaters umgebaut hat. Da hat sie die Wand im Treppenhaus bis unters Dach mit alten Zeitungen tapeziert – die RP ist da das auflagenstärkste Blatt an der Treppenhauswand und liefert beispielsweise Schlagzeilen aus den frühen bis späten 80er Jahren.
Das Nachrichtenangebot kommt gut an. Als sie nach erfolgtem Umbau Nachbarn, Freunde und Bekannte zum obligatorischen „Tischerücken“eingeladen hatte, haben ihre Gäste mit Abstand die meiste Zeit gesellig im Flur verbracht und mit Genuss bei einem Glas Wein oder einer Flasche Bier alte Zeitungen gelesen. Das hat doch was.