Doku-Film über Duisburger Impfkampagne
Die Regisseurin der Serie „Charité Intensiv“hat erneut Menschen durch die Pandemie begleitet. Ein Schauplatz: das Ruhrgebiet.
Es war ein irrer Tag, jener Montag im Frühjahr 2021. Am 15. März stehen Polizeibeamte in Duisburg vor dem Impfzentrum und warten auf ihre Spritze. Plötzlich erreicht Hendrik Magnusson eine Nachricht aus Düsseldorf. Magnusson ist Feuerwehrmann und ärztlicher Leiter des Impfzentrums und deshalb muss er nun eine Entscheidung treffen.
Das Paul-Ehrlich-Institut, die oberste deutsche Behörde zuständig für Impfstoffe, rät an diesem Tag dringend davon ab, das Mittel von Astrazeneca weiterhin zu spritzen. Zuvor hatten sich nach der Impfung spezielle Formen einer Hirnvenen-Thrombosen bei Patienten gebildet. Noch gibt es allerdings keine Nachricht aus dem NRW-Gesundheitsministerium. Egal, sagt Magnusson. Er stoppt die Impfungen. Polizisten, die bereits geimpft wurden, stehen nun verunsichert vor dem Impfzentrum. Die Feuerwehr bietet ihnen ein Gespräch an.
In diesen chaotischen Minuten ist auch die Regisseurin Antje Boehmert mit ihrem Team dabei. „Diese Berg- und Talfahrt in der Impfkampagne konnte niemand voraussagen“, sagt die 43-Jährige, eine gebürtige Duisburgerin, die im vergangenen Jahr mit „Charité intensiv“eine eindrucksvolle Doku-Serie über den Corona-Alltag in einer der berühmtesten Kliniken der Republik gedreht hat. Nun widmet sie sich mit einem neuen Projekt der deutschen Impfkampagne. Ein Hauptschauplatz: Das Impfzentrum in Duisburg. Der Dokumentarfilm
„Das Impfdrama – Deutschlands Weg aus der Pandemie“läuft am Mittwochabend in der ARD.
Von Oktober 2020 bis Juni 2021 hat Boehmert mit ihrer Produktionsfirma Docdays unter anderem Feuerwehrleute, Ärzte und Wissenschaftler begleitet. „Unser Film blickt in den Maschinenraum der Impfkampagne. Es ist ein Arbeitsporträt der Menschen, die im Hintergrund alles organisieren“, sagt Boehmert. Im Zentrum stand die Frage: Wie impft man ein ganzes Land? „Das tun ja nicht die Leute, die es regieren.“Das Ergebnis ist ein 90-minütiger Film, der viel zeigt und wenig erklärt. „Wir sind bewusst ohne Erwartungen an den Film rangegangen.“
180 Stunden Material hat Boehmert mit ihrem Kollegen Dominik Wessely gedreht. Neben Duisburg ist auch das Impfzentrum Stendal in Sachen-Anhalt zu sehen, das Team begleitet einen Hausarzt in Eisenberg und einen Bestatter in Plauen.
Die Rahmenhandlung aber beginnt und endet in Duisburg. Im Zentrum steht hier neben Feuerwehrarzt Magnusson auch der Chef der Feuerwehr, Oliver Tittmann. Zu Wort kommt auch Pater Oliver, der Obdachlose in Marxloh betreut.
Immer wieder werden auch Experten befragt. So ordnet der Virologe Christian Drosten etwa die Arbeit der Ständigen Impfkommission (Stiko) ein und kommentiert Entscheidungen des Bundesgesundheitsministeriums.
Und auch Stiko-Chef Thomas Mertens äußert sich, viele Szenen werden in der Geschäftsstelle in Berlin gedreht, als dort entschieden wird, welche Personengruppen wann geimpft werden.
Und warum nun gerade Duisburg? Boehmert ist in der Stadt aufgewachsen, sie machte hier ihr Abitur und zog danach nach Köln. Es sei ja logisch, dass man dann auch mal in seiner Heimat nachfrage, erzählt sie. Und einen so spannenden
Ballungsraum wie das Ruhrgebiet gebe es eben sonst nicht in Deutschland. In den vergangenen Monaten hat Boehmert ununterbrochen am Film gearbeitet, erst vergangene Woche wurde er fertig. Mittlerweile arbeitet sie in Berlin. In ihrem Büro, so erzählt sie, prangt ein Schriftzug an der Wand: „Berlin kann jeder, Duisburg muss man wollen.“
Ausstrahlung: Mittwoch, 21. Juli, 22.50 Uhr, ARD. Verfügbar in der Mediathek.