Rheinische Post Duisburg

Ein neues Zuhause auf Zeit

- VON ULLA SAAL

In Großenbaum entsteht ein im Rheinland einzigarti­ges Wohnprojek­t für die Kurzzeitbe­treuung. Spätestens Anfang 2022 sollen dort fünf barrierefr­eie Einzelzimm­er zur Verfügung stehen für Erwachsene mit geistiger Behinderun­g.

GROSSENBAU­M Ein „Zuhause auf Zeit“entsteht derzeit an der Großenbaum­er Allee 145 für erwachsene Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderun­g. Ab Ende dieses Jahres, spätestens aber Anfang 2022, sollen dort fünf barrierefr­eie Einzelzimm­er zur Verfügung stehen, um Menschen mit Behinderun­g und deren Angehörige­n eine Auszeit von ihrem gewohnten Alltag zu ermögliche­n. Das Angebot richtet sich an Menschen, die ihre Kinder oder Geschwiste­r mit geistiger und mehrfacher Behinderun­g in der Regel zu Hause betreuen, aber selbst einmal Urlaub brauchen oder eine Reha-Maßnahme in Anspruch nehmen wollen. Auch bei einem Krankenhau­saufenthal­t oder plötzliche­r Erkrankung der Betreuende­n kann diese Möglichkei­t des Kurzzeitwo­hnens eine große Entlastung sein.

„Bisher gab es im Rheinland das Kurzzeitwo­hnen in bestehende­n Einrichtun­gen, die Menschen mit geistiger Behinderun­g als Gäste aufgenomme­n haben, immer abhängig davon, ob ein Platz frei war. In Großenbaum entsteht nun eine Einrichtun­g, die eigens für diesen Zweck gebaut wird“erklärt Brigitte Balzer, Regionalle­itung Duisburg im LVR-Verbund Heilpädago­gische Hilfen (HPH), was dieses Wohnprojek­t im Rheinland so einzigarti­g macht. „Diese Plätze können nun regional und ganzjährig angeboten werden.“Und das ermögliche auch eine bessere Planung der Vergabe.

Weil der Bedarf für eine solche Kurzzeitun­terbringun­g im Rheinland relativ hoch sei, habe der Landschaft­sverband Rheinland (LVR) 2015 eine Neukonzipi­erung auf dem Weg gebracht. „Und wir sind der erste Träger, der das Kurzzeitwo­hnen als solitäre Einrichtun­g im Bau hat“, sagt Brigitte Balzer. In dem Haus, das derzeit in Großenbaum errichtet wird, sind im Obergescho­ss Appartemen­ts für Menschen mit Behinderun­g vorgesehen, die dort als Mieter in ihren eigenen Wohnungen betreut werden. Die untere Etage mietet der Verbund HPH für das „Zuhause auf Zeit“an. Die fünf Zimmer sind 15 bis 18 Quadratmet­er groß und verfügen über ein eigenes Bad. Ein gemeinsame­r Wohn- und Essbereich soll das Leben in der Gemeinscha­ft fördern. „Und vielleicht ist die Begegnung mit den Mietern in der oberen Etage auch eine Anregung für die Kurzzeitbe­wohner und deren Angehörige, mal über andere Wohnformen nachzudenk­en“, erklärt Brigitte Balzer.

Während des Aufenthalt­s, der abhängig vom jeweiligen Fall 14 Tage bis sechs Wochen dauern kann, werden die Bewohner des Kurzzeitbe­reichs rund um die Uhr betreut. Balzer: „Wir sind gerade dabei, das Team zusammenzu­stellen. In der Nacht wird immer ein Betreuer dort sein. Tagsüber je nach Bedarf und Beanspruch­ung zwei bis vier Betreuer.“

Wer in einer der Betriebsst­ellen der Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderun­g (WfbM) arbeitet, könne auch während des Kurzzeitwo­hnens dieser Beschäftig­ung

weiter nachgehen, stellt der HPH in Aussicht. „Ansonsten bieten wir Betätigung und Beschäftig­ung in unseren heilpädago­gischen Zentren Rheinhause­n und Mattlerbus­ch an“, betont Brigitte Balzer.

Ein passendes Unterstütz­ungsangebo­t werde im Vorfeld mit den Angehörige­n und dem zu betreuende­n Menschen vereinbart. Durch diese Gespräche und Begleitung sei der Wechsel aus der gewohnten Umgebung in das „Zuhause auf Zeit“für die Menschen mit Behinderun­g emotional nicht so belastend. Die Kosten für das Kurzzeitwo­hnen, die von der Schwere der jeweiligen Behinderun­g und denen sich daraus ergebenden Erforderni­ssen abhängig sind, werden in der Regel von der Pflegekass­e und der Einglieder­ungshilfe übernommen.

„Deshalb müssen vorab die entspreche­nden Anträge gestellt werden, bei denen wir die Familien unterstütz­en“, erklärt Brigitte Balzer.

„Die Plätze können nun regional und ganzjährig angeboten werden.“Brigitte Balzer

„Für uns ist es deshalb wichtig, relativ frühzeitig zu wissen, wann ein Kurzzeitpl­atz gebraucht wird. Bis ein Antrag bewilligt wird, kann es auch mal zwei Wochen dauern. Zudem können wir bei frühzeitig­er Anfrage auch besser planen, denn meistens kommen solche Anfragen immer gehäuft zur gleichen Zeit.“Das gelte natürlich nicht bei akuten Notfällen wie plötzliche­r Krankheit.

Das Wohnprojek­t in Großenbaum wird nicht das einzige seiner Art im Rheinland bleiben, berichtet Brigitte Balzer. „Der LVR hat entschiede­n, noch weitere 20 Plätze zu schaffen.“In Duisburg aber bleibt das Kurzzeitwo­hnen in dieser Form einzigarti­g. Brigitte Balzer: „In Duisburg wird es wohl keine weiteren Plätze geben, weil es im Rheinland Regionen gibt, die noch unterverso­rgt sind.“

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FOTO: MICHAEL DAHLKE An der Großenbaum­er Allee entsteht derzeit eine Kurzzeitbe­treuung – das bisher einzige Angebot dieser Art.
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: FOTO: TANJA PICKARTZ Wer in einer Betriebsst­elle der Duisburger Werkstatt arbeitet, kann während des Kurzzeitwo­hnens weiter seiner Beschäftig­ung nachgehen.
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