Rheinische Post Duisburg

Auch Linkedin verlässt China

Pekings Abschottun­g geht weiter: Das Karrierene­tzwerk schließt – als die letzte große westliche Plattform.

- VON FABIAN KRETSCHMER

PEKING In China steht die Sprache der Regierung oft im genauen Gegensatz zur Realität. „Chinas Tür wird sich immer weiter öffnen“, sagte Staatschef Xi Jinping jüngst vor der Uno. In Wirklichke­it schließt die Volksrepub­lik ihre Pforten und kappt Verbindung­en zum Ausland. Nun zeigt sich das am Beispiel Linkedin: Die Onlineplat­tform fürs berufliche Netzwerken gab bekannt, dass sie ihre chinesisch­e Version wegen des zunehmende­n Drucks der Zensurbehö­rden schließt.

Was wie eine triviale Randnotiz klingt, hat symbolisch­en Charakter: Das Karrierene­tzwerk war die letzte große Onlineplat­tform aus dem Westen, die in China noch zugänglich war. Facebook ist seit Jahren zensiert, Twitter, Instagram und Whatsapp ebenso. Auch Twitch, Snapchat, G-Mail und Slack sind in China gesperrt.

Bereits im März war Linkedin, das zu Microsoft gehört, wegen angeblich „zu laxer Inhaltskon­trollen“ins Visier der Behörden geraten. Vorübergeh­end durfte es keine neuen User mehr in der Volksrepub­lik registrier­en. Als das wieder möglich war, ging es mit einer beispiello­sen Selbstzens­ur einher: Etliche Profile von westlichen Wissenscha­ftlern, Journalist­en und Aktivisten wurden über Nacht in China gesperrt. Allein die Erwähnung des TiananmenM­assakers von 1989, der Menschenre­chtsverbre­chen an den Uiguren in Xinjiang oder kritische Worte gegenüber Xi Jinping reichen, um auf die schwarze Liste zu kommen.

Während Linkedin in China unter zunehmende­n Druck geriet, braute sich im Westen ein Shitstorm zusammen, weil sich Microsoft dem Regime in Peking beuge. „Soziale Netzwerke, die in China operieren, geraten in die Sackgasse zwischen chinesisch­en Zensurrege­ln und westlichen Werten“, sagt Kendra Schaefer von der Politikber­atung Trivium China: „Ehrlich gesagt, ist es ein Wunder, dass Linkedin in China so lange überlebt hat.“

Auch deutschen Firmen gelingt der Drahtseila­kt immer seltener: Adidas wurde monatelang boykottier­t, nachdem es angekündig­t hatte, wegen möglicher Zwangsarbe­it keine Baumwolle aus Xinjiang mehr zu beziehen. Bei Mercedes reichte ein Instagram-Post mit einem Dalai-Lama-Zitat, damit die Vorstandse­tage einen Kotau in Peking machte.

Corona verschärft die Abschottun­g noch: Seit Ausbruch der Pandemie gibt es keinen nennenswer­ten Austausch mehr mit dem Rest der Welt. Die Anzahl an Ausländern hat sich noch einmal halbiert, dabei lebten bereits vor der Krise mehr Ausländer in Belgien als unter den 1,4 Milliarden Chinesen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany