Leverkusen fällt im Härtetest durch
Der FC Bayern deklassiert Verfolger Bayer 04 mit 5:1. In bemerkenswerten sieben Minuten erzielen Robert Lewandowski, Thomas Müller sowie Serge Gnabry vier Tore – und damit ist die Werkself noch gut bedient.
LEVERKUSEN Lukas Hradecky kannte nach dem Schlusspfiff nur ein Ziel: die Nordkurve in der BayArena. Der Kapitän von Bayer Leverkusen eilte nach dem 1:5 (0:5) gegen den FC Bayern München zu den Fans. Was genau er mit der Anhängerschaft zu besprechen hatte, ist nicht bekannt, aber es dürfte eine Art Entschuldigung gewesen sein. Erstmals seit 19 Monaten waren wieder rund 30.000 Zuschauer im Stadion. Sie erlebten eine bittere Schmach für die Werkself, die vor dem Spieltag Tabellenzweiter war und nun deklassiert dasteht. „Wenn das ein Test war, haben wir ihn nicht bestanden“, sagte Hradecky und betonte zerknirscht: „So etwas will ich nie wieder erleben.“
Damit dürfte der Schlussmann vor allem die desolate erste Halbzeit seiner Mannschaft meinen. Nach vier Minuten stand es bereits 0:1, weil Robert Lewandowski einen scharfen Pass von Dayot Upamecano zentral vor dem Tor sehenswert mit der Hacke im Tor unterbrachte. Bayer kam auch danach nicht wesentlich besser ins Spiel und ließ weiterhin viele Chancen zu. Die Abstände zu den Gegenspielern waren zu groß, die Hintermannschaft wirkte überfordert, die Doppel-Sechs war mit Nadiem Amiri und Kerem Demirbay ein Totalausfall.
Dennoch dauerte es eine halbe Stunde, ehe München den nächsten Nackenschlag setzte. Lewandowskis zweites Tor nach schönem Sololauf im Strafraum war die logische Konsequenz aus Bayers schwachem Auftritt. Was danach folgte, war allerdings eine Demütigung. Binnen sieben Minuten stellten Thomas Müller (34.) und Serge Gnabry (35./37.) auf 0:5. „Heute waren die Bayern für uns zu stark“, räumte Gerardo Seoane ein, der seinem Trainerkollegen Julian Nagelsmann fair zum Sieg gratulierte. „Wir waren nicht bissig und aggressiv genug in den Duellen. Die Bayern haben das gut ausgenutzt, und wir sind immer einen Schritt zu spät gekommen“, lautete die erste kurze Analyse des überlegten Schweizers.
Nagelsmann übte sich nach der Gala seiner Offensive indes in verbaler Zurückhaltung. „Wir hatten oft Überzahlsituationen im Mittelfeld und haben das ganz gut ausgespielt“, sagte der 34-Jährige. „Dann kam eine Phase von zehn, zwölf Minuten, in denen wir außergewöhnlich gut gespielt haben.“Die Pausenführung sei auch in der Höhe verdient gewesen. Dem konnte und wollte Seoane nicht widersprechen. Tatsächlich war das 0:5 sogar schmeichelhaft.
In Leverkusen geht es nach der derben Niederlage vor allem um Ursachenforschung. Während sich die
Bayern regelrecht in einen Rausch spielten, wurde die Körpersprache der Werkself immer schlechter, die Schultern hingen immer tiefer und gerade in den schlimmen sieben Minuten zeigte die Mannschaft Auflösungserscheinungen. Dass es nach dem Wiederanpfiff nicht ähnlich desaströs weiterging, lag zum einen an Seoanes taktischen Anpassungen, und zum anderen daran, dass München zwei Gänge zurückschaltete. So konnte Patrik Schick immerhin noch Bayers Ehrentreffer erzielen (55.). Danach plätscherte die Partie vergleichsweise unspektakulär dem Abpfiff entgegen.
Dass Lewandowski seine MiniFlaute nach vier Minuten beenden konnte und daraus einen Doppelpack machte, kommentierte Nagelsmann mit einem Superlativ für den nimmersatten Weltfußballer. „Er ist der beste Stürmer der Welt, daran hat sich nichts geändert“, betonte der Bayern-Coach. Das ist eine Erfahrung, die nun einmal mehr auch Leverkusens Hintermannschaft um Hradecky gemacht hat. Der Kapitän der Werkself suchte nach dem Debakel im Topspiel nach Erklärungen, fand aber keine. „Das zweite Tor und die sieben Minuten danach haben uns zerstört“, sagte der Keeper und fand auch sonst drastische Worte: „Jeder muss in den Spiegel schauen und sich fragen, ob er genug für das Team gearbeitet hat. Wir haben das volle Stadion und die Stimmung nicht verdient.“