Schöne Landschaften und Stress pur
Detlef Pless, Nadja Kleifeld und Torsten Egerding haben an der „Six Bridges Rally“teilgenommen. Unterwegs sammelten sie viele Eindrücke und lernten neue Menschen kennen.
HOMBERG Ein geplatzter Reifen, traumschöne Landschaften und Stress pur – das ist die Bilanz von Detlef Pless, der mit seinem Freund Torsten Egerding an der Six Bridges Rally durch neun Länder teilnahm. Die beiden Mitglieder des Teams Turboschnecken sind wieder heil in Homberg angekommen und können so eine Tour nur jedem empfehlen. „Einfach mal abfahren, nicht wissen, wo man landet, neue Eindrücke sammeln, fremde Menschen kennenlernen – die Erfahrung sollte sich jeder gönnen“, sagt Pless.
Der Start war am 11. September in Solingen – zu sechs Zielen durch neun Länder. Denn sechs Stahlbrücken wollen ins Weltkulturerbe aufgenommen werden werden. Die erste der beiden Tourwochen fuhr Torsten Egerding mit seiner Lebensgefährtin Nadja Kleifeld. Als sie berufsbedingt wieder nach Hause musste, wurde Detlef Pless (59) der Rallye-Partner. „So eine Tour kann man jedem Pärchen empfehlen, das den weiteren Lebensweg gemeinsam gehen möchte“, ist der Tipp des 59-Jährigen. „Es wird der Härtetest.“
Denn für Torsten Egerding und Nadja Kleifeld beginnt gleich der erste Tag mit einem Fiasko. Autobahnen sollen gemieden werden, wann immer es geht. Navi ist erlaubt, zudem bekommen die Teams Straßenkarten mit auf den Weg. Im RoadBook, das erst zu Beginn der Rallye ausgehändigt wird, stehen die jeweiligen Ziele für den Tag und die Aufgaben, die erfüllt werden müssen. Direktes Reagieren und Konzentration sind angesagt, denn pro Tag müssen unter Zeitvorgaben 400 bis 500 Kilometer über kleine Straßen zurückgelegt werden. Und was machen Torsten und Nadja? Sie schlagen auf dem Weg zum Ziel in Italien die falsche Richtung ein. Immer Bleifuß Richtung Venedig. Bis sie feststellen, dass sie – von Deutschland aus gesehen – nach rechts in Richtung Turin hätten fahren sollen. „Sie haben sich komplett verfranzt.“
Also umdrehen und in die andere Richtung düsen. An dem Tag machen sie mehr als 150 bis 200 Kilometer zusätzlich, schaffen natürlich die vorgegebene Zeit nicht. Wie auch? Die Stimmung an Bord möchte man sich tatsächlich nicht vorstellen. Garantiert nichts für Beziehungsanfänger. Der Punkt für den Tag ist futsch.„Dann kommen die Leute und fragen, wie sowas eigentlich passieren kann. Man habe doch ein Navi“, schildert Pless die überflüssigen Reaktionen seines Umfeldes.
Aber einfach sei anders. „Da lauten die Anweisungen im RoadBook zum Beispiel, man soll an einer bestimmten Kreuzung die Straße halb links nehmen. Da nützt das Navi gar nichts mehr, weil man an einer Stelle steht, an der fünf oder sechs Straßen zusammentreffen.“Und oft sei man so tief im Land, dass die Sträßchen in keinem System gespeichert sind oder man in die Irre geführt wird.
Nach der Hälfte der Rallye ist für Nadja Kleifeld in Portugal also
Schluss. Pless kommt mit dem Flieger in Porto an und übernimmt. An manchen Etappen ist ein Treffen aller Teilnehmer geplant. So auch in der nordportugiesischen Stadt. Der Bürgermeister empfängt die Teams der 40 Fahrzeuge in einem Kloster.
Portugal hat für Detlef Pless, Inhaber des Irish Pubs „Dexter-Island“, eine besondere Bedeutung. Eigentlich wollte er mit seiner Frau am 19. September in Porto seinen 35. Hochzeitstag feiern. Dann aber kommt die Rallye dazwischen. Anstatt
mit der Liebsten romantisch essen zu gehen, sitzt er im Oldtimer und sucht Straßen und Brücken. „Das holen wir beide jetzt in nächster Zeit nach“, sagt er.
Das Zimmer für den Abend in neuer Stadt, manchmal in anderem Land, wird auf der Fahrt gesucht und gebucht. „Das kann man nicht im Voraus machen, man weiß ja nicht, ob und wie man durchkommt“, schildert der 59-Jährige. Es habe sich durch den Stress wie eine Woche Tunnelfahrt angefühlt.
Aufregend und spannend ist jeder Tag. Unfassbare Gastfreundschaft in allen Ländern, die Abenteurer bekommen Tipps von Einheimischen, wo man prima essen kann – eben nicht touristisch. „Man sieht so viel Neues, es ist einfach toll“, schwärmt der Homberger.
Auch „gepflegte Vorurteile“müssen sie immer wieder über den Haufen werfen. Als die Turboschnecken Bilbao ansteuern, erwarten sie eine extrem hässliche Stadt. „Doch sie wächst mit jedem Kilometer über sich hinaus.“Die Aufgabe: Im Außenbereich des Guggenheim-Museums eine Skulptur mit drei Tulpen fotografieren. „Ich hab’ sie gefunden“, sagt Detlef Pless stolz.
Bei so vielen positiven Eindrücken kommt doch noch ein Knall. In Colmar, als sie ausnahmsweise ein Stückchen stark befahrene Autobahn fahren müssen, platzt bei voller Fahrt links ein Reifen.
Kein schleichender Plattfuß, er waren nur noch Fetzen da. „Ich wäre ausgestiegen und hätte den Reifen gewechselt“, sagt der 59-Jährige. Aber Kfz-Fachmann Egerding stoppt das Ansinnen: viel zu gefährlich. „Also sind wir zwei Kilometer auf der Felge zur nächsten Werkstatt gerobbt.“Leider sei am Ziel nur bis Platz drei ausgewertet worden. Die Turboschnecken hatten eine hohe Punktzahl und wären auf einem der vorderen Plätze gelandet.
„Dann kommen die Leute und fragen, wie sowas eigentlich passieren kann“
Detlef Pless Rallye-Teilnehmer