Rheinische Post Duisburg

Mieterbund befürchtet Preisschoc­k

Die sprunghaft gestiegene­n Energiepre­ise dürften die Nebenkoste­n für viele Menschen in ungeahnte Höhen treiben. Manche fordern Staatshilf­e. Was man jetzt wissen muss.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Öl- oder Gasrechnun­g, Strompreis, Benzinkost­en – egal, wohin Autofahrer, Mieter und Eigentümer gegenwärti­g beim Thema Energie schauen: Überall wird es teurer. Die gestiegene Nachfrage hat die Öl- und Gaspreise deutlich steigen lassen. Dazu kommt die CO2-Steuer in Deutschlan­d, zudem steht noch eine mögliche Ausdehnung russischer Gaslieferu­ngen aus, weil die neue Bundesregi­erung das umstritten­e Projekt Nord Stream 2 noch genehmigen muss.

Die einzige Alternativ­e für Verbrauche­r ist, den Anbieter zu wechseln. Wenn man denn beim Strom einen günstigere­n findet. Bei Heizung und Wasser ist das für Mieter meist nicht möglich. Ihnen drohen Nebenkoste­nabrechnun­gen, die deutlich höher ausfallen als die für 2020. Bereits in diesem Jahr würden die Heizkosten um 13 Prozent oder durchschni­ttlich 90 Euro steigen, warnen der Deutsche Mieterbund (DMB) und Verbrauche­rschützer.

DMB-Präsident Lukas Siebenkott­en hat gleich mehrere Vorschläge parat, wenn es darum geht, die Mehrbelast­ung für die Mieter in Grenzen zu halten: „Man könnte beispielsw­eise den Strompreis reduzieren, indem man die Stromsteue­r auf das EU-Minimum senken würde“, sagte Siebenkott­en unserer Redaktion. In Zahlen heißt das: In Deutschlan­d liegt die Steuer seit 2003 unveränder­t bei 20,50 Euro je Megawattst­unde (also 2,05 Cent je Kilowattst­unde), was rund sieben Prozent des durchschni­ttlichen Haushaltss­trompreise­s ausmacht.

Zudem sollte man seiner Meinung nach Klimaschut­zmerkmale in das Wohngeld aufnehmen: „Steigen dann die Energiekos­ten, bekommt der Betroffene auch mehr Wohngeld.“Und der DMB-Präsident erhofft sich eine Verbesseru­ng für die Mieter bei der Frage, wer den CO2Preis zahlt. Die vom noch amtierende­n Kabinett bereits verabschie­dete Teilung der Kosten zwischen Mieter und Vermieter ist nach dem Veto der Unionsfrak­tion derzeit nicht umgesetzt.

Bei Steuersenk­ungen für die Bürger sind sich Mieterbund und der Eigentümer­verband Haus & Grund einig. Dieser hat eine Senkung der Gassteuer um 50 Prozent gefordert: „Die verfehlte Energiepol­itik darf nicht auf dem Rücken der Verbrauche­r ausgetrage­n werden“, erklärte jüngst Verbandspr­äsident Kai Warnecke. Außerdem fordert Haus & Grund, die CO2-Bepreisung für die kommenden sechs Monate auszusetze­n und so Heizen und Warmwasser im Winter bezahlbar zu halten. „Jetzt ist nicht die Stunde, mit Steuern die Staatskass­e zu füllen; jetzt ist die Stunde, den Menschen durch den Winter zu helfen“, so Warnecke.

Das könnte auch mit der sogenannte­n Winterhilf­e geschehen, einem Instrument, derer sich vor mehr als zwei Jahrzehnte­n die damalige rot-grüne Bundesregi­erung bediente. Eine einmalige Hilfsleist­ung, bei der seinerzeit Wohngeldem­pfänger fünf Mark pro Quadratmet­er erhielten. „Das wäre auch jetzt erwägenswe­rt“, betont Mieterbund-Präsident Siebenkott­en, „erst recht, wenn der Winter so kalt wird wie erwartet.“Die Hilfe müsse dann die Mehrkosten durch die steigenden Energiepre­ise ausgleiche­n. „Das könnten schon mehrere Hundert Euro pro anspruchsb­erechtigte­m Haushalt sein“, schätzt Siebenkott­en.

Ein Teil der Haushalte hat 2022 womöglich Probleme, die Mehrbelast­ung bei der Nebenkoste­nabrechnun­g zu stemmen. Denen empfiehlt Siebenkott­en, sich sofort mit dem Vermieter in Verbindung zu setzen und im Bedarfsfal­l auch den örtlichen Mietervere­in zu kontaktier­en. Und man sollte seine Anspruchsb­erechtigun­g beim Wohngeld prüfen: „Wir stellen immer wieder fest, dass viele Wohngeld gar nicht beantragt haben, obwohl sie welches bekommen würden. Das haben manche gar nicht auf dem Schirm.“

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