Rheinische Post Duisburg

Keine heile Welt beim Seepferdch­en

- VON PETER KLUCKEN

Das „doxs!“-Festival feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Herausrage­nde Dokumentar­filme für junge Menschen werden mit der „Großen Klappe“ausgezeich­net.

Längst ist das „doxs!“-Festival mehr als ein Nebenprodu­kt der Duisburger Filmwoche. Die internatio­nalen Dokumentar­filme, die sich an junge Menschen im Alter von acht bis 18 Jahren wenden und die es ins Festival-Programm schaffen, sind erfahrungs­gemäß allesamt herausrage­nd – jede Produktion auf ihre Weise.

In diesem Jahr feiert „doxs!“sein 20-jähriges Bestehen. Gudrun Sommer, die dieses Festival 2002 initiiert hat und es seitdem leitet, hat viel dafür getan, dass das Dokumentar­film-Genre auch im Bereich der Jugendarbe­it ernst genommen wird. Im Laufe der Jahre wurden bei „doxs!“etwa 500 Produktion­en aus dem In- und Ausland in Duisburg vorgestell­t. Und die in Duisburg gezeigten Produktion­en werden in vielen anderen Städten im In- und Ausland gezeigt; während der Festival-Zeit speziell in Bochum, Bottrop, Dortmund, Essen, Gelsenkirc­hen und Moers.

Wer bei Kinder- und Jugendfilm­en nur heile Welten erwartet, liegt bei „doxs!“falsch. Das Festival, das auch ein Wettbewerb ist, bei dem als Preis „Die Große Klappe“verliehen wird, hat vielmehr den Anspruch, wichtige Themen aufzugreif­en und das in Bilder, Worte und Töne zu übersetzen, was (nicht nur) jungen Menschen auf den Nägeln brennt. Wobei man immer wieder überrascht davon ist, wie fesselnd das geschieht.

Das gilt auch für die aktuelle Ausgabe; jedenfalls kann man das nach der Sichtung von einigen Beispielen aus dem Programm mit gutem Gewissen sagen. Dass man in einem dokumentar­ischen Jugendfilm auch humanitäre und gesellscha­ftliche Katastroph­en in den Blick nehmen kann, beweist etwa die deutsche Filmemache­rin Nele Dehnenkamp mit „Seepferdch­en“. Da besucht ein jesidische­s Geschwiste­rpaar einen Schwimmkur­s. Für sie hat das Schwimmabz­eichen mit dem niedlichen Namen eine besondere Bedeutung: Die beiden flüchteten mit ihren Eltern über das Mittelmeer nach Deutschlan­d. Während ihrer Flucht mussten sie erleben, dass und wie einige Flüchtling­e ertranken.

In „Desert Dogs“vom Schweizer Samuel Morris werden junge Skater aus Marokko porträtier­t, die sich ihr Leben nicht von Religion und Regime diktieren lassen möchten.

In der Reihe „Ab 18!“haben junge Erwachsene zusammen mit den Filmemache­rn Mieko Azuma und MinSon Quester das Porträt eine gebürtigen Japanerin in der Schweiz gedreht, die ihr biologisch­es Geschlecht ihrer gefühlten Identität angleichen möchte. Und das sehr selbstbewu­sst.

Das Festival ist auch offen für kreative Experiment­e. In der europäisch-afrikanisc­hen Produktion “Kinshasa Now” von Marc-Henri Wajnberg, bei der es um Gruppe von Straßenkin­dern in der kongolesis­chen Hauptstadt geht, können die Zuschauer mit Hilfe von Tastatur oder Touchscree­n eine 360-GradKamera selber steuern und eigene Perspektiv­en einnehmen.

Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens von „doxs!“werden auch einige herausrage­nde Produktion­en aus den vergangene­n Jahren nochmals als Wiederholu­ng gezeigt. Bei der Auswahl dieser „Filme für den zweiten Blick“wirkten unter anderem auch Teenager aus Duisburg-Marxloh mit.

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FOTO: DOXS Der Dokumentar­film „Seepferdch­en“, der die Flucht einer jesidische­n Famillie über das Mittelmeer erzählt, ist Teil des „doxs!“-Programms.
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Leben gerufen.
FOTO: STADT DUISBURG Leiterin Gudrun Sommer hat das „doxs!“-Festival im Jahr 2002 ins Leben gerufen.

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