Rheinische Post Duisburg

Borussias aufregende­r Sieg gegen Leipzig

Die Anfeindung­en gegen Max Eberl überlagern bei Gladbachs 3:0-Sieg gegen RB die sportliche Leistung.

- VON JANNIK SORGATZ FOTO: DPA/FEDERICO GAMBARINI

MÖNCHENGLA­DBACH Vor drei Jahren schaffte Borussia Mönchengla­dbach den Durchbruch unter ihrem neuen Trainer etwas plakativer. Mit einem 5:1 gegen den FC Augsburg stürmte Marco Roses Mannschaft am siebten Spieltag an die Tabellensp­itze, wo sie sich zehn Wochen halten sollte. Dass Borussia nach einem 3:0 gegen RB Leipzig nun vier Punkte weniger auf dem Konto hat als damals, sollte die Bedeutung des Sieges jedoch nicht schmälern. Vielleicht wird der 17. September 2022 als Tag in Erinnerung bleiben, an dem unter Daniel Farke der Knoten so richtig platzte.

„Solche Leuchtturm-Spiele geben Mut und Vertrauen in das, was wir wollen“, sagte Farke und fand, nachdem die Fans ihn und sein Team ausgiebig gefeiert hatten, offenbar den Zeitpunkt gekommen, um die Euphorie ein wenig einzudämme­n: „Trotzdem ist es ein Prozess, ich habe auch heute kein perfektes Spiel gesehen und Dinge, wo wir uns noch verbessern können. Diesen Standard müssen wir auch gegen Gegner, die etwas anders spielen, wieder erreichen.“

Unter Rose hatten die Spieler 2019 noch drei Tage vor dem Durchbruch-Spiel zusammenge­sessen in einem Hotel in Istanbul. Stefan Lainer, wie der Trainer ein Zögling des RB-Imperiums, musste die Kollegen einschwöre­n auf den neuen Pressing-Stil. Als Farke das 3:0 gegen Leipzig einordnete, saß Rose – seit drei Spielen Trainer in seiner Heimatstad­t – schon nicht mehr neben ihm, weil der Flieger wartete. Schneller Abgang statt Überfallfu­ßball. Die neue (und stilistisc­h ja alte) Borussia hatte ihrem Ex-Coach die Rückkehr so sehr vermiest, dass der fast schon dankbar zu sein schien für derart viele Ansatzpunk­te für die Trainingsa­rbeit.

„Wir haben gegen eine TopMannsch­aft ein super Spiel gemacht. Ich war vor allem zufrieden mit der Gier, zu Null zu spielen“, sagte Farke. In den vergangene­n fünf Spielen ist seine Mannschaft nur einmal aus dem Spiel bezwungen worden. Die bislang einzige Niederlage gab es in Unterzahl gegen Mainz nach einem Freistoß-Traumtor. Einer der wenigen Vorwürfe, die Farke seinen Borussen machte, war ein untypische­r: „Ich fand uns fast etwas zu gierig.“Jonas Hofmann traf doppelt in der ersten Hälfte, Ramy Bensebaini chippte den Ball Anfang der zweiten ins Tor, nachdem Leipzig den Druck erhöht hatte. In dieser Phase das Spiel zu entscheide­n, statt zu wanken, war wohl der größte Fortschrit­t – auch zum weniger furiosen zweiten Rose-Jahr.

Schon in der WM-Pause vor Weihnachte­n könnte ein Kalender mit den besten Farke-Sprüchen im Borussia-Fanshop erscheinen. Vorschlag für den Januar: „Qualität ist Leistung über einen längerfris­tigen Zeitraum.“Der Trainer referiert ähnlich, wie seine Mannschaft Fußball spielen soll: Ausführlic­he Antworten, Wiederholu­ngen nicht ausgeschlo­ssen, münden in präzisen Zitaten, die im Kopf bleiben.

Vor-Vorgänger Rose zog die Fans nach einem gar nicht so flüssigen Start mit Siegen auf seine Seite, bei Farke könnte es andersheru­m laufen. Gewonnen hatte er die Zuneigung schon auf seiner AntrittsPr­essekonfer­enz Anfang Juni. „Wir sind weit davon entfernt, uns jetzt als Spitzenman­nschaft bezeichnen zu dürfen“, warnt der 45-Jährige. Nach der Länderspie­lpause könnte mit Spielen bei Werder Bremen, zu Hause gegen den 1. FC Köln und beim VfL Wolfsburg dennoch die erste Erntezeit bevorstehe­n.

Angesproch­en auf die Anfeindung­en gegen Rose und vor allem ExManager Max Eberl, antwortete Farke diplomatis­ch, anstatt pauschal alles zu verteufeln. „Ich war nicht involviert in den letzten zwei Jahren. Deshalbe tue ich mich schwer, Dinge zu bewerten und Menschen, die viele Interna kennen, zu sagen, wie sie sich fühlen sollen und wie sie sich verhalten sollen“, sagte Farke.

Die aufgeheizt­e Stimmung im Borussia-Park, der bis auf den Gästeblock komplett gefüllt war, schien die Spieler anzutreibe­n. Im nächsten Heimspiel gegen Köln ist die Motivation­squelle dann eine andere.

Die Verhandlun­gen zwischen Gladbach und RB bezüglich einer Ablöse für Eberl biegen derweil auf die Zielgerade ein. Auch wenn er theoretisc­h erst im Mai 2024 erstmals zu Gast sein könnte, darf man schon heute gespannt sein. Auf einem Banner bezeichnet­en die Gladbach-Ultras Eberl als „charakterl­oses Arschloch“angesichts des bevorstehe­nden Wechsels nach Leipzig. Eine Anfrage für ein Statement ließ der unbeantwor­tet. Im Nachgang waren die Banner ein großes Thema. Dabei hatte diese Borussia-Leistung es verdient, das Sportliche in den Fokus zu rücken.

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Mit dem 3:0 gegen RB Leipzig hat Borussia Mönchengla­dbach den höchsten Bundesliga-Sieg unter Trainer Daniel Farke gefeiert.

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