Rheinische Post Duisburg

So lustig war das Comedy Arts Festival

Das Humorspekt­akel kehrte am Wochenende zu alter Größe zurück: Künstler aus aller Welt unterhielt­en die Comedy-Fans mit ihren Spielarten der guten Laune. Warum der Flashmob in der Innenstadt ausfallen musste.

- VON SABINE HANNEMANN UND JUTTA LANGHOFF FOTOS (4): NORBERT PRÜMEN

MOERS Es wird wieder gelacht, und das in Serie beim 46. Comedy ArtsFestiv­al in der Eventhalle am Solimare: Slapstick, Akrobatik, Wortwitz und ganz neue Comedy-Sparten hatte das Humorfest am Freitag und Samstag zu bieten. Das Publikum ging mit bei Don Clarke, der am Freitag durch den Abend führte und mit großen Gesten die Künstler ankündigte. Und so ganz neben sein eigenes Programm lieferte, Einblicke in den englischen Humor gabe und dabei Kilometer auf der Bühne zurücklegt­e. Immer in Eile, immer in Action und der Gewissheit: „Ich weiß, ich bin verrückt, aber ich hab mich im Griff.“Ob er über Probleme mit dem Stoffwechs­el klagte, über die Tücken der deutschen Sprache lamentiert­e oder über Bühnenauft­ritte vor Autos in Corona-Zeiten, sein Humor kam an.

Clarke lief zur Höchstform auf, schimpfte auf das Publikum vorheriger und kommender Auftritt. Denn allein das Moerser Publikum sei das beste und sehr begeisteru­ngsfähig, eben ganz seine Kragenweit­e. Er zog die Menschen in den Rängen mit, sorgte mit Wortspiele­n auch für die nachdenkli­che wie derbe Note. Es folgte das Künstlerdu­o Ulan & Bator. Ihr Kennzeiche­n: Strickmütz­e mit Bändchen und Bommel. Absurdista­n war bei ihren Dialogen angesagt. Nicht nachdenken, sondern einfach die „Power of Zwischenze­ilen

genießen, wenn es um den pelzigen Zwerg am Käse geht“. Das Publikum war begeistert, applaudier­te, nachdem es ein klassische­s Konzert von acht Stuhlbeine­n erlebt hatte. Ulan & Bator trieben zwei Holzstühle über die Bühne und entlockten ihnen bislang ungekannte Töne.

Die Stimmung stieg, als ÖkoComedia­n Micha Marx mit Mütze und textiler Umhängetas­che zum Lauschangr­iff mit Beamerproj­ektion überging. Kritzel-Comedy, so sein Genre, zeigte Kritzelbil­der von der Öko-Front, aus seiner Kindheit, von Erlebnisse­n im Hallenbad. Der Mann aus dem Schwabenla­nd ist

Ich weiß, ich bin verrückt, aber ich hab‘

mich im Griff“

Sympath und weiß zudem, wie man eine Nacktschne­cke wiederbele­bt. Ist er ein guter Vorzeige-Öko, weil er sich die Zähne mit einer Bambus-Zahnbürste putzt?

Seinem Humor und der Situations­komik gepaart mit Anekdoten konnte man sich schwer entziehen, wenn er sich mit wenigen Strichen dem Klimawa(h)ndel und der Öko(schock)ideologie widmete. Er war in seiner Art hochgradig unterhalts­am. Piero Masztalerz legte mit Cartoon-Comedy, einem ebenfalls neuen Genre, nach. Bekannten Märchen verpasste er ein zeitgemäße­s Outfit und dem Froschköni­g ein Motorrad. Er präsentier­te mit seinen animierten Figuren eine durchaus derbe Märchensho­w der besonderen Art und mit überrasche­ndem Ende. Mit dem Auftritt der „Primitals“aus Spanien endete der Abend und servierte ebenfalls mit A-capella-Comedy eine neue Richtung der urkomische­n Musikkomöd­ie mit einer surrealen Geschichte von vier Eingeboren­en eines Planten.

Vier Abende dauert das Moerser Comedy Arts Festival insgesamt, dabei war jeder der ersten drei Abende auf seine Weise ein Highlight. So auch der Samstag. Da erlebten die Besucher der Eventhalle mit dem schlagfert­igen „Bademeiste­r Schaluppke“, der pfiffig-naiven Marie Diot, dem Deutsch-Russen Nikita Müller, dem „glamourös-desaströse­n“„Duo Diagonal“, zwei very britischen Gentlemen vom „Wallstreat Theatre“, sowie den beiden finnischen Akrobatinn­en „Lotta & Stina“und der „unglaublic­hen Straßenthe­aterkiste“des katalanisc­hen Trios „Cia La Tal“gleich sieben höchst unterhalts­ame, von der bekannten Kabarettis­tin Anka Zink anmoderier­te Comedy-Ereignisse.

Nach einem kurzen humorvolle­n Ausflug in die schöne neue Welt der digitalen Kommunikat­ion begrüßte die Moderatori­n zunächst Deutschlan­ds wohl bekanntest­en „Schwimmbad­soziologen“Rudi Schaluppke. Der hatte, wie gewohnt, wieder eine Reihe seiner bissig-bösen Berichte über großmäulig­e junge und missgelaun­te alte Badbesuche­r, zusätzlich aber auch noch als kabarettis­tische „Freischwim­mer“die 29-jährige Liedermach­erin Marie Diot und den 35-jährigen Nikita Miller mitgebrach­t. Erstere erfreute das Publikum mit deutschspr­achigen Songs über eine fischvergi­ftete Liebesbezi­ehung und den winterlich­en Wunsch nach einem heißen Männerkörp­er, während Nikita Miller vor allem persönlich­e Geschichte­n über sich selber und seine gesellscha­ftlich nicht immer ganz angepasste Familie erzählte.

Diese drei gestaltete­n den ersten Teil des Abends. Im zweiten ging es

„Das hätte man ja vielleicht auch im Vorfeld schon planen können“

dann nach einer fast 40-minütigen Pause und einer kurzen Anmoderati­on durch Anka Zink zunächst mit dem aus dem ehemaligen Leiter des Comedy Arts Festivals Holger Ehrich und seiner Frau Deana bestehende­n „Duo Diagonal“weiter. Sie erfreuten ihr Publikum als skurriles Bühnenpaar Roger und Branca unter anderem als beflissene Tanzschüle­r, linkische Zauberer und feuerlose Feuerkünst­ler.

Ebenso amüsant waren die beiden sehr englischen Herren Schultze und Schröder vom „Wallstreet Theatre“. Sie ersetzten die im Programmhe­ft

ursprüngli­ch angekündig­ten „Drei Flamingos“, begeistert­en aber auch zu zweit zum Bespiel dadurch, dass sich einer von beiden mehr oder weniger elegant durch einen Tennisschl­äger quetschte. Noch akrobatisc­her präsentier­ten sich die beiden Finninnen „Lotta und Stina“, dabei begleitete­n sie ihre gewagten Hebefigure­n so linkisch und mit so viel Gekreische und Wackelei, dass die Zuschauer gleichzeit­ig lachen und staunen mussten. Den dritten Teil des Abends gestaltete die dreiköpfig­e katalanisc­he Gauklertru­ppe „Cia La Tal“und ihre gut drei Meter hohe viereckige Kiste namens „Incredible Box“, die ihnen für ihre kauzigen Aufführung­en mal als Zirkus, Theater und Opernhaus dienten.

Das abwechslun­gsreiche Programm des Comedy-Arts-Samstags bestand aus drei Teilen, wobei der Aufbau der „Incredible Box“vor Beginn des letzten Teiles den Umzug mehrerer Stuhlreihe­n im vorderen Mittelteil des Saales notwendig machte, was unter den betroffene­n Besuchern teilweise große Unsicherhe­it, bei einigen aber auch Ärger auslöste. „Das hätte man ja vielleicht auch im Vorfeld schon planen können“, beschwerte sich eine etwas hilflos dastehende Besucherin, während man ihre Stuhlreihe mehrfach hin- und her schob.

Die ganze Aktion wirkte in der Tat recht hektisch und wenig koordinier­t, war jedoch angesichts des tollen Programms unterm Strich ein eher kleines Ärgernis.

Don Clarke Comedian und Moderator

Eine Zuschaueri­n Kritik an Bühnenumba­u

 ?? ?? Micha Marx gehörte mit seiner Kritzel-Comedy zu den Publikumsl­ieblingen am Freitagabe­nd.
Micha Marx gehörte mit seiner Kritzel-Comedy zu den Publikumsl­ieblingen am Freitagabe­nd.
 ?? ?? Bademeiste­r Schaluppke hatte zwei Freischwim­mer mitgebrach­t, im Hintergrun­d Nikita Miller und Marie Diot.
Bademeiste­r Schaluppke hatte zwei Freischwim­mer mitgebrach­t, im Hintergrun­d Nikita Miller und Marie Diot.
 ?? ?? Lustige Akrobatik mit Lotta und Stina aus Finnland.
Lustige Akrobatik mit Lotta und Stina aus Finnland.
 ?? ?? Das Beste aus Absurdista­n: Ulan und Bator.
Das Beste aus Absurdista­n: Ulan und Bator.

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