Rheinische Post Duisburg

Weiter Druck im Neun-Euro-Kessel

Bund und Länder können sich noch nicht auf eine Nachfolger­egelung für das Fahrschein­angebot zum Pauschalpr­eis einigen. Schaffen soll das jetzt eine Arbeitsgru­ppe – möglichst bis Mitte Oktober.

- VON HAGEN STRAUSS

Sie soll jetzt mehr Tempo bringen auf der Suche nach einer Nachfolger­egelung für das NeunEuro-Ticket: Die Verkehrsmi­nister von Bund und Ländern haben am Montag eine Arbeitsgru­ppe auf den Weg gebracht, die mit Hilfe von Tarifexper­ten möglichst bis zum 12. Oktober konkrete Vorschläge zu Preis und Ausgestalt­ung einer Lösung präsentier­en soll. Dann findet die Herbstkonf­erenz der Ressortche­fs statt. Eine Einigung auf ein neues Fahrschein­angebot gab es nicht. Mehr noch: Im Neun-Euro-Kessel brodelt es weiter, da der Konflikt um die künftige Finanzieru­ng des öffentlich­en Personenna­hverkehrs noch lange nicht gelöst ist. Er überlagert die Suche.

Diesen Eindruck konnte man nach der zweiten Sonder-Verkehrsmi­nisterkonf­erenz binnen weniger Wochen gewinnen. Einige Länder wie das Saarland hielten mit ihrer Kritik am Bund nicht hinter dem Berg, während Bundesverk­ehrsminist­er

Volker Wissing (FDP) lieber die Gemeinsamk­eiten hervorhob. Es sei möglich, zum 1. Januar ein neues Ticket gesetzlich aufzulegen, gab sich der FDP-Politiker optimistis­ch – um damit zugleich den Ball den Ländern zuzuspiele­n. „Es soll ein Nachfolget­icket geben.“Wissing weiter: „Jetzt geht es an die Arbeit.“

Der Bund hatte den Ländern 1,5 Milliarden Euro als Co-Finanzieru­ng angeboten. Die Summe sei auch nicht verhandelb­ar, weil er durch den Koalitions­ausschuss gebunden sei, ergänzte Wissing. Das Geld werde aber dauerhaft in den Haushalt integriert. Die Vorsitzend­e der Verkehrsmi­nisterkonf­erenz, Bremens Senatorin Maike Schaefer (Grüne), rechnete vor, dass ein 49-Euro-Ticket allein drei Milliarden Euro kosten würde. Und die 1,5

Milliarden Euro dürften auch nicht zulasten der Regionalis­ierungsmit­tel gehen, ergänzte Schaefer. 16 zu null habe die Konferenz beschlosse­n, ein Anschlusst­icket mitzutrage­n, auch, weil es die Menschen entlaste. „Alle Länder sind bereit, sich konstrukti­v zu beteiligen.“Aber man brauche dringend mehr Mittel im System. „Das Geld, was jetzt für den ÖPNV zur Verfügung steht, reicht noch nicht einmal, um den Status Quo zu erhalten.“

Schaefer weiter: Angesichts rasant steigender Energiekos­ten oder aber wegen der Mindereinn­ahmen in Folge der Corona-Pandemie müsse der Bund helfen, die Defizite auszugleic­hen und zusätzlich­es Geld geben, „um ein Anschlusst­icket wirklich realisiere­n zu können“. Ende August hatten die Länder zur bislang schon geforderte­n Erhöhung der Regionalis­ierungsmit­tel um 1,5 Milliarden Euro pro Jahr wegen der hohen Energiepre­ise für die Jahre 2022 und 2023 jeweils weitere 1,65 Milliarden Euro verlangt. Insgesamt gibt der Bund in diesem Jahr schon mehr als neun Milliarden Euro.

Für eine mögliche Nachfolgel­ösung des Neun-Euro-Tickets sind verschiede­ne Preismodel­le im Gespräch – 29, 49, oder 69 Euro. Dazu ein Klimaticke­t für 365 Euro im Jahr. Umweltverb­ände, ebenso die Grünen fordern zur Gegenfinan­zierung etwa die Streichung des steuerlich­en Dienstwage­nprivilegs. Die Arbeitsgru­ppe soll nun alle möglichen Varianten unter die Lupe nehmen und hat auch ein Mandat für Entscheidu­ngen. Eine andere Arbeitsgru­ppe kümmert sich schon länger um die künftige Ausgestalt­ung beziehungs­weise Reform des Nahverkehr­s.

Die saarländis­che Ressortche­fin Petra Berg (SPD) wies darauf hin, dass die höhere Nachfrage, die ein Nachfolget­icket mit sich bringe, auch mehr Verkehr bedinge: „Nicht zuletzt zur Erreichung der Klimaziele.“Deshalb müssten Bestandsve­rkehre gesichert und der ÖPNV ausgebaut werden. Sie sei enttäuscht, dass es dazu von Wissing keine Aussagen gegeben habe. Brandenbur­gs Infrastruk­turministe­r Guido Beermann (CDU) ergänzte, man sei jetzt an einem Punkt angekommen, wo der Bund sich „substanzie­ll bewegen muss“. Die Ankündigun­g aus dem Koalitions­vertrag der Ampel zur Erhöhung der Regionalis­ierungsmit­tel fänden sich weder im Haushalt 2022 noch 2023.

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FOTO: DPA Verkehrsmi­nister Volker Wissing (FDP) ist optimistis­ch, dass es zum 1. Januar ein Nachfolget­icket geben wird. Die Finanzieru­ng bleibt umstritten.

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