Schumacher gegen Hülkenberg
In der Formel 1 gibt es ein Fernduell zwischen zwei Deutschen. Der Haas-Pilot kämpft mit dem Emmericher um das Cockpit für die kommende Saison. Auf der Strecke können sich die beiden allerdings nicht messen.
MEXIKO-STADT (dpa) Es ist fast auf den Tag genau zwölf Jahre her, da schien Nico Hülkenberg der Durchbruch in der Formel 1 gelungen zu sein. São Paulo, Brasilien, 6. November 2010, es regnet. Hülkenberg bestreitet sein erstes Jahr in der Formel 1, er kam als Titel-Abräumer in die Königsklasse des Motorports: Gewinner der damaligen A1-Serie (2007), Gewinner der Formel-3-Euroserie (2008), GP2-Meister (2009).
Und dann diese Meisterleistung in Brasilien im Williams. Die Pole in seinem 18. Formel-1-Rennen. Doch danach lief vieles nicht mehr so optimal und so geradlinig wie vorher für den gebürtigen Emmericher, der nun aber womöglich sein Comeback feiert. Etwas, das in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten eher Weltmeistern vorbehalten war wie Kimi Räikkönen, Fernando Alonso und vor allem Michael Schumacher.
Gehandelt wird Nico Hülkenberg als heißer Kandidat auf den Platz von dessen Sohn Mick Schumacher bei Haas. Mittlerweile 35 Jahre alt, seit Ende 2019 und damit drei Jahren kein Stammfahrer mehr in der Formel 1, verheiratet und Vater einer kleinen Tochter – aber auch nach Ansicht von HaasTeamchef Günther Steiner noch mit dem Feuer für die Formel 1 in sich. „Ich glaube schon, sonst würden wir ja nicht sprechen, oder?!“, hatte dieser jüngst gesagt, als er auch den Kontakt zu Hülkenberg – Spitzname Hulk – bestätigt hatte.
Hülkenberg selbst, auch als TVExperte hier und da im Einsatz, hält sich derzeit im Hintergrund, was eine mögliche Rückkehr im kommenden Jahr angeht. Während für Mick Schumacher jedes der letzten Rennen in diesem Jahr und seiner zweiten Saison zur großen Bewerbungsprobe wird, kann Hülkenberg 181 Grand-Prix-Starts vorweisen. Allerdings ohne es jemals aufs Podest geschafft zu haben – ein Negativrekord, mit dem Hülkenberg auch leben muss.
Dennoch wurden Hülkenbergs Qualitäten immer sehr geschätzt. Sogar Ferrari hatte mal Kontakt aufgenommen. „Ich glaube, dass es eine realistische Chance gegeben hat, eine ganze Zeit lang“, erzählte Hülkenberg mal in einem Podcast. „Aber leider kam es nicht dazu.“
Wie überhaupt seine Karriere immer wieder neue, aber nicht unbedingt immer bessere Wendungen nahm. Bei Williams war trotz Pole Ende 2010 schon wieder Schluss. Mehr als ein Job als Ersatzfahrer bei Force India für 2011 sprang nicht mehr heraus. 2012 stieg er zum Stammpiloten auf, wechselte aber ein Jahr später zu Sauber. Nur ein Intermezzo, nach einer Saison kehrte er 2014 wieder zurück zu Force India und blieb für weitere drei Jahre bei dem Rennstall. 2017 heuerte Hülkenberg bei Renault an, wieder drei Jahre. Danach gab es dort und auch woanders keinen neuen Vertrag mehr.
Mit seinen starken Aushilfseinsätzen für die Force-India-Nachfolger Racing Point 2020 und Aston Martin 2022 hielt er sich im Gespräch und zeigte: Er liefert, selbst wenn er eher spontan gefragt wird und den Anruf erst 24 Stunden vorher im Bett entgegennimmt.
Wie lange Haas ihn binden würde – offen. Ob Haas sich überhaupt für ihn entscheidet – offen. Schon nach seinem Einsatz als offizieller AstonMartin-Reservefahrer für Sebastian Vettel, der die ersten beiden Saisonrennen wegen einer Corona-Infektion nicht hatte mitmachen können, hatte Hülkenberg betont, dass er definitiv zurückkommen wolle, wenn sich eine gute Möglichkeit ergebe. Mick Schumacher könnte der Leidtragende sein.
Der hat für diesen Fall keinen Plan B, wie er betont: „Plan A ist der einzige Plan, der für mich im Moment zählt, und den ich verfolgen möchte und auch werde“, sagt Mick Schumacher. Es ist Donnerstag in Mexiko-City. Er kommt gerade von der Massagebank, nimmt im noch recht leeren Motorhome seines amerikanischen Arbeitgebers Haas Platz. Mick Schumacher lacht, eher ein wenig verlegen. So richtig zu lachen hat er in jüngster Zeit auch eher wenig, was die Formel 1 angeht.
Auf die Frage in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur, ob diese die schwerste Zeit seiner Karriere sei, antwortet er schnell, entschlossen und klar: „Nein.“Es sei nicht die schwerste. Aber welche war denn schwerer? Mick Schumacher muss lächeln, wieder eher verlegen. „Hm, auf die Nachfrage hätte ich wohl gefasst sein müssen“, sagt er. Das bleibt so stehen.
Fakt ist: Nur ein Rennstall hat noch gar nicht entschieden, wer das zweite Cockpit im nächsten Jahr bekommt. Es ist sein Rennstall. Es geht um sein Cockpit. Teamchef Günther Steiner hatte schon mal eine Entscheidung nach dem Großen Preis von Mexiko in Aussicht gestellt. Das wäre also bald. In Mexiko sagte Steiner nun: „In Abu Dhabi wollen wir wissen, wer unser Auto nächstes Jahr fährt.“Das ist nicht so bald, sondern erst in gut drei Wochen, das Finale der Formel 1 steigt am 20. November auf dem Yas Marina Circuit. Die bisher 40 Rennen, die Mick Schumacher für Steiners Team absolvierte, reichen den Bossen nicht für eine Bewertung. Zu schwer scheinen noch immer die Unfälle mit hohem Schadensfall und hohen Kosten in Saudi-Arabien und Monaco zu wiegen.