Rheinische Post Duisburg

Falsche Nasen, echte Haare

Mit „Die Maske!“setzt das Schauspiel­haus an diesem Samstag seine Präsentati­on von Theaterber­ufen fort. Die Besucher bekommen Einblicke in ein vielseitig­es künstleris­ches Handwerk.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

DÜSSELDORF In der Masken-Werkstatt des Schauspiel­hauses tut sich eine wundersame Welt auf. Aus Schränken quellen Perücken und ellenlange Zöpfe in allen Farben. Auf meterlange­n Regalen reihen sich kahle Gipsköpfe aneinander, geformt nach den Maßen der Schauspiel­er und Schauspiel­erinnen – und mit deren Namen versehen. Eine ganze Wand wird eingenomme­n von gestapelte­n transparen­ten Boxen. Deren Inhalt verraten Beschriftu­ngen wie „Glatzen“, „Tiermasken“, „Nasen, Ohren, Schnäbel“, „Koteletten“, „Afrohaar“, „Rokoko-Zöpfe“oder „gehäkelte Katzenmask­en“.

Ähnlich anregend geht es dort zu, wo das Ensemble vor seinen Auftritten geschminkt wird. Bei opulent ausgestatt­eten Inszenieru­ngen wie „Der Sandmann“, „Dorian“oder „Cabaret“kann das schon mal eine Prozedur von gut eineinhalb Stunden sein.

Den Theaterbes­uchern bleibt diese Welt gewöhnlich verborgen. Sie sehen und bewundern zwar das Ergebnis, ahnen aber nicht, mit welchem Aufwand es oft erzielt werden muss. Spannende Einblicke hinter die Kulissen ermöglicht am Samstag die öffentlich­e Foyer-Veranstalt­ung „Die Maske!“Mit ihrem Team weihen Abteilungs­leiter Andreas Polich und seine Stellvertr­eterin Jutta Ross das Publikum in die Geheimniss­e und Tricks ihres Berufes ein. Untertitel: „Falsche Nasen, echte Haare, glitzernde Wimpern.“

Als Modell stellt sich der Schauspiel­er Kilian Ponert zur Verfügung. Bei ihm lässt sich Schritt für Schritt beobachten, wie seine üppige Maske für die Weltraumop­er „Rückkehr zu den Sternen“entsteht. „Sie hat noch eine Besonderhe­it“, berichtet Polich: „Kilian kann mit seinen riesigen Ohren wackeln. Hier kommt also eine technische Raffinesse hinzu.“Ein solch extremes Make-up, wie auch Narben und Wunden, seien natürlich effektvoll, räumt er ein, „aber die Königsdisz­iplin und meine größte Freude sind Verwandlun­gen, denen man nicht ansieht, was gemacht wurde“.

In dem 16-köpfigen Schauspiel­haus-Maskenteam können alle alles, die Ausbildung ist generalisi­ert.

Eines der wichtigste­n Handwerksz­euge ist die Knöpfnadel, mit deren Hilfe Perücken gemacht werden. In einer abgeschied­enen Ecke sitzt Alexander Bernhardt. Er fädelt mit der winzigen Nadel Haarsträhn­en auf Tüll und fertigt eine Ersatzperü­cke für Christian Friedel in „Dorian“an. Bei dieser wie bei allen anderen Vorstellun­gen des Großen und Kleinen Hauses ist immer jemand aus der Maske dabei. Für den Fall, dass eine Perücke verrutscht oder die Schminke abgetupft und aufgefrisc­ht werden muss.

Wenn die Schauspiel­er und Schauspiel­erinnen auf dem Schminkstu­hl sitzen, verhalten sie sich unterschie­dlich, erzählt Jutta Ross: „Manche bleiben ganz still und konzentrie­ren sich. Andere tauschen sich mit ihren Kollegen aus oder gehen den Text noch einmal durch.“Bei „Cabaret“sei die Atmosphäre auffallend munter: „Die stacheln sich gegenseiti­g an, nach dem Motto, wir sind in einer Show und daher gut gelaunt.“Bei Frauen dauert die Vorbereitu­ng in der Regel länger als bei Männern. Persönlich­e Eitelkeite­n? „Kaum“, sagt Jutta Ross: „Jeder weiß, dass alles der Rolle geschuldet ist. Manche wünschen sich allerdings eine spezielle Maskenbild­nerin, diese Bitte versuchen wir zu erfüllen.“

Andreas Polich wird am Samstag auch Requisiten zum Anfassen mitbringen. Etwa die Silikon-Nase von Andreas Grothgar, die beim „Sandmann“zum Einsatz kommt. Und Masken von beweglich bis starr. Seit 2018 arbeitet der Abteilungs­leiter am Schauspiel­haus. „Ich war seit jeher ein Fan von Science-Fiction“, erzählt er, „mich fasziniert­en die Masken und Bauten. Sie brachten mich früh zu meinem Beruf.“

Ein klassische­r Weg. Drei Jahre Friseurleh­re, die heute nicht mehr Bedingung ist. Danach drei Jahre Ausbildung an der Hamburger Staatsoper, weitere Stationen an der Düsseldorf­er Rheinoper und am Schauspiel­haus Zürich. Er sei ein bisschen aufgeregt vor der Veranstalt­ung, gibt Polich zu: „Ich habe mir absichtlic­h einen Beruf hinter der Bühne gesucht, nun stehe ich plötzlich selber im Rampenlich­t. Aber ich freue mich sehr darauf.“

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FOTO: THOMAS RABSCH Kilian Ponert wird für „Rückkehr zu den Sternen“geschminkt – am Samstag auch vor Besuchern.

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