Was uns die Körper sagen
Junge Erwachsene diskutierten im Format „Let’s talk about...“in der Kunsthalle.
DÜSSELDORF Kunst kann seltsam sein, schwer zu deuten, nicht einfach einzugrenzen. Gerade bei Besuchen im Museum oder der Ausstellung eines Ateliers gehen die Empfindungen und Meinungen oft auseinander, wenn es um Kunstwerke geht. Oder man behält seine Deutungen eben für sich.
Dem wirken die Volontäre der Kunsthalle und des Kit schon seit einiger Zeit mit ihrer dialogischen Führung „Let’s talk about“entgegen. In der interaktiven Begehung, die besonders an junge Erwachsene gerichtet ist, sollen die Werke der aktuellen Ausstellung besprochen werden: Was fühle ich, wenn ich das Gemälde sehe? Was macht es mit mir? Womit bringe ich es in Verbindung? „Junge Menschen haben dabei oftmals andere Ansätze als Ältere“, sagt Juliane Hoffmanns, Volontärin an der Kunsthalle im kuratorischen Team.
Bei der neuesten Ausgabe standen drei aktuelle Ausstellungen – sie laufen unter dem gemeinsamen Titel „Es liebt Dich und Deine Körperlichkeit ein Verwirrter“– im Fokus. Dabei verbindet sie alle eben das: Körperlichkeit; und das Surreale und Verwirrende, was der Körper und seine Zuschreibungen bedeuten, die Seltsamkeit. Begleitet wurde Hoffmanns von Joshua Pesch, ebenfalls Volontär an der Kunsthalle, sowie Jessica Gilles, Volontärin am Kit. Rund ein Dutzend junger Erwachsener
nahm das Angebot an. Gemeinsam stießen sie ihre Ideen zu den Werken an, gaben den Teilnehmern Zeit, sich eine Meinung zu bilden, und gingen auf Anregungen ein. „Das ist unser Leitfaden, wir wollen ins Gespräch kommen“, sagt Pesch. So lief es dann auch in den drei lose verknüpften Einzelausstellungen.
Eine davon entstand durch Florian Krewer. Seine Ölmalereien strotzen vor Spannung und Dualität. In knallbunten Farben setzt sich der Alumnus der Kunstakademie mit toxischer Männlichkeit auseinander. Körper, vermeintlich maskulin wirkend, sind das zentrale Motiv. Inwiefern stehen die Körper seiner Figuren in Verbindung mit ihrer Männlichkeit? Wer sind diese Figuren eigentlich?
Viel weniger bunt, aber dafür nicht weniger emotional sind die Bilder und überlebensgroßen
Plastiken der Künstlerin Raphaela Simon. Eingesperrte Körper, starr und leer, bildet die ehemalige Studentin der Kunstakademie ab. Düster und beklemmend schauen die ausdruckslosen Figuren drein, die Menschen sein könnten, oft eingesperrt in Käfigen. Es kommt der Einwand, die Gesellschaft stecke sie in Käfige, aber auch einer, dass psychische Probleme den Körper einschlössen. „Wir bringen Erlerntes und Anerzogenes hier rein und lesen die Bilder vor diesem Hintergrund“, sagt Hoffmanns.
Das letzte Drittel der Ausstellung zeigt Fotografien von Carina Brandes. Die Aufnahmen, die häufig sie selbst spärlich bekleidet oder nackt zeigen, bilden mit einem tranceartig niedergeschriebenen Text an der Wand ein Gesamtwerk – eines über Brandes’ Auffassung über die Bedeutung von Körper und Körperlichkeit. In ihren Bildern schafft sie aus ihrem bestehenden Körper neue, nicht wirklich menschliche, und eröffnet die Frage von Macht auf vielen Ebenen, wie es Pesch deutet.
Die Doppeldeutigkeiten ziehen sich durch die Ausstellung. Sie aus dem Winkel der „Weirdness“, der Seltsamkeit, zu betrachten und sich darüber auszutauschen, macht Spaß und eröffnet neue Sichtweisen.