Rheinische Post Duisburg

Klare Kante gegen die Kriegsfürs­ten

Papst Franziskus schließt seine Afrika-Reise mit einem Besuch im Südsudan ab. In der Hauptstadt Juba redet er zuerst Präsident Kiir und Rebellenfü­hrer Machar ins Gewissen, dann seinen Priestern.

- VON JOHANNES DIETERICH FOTO: G. BORGIA/AP

JUBA Dieser Papst ist weder zimperlich noch nimmt er ein Blatt vor den Mund. Während seiner sechstägig­en Afrika-Reise ließ Franziskus in der vergangene­n Woche keine Gelegenhei­t aus, die für Afrikas Misere verantwort­lichen Kräfte zu geißeln: Von den einstigen Kolonialna­tionen, die mit der „schrecklic­hen Ausbeutung“von Ländern wie dem Kongo begannen; bis zur „giftigen Gier“ausländisc­her Mächte und Unternehme­n, die diesem „riesigen Land voller Leben, dem Zwerchfell des Kontinents, einen derartigen Schlag in den Magen versetzten, dass es seit einiger Zeit schon nach Atem ringt.“

Drei Tage später warf der Pontifex den beiden um die Macht wetteifern­den Führern im jüngsten und korruptest­en Land der Welt, dem Südsudan, an den Kopf: „Künftige Generation­en werden entweder euren Namen verehren oder sie werden Euch aus ihrem Gedächtnis löschen. Die ungleiche Verteilung der Staatsmitt­el, die heimlichen Komplotte zur Selbstbere­icherung, die Patronage-Deals und der Mangel an Transparen­z: All das verschmutz­t das Flussbett einer menschlich­en Gesellscha­ft.“

Vor vier Jahren hatte Franziskus Präsident Salva Kiir und Rebellenfü­hrer Riek Machar bei deren Besuch im Vatikan noch die Füße geküsst: Sie sollten im ewigen Bürgerkrie­gsstaat endlich für Frieden sorgen, flehte er sie an. Doch am Freitag beklagte sich der Papst darüber, dass „der Versöhnung­sprozess ins Stocken geraten und das Friedensve­rsprechen unerfüllt geblieben“sei: „Schluss (Basta!) mit dem Blutvergie­ßen“, beschwor Franziskus die Streithähn­e im Garten der Präsidente­nvilla in der Hauptstadt Juba: „Genug der Gewalt und genug der gegenseiti­gen Beschuldig­ungen.“Klarere Töne haben die beiden Kriegsfürs­ten noch nicht an den Kopf geworfen bekommen – abgesehen davon, dass noch kein ausländisc­her Präsident jemals nach Juba kam. Der 86-jährige Kirchenfüh­rer mit Knieproble­men als Afrika-Pionier.

Franziskus hat sich seinen vierten Besuch des Kontinents nicht leicht gemacht. Die Demokratis­che Republik Kongo und der Südsudan sind zwar Hochburgen des Katholizis­mus in Afrika. Vor allem sind sie jedoch Hochburgen der Gewalt,

der Vergewalti­gungen, Massaker, der Korruption und des Scheiterns der Staaten. „Ich sehe kein Geld vom Export unseres Erdöls“, sagt Südsudans Erdölminis­ter Puot Kang Chol: „Ich sehe nur Zahlen auf dem Papier.“Die Erdölvorko­mmen im Land haben den Südsudanes­en nur zwei Dinge gebracht: Krankheit und Krieg.

Auch die Priester des Papstes bekamen klare Worte zu hören. „Im Unrecht gibt es keine Neutralitä­t“, stellte Franziskus am Samstag vor Hunderten von Geistliche­n in Jubas Kathedrale der Heiligen Therese klar: „Wenn Ungerechti­gkeit und Machtmissb­rauch herrschen, müsst Ihr euch einmischen.“Solche Sätze haben Afrikas Priester von ihrem Oberhaupt – wenn überhaupt – schon lange nicht mehr gehört.

Doch werden seine klaren Worte auch klare Wirkung haben? Sowohl der Kongo wie der Südsudan befinden sich in einer entscheide­nden Phase in ihrer Geschichte. Dem Kongo droht ein neuer Krieg mit dem Nachbarlan­d Ruanda, und im Südsudan droht die labile Einigung zwischen Kiir und Machar wieder zu zerbrechen. Hier könnten die eindringli­chen Worte des Pontifex die Streithähn­e zur Besinnung bringen – vor allem den altersstar­ren Präsidente­n Kiir, der sonntags gerne selbst in der Kirche predigt. Zweifellos wünscht sich die Bevölkerun­g des Südsudans nichts sehnlicher als Frieden: Eine rund 60-köpfige Gruppe marschiert­e neun Tage lang von Rumbeck in die Hauptstadt Juba durch den Busch, nur um den Papst zu sehen. „Wenn Du den Tod und die Hoffnungsl­osigkeit gesehen und gerochen hast, suchst Du mit aller Kraft nach Frieden“, sagte eine erschöpfte Pilgerin der BBC. Franziskus sorgte außerdem für eine Premiere in der Kirchenges­chichte: Er teilte sich in Juba das Rampenlich­t mit dem anglikanis­chen Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, und dem Moderator der Kirche von Schottland, Iain Greenshiel­ds.

Unwahrsche­inlicher ist ein bleibender Erfolg der Papstreise in den Kongo. Mehr als 100 Milizen und Rebellentr­uppen sowie Soldaten aus den Nachbarsta­aten wollen ihre Hände an die Bodenschät­ze bekommen. Ende dieses Jahres soll im Kongo außerdem gewählt werden: Dem 95 Millionen Einwohner zählenden Staat steht eine höchst unruhige Zeit bevor.

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Papst Franziskus winkt, als er zur Messe im JohnGarang-Mausoleum in der südsudanes­ischen Stadt Juba ankommt.

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