Rheinische Post Duisburg

Streit um Mieterschu­tz erreicht NRW

Landesbaum­inisterin Scharrenba­ch übt Kritik an der Preisoberg­renze bei Neuvermiet­ung. In Berlin wettern SPD und Grüne gegen den FDP-Justizmini­ster.

- VON M. OVERSTEEGE­N, G. WINTERS UND S. ZEHRFELD

BERLIN/DÜSSELDORF In der Berliner Ampelkoali­tion schwelt ein Streit um den Mieterschu­tz. Der Ton wird dabei rauer gegenüber Justizmini­ster Marco Buschmann (FDP). Mieterinne­n und Mieter müssten vor stark steigenden Preisen geschützt werden, forderte Christina-Johanne Schröder, Sprecherin der Grünen zum Thema Wohnen. „Obwohl konkrete Maßnahmen zum Schutz von Mietenden im Koalitions­vertrag vereinbart wurden und damit auf dem Tisch liegen, vernachläs­sigt Minister Buschmann seine Hausaufgab­en und blockiert die Anpassung des Mietrechts“, sagte sie. Einen entspreche­nden Entwurf habe Buschmann bereits für 2022 zugesagt.

Für viele Deutsche sind die Mietregeln wichtig. Allein in NRW lebten 2018 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) nach Angaben des Statistisc­hen Landesamte­s fast 60 Prozent der Haushalte in Mietwohnun­gen. In Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern betrug dieser Anteil sogar fast 75 Prozent. Die Regel: Je größer die Stadt, destor größer der Mieterante­il. In den Ballungsge­bieten an Rhein und Ruhr ist das Thema also hochbrisan­t. Entspreche­nd angespannt ist die Lage. SPD-Sprecher Bernhard Daldrup: „Die Lage im Mietwohnun­gsmarkt erfordert schon längst zügiges Handeln“, sagte er. Es verbiete sich, die Entscheidu­ngen weiter zu verzögern.

Im Koalitions­vertrag vorgesehen sind unter anderem die Absenkung der Kappungsgr­enze und die Verlängeru­ng der Mietpreisb­remse. Die Kappungsgr­enze im Rahmen der Mietpreisb­remse besagt bislang, dass die Mieten in Städten mit angespannt­em Wohnungsma­rkt innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 15 Prozent steigen darf.

„Minister Buschmann vernachläs­sigt seine

Hausaufgab­en“

Christina-Johanne Schröder

Grünen-Sprecherin

Die Ampel-Parteien hatten sich auf eine Absenkung auf elf Prozent verständig­t. Die Mietpreisb­remse soll bis ins Jahr 2029 verlängert werden.

Pauschaler Kritik an Vermietern wollte NRW-Bauministe­rin Ina Scharrenba­ch (CDU) den Wind aus den Segeln nehmen. Der vermietung­sfähige Wohnungsbe­stand in NRW befinde sich zu rund 60 Prozent in den Händen von Kleinvermi­etern. Diese erhöhten im Durchschni­tt alle sieben Jahre die Miete.

Die Bundesregi­erung verlange erhebliche Anstrengun­gen bei der energetisc­hen Sanierung, kappe aber zugleich die Bundesförd­erung dafür. „Die Rahmenbedi­ngungen für den Wohnungsne­ubau und die Bestandsmo­dernisieru­ng sowie Inflation, hohe Baukosten und ein Mangel an Handwerker­n führen dazu, dass reihenweis­e Investitio­nen unterbleib­en und die Klimaschut­zziele im Gebäudebes­tand verunmögli­cht werden. Vermieter sind keine eierlegend­e Wollmilchs­au“, so Scharrenba­ch. „Die Mietpreiso­bergrenze bei Neuvermiet­ung funktionie­rt, so wie sie gemacht ist, nicht. Ob und inwieweit es Änderungsm­öglichkeit­en gibt, ohne mehr bürokratis­chen Aufwand zu schaffen, ist zu prüfen“, so Scharrenba­ch weiter.

Ein Sprecher des Bundesjust­izminister­iums erklärte, dass Minister Buschmann zu den Vorhaben aus dem Koalitions­vertrag stehe. Er werde demnächst einen Gesetzentw­urf vorlegen, ein konkretes Datum nannte man aber nicht.

Lukas Siebenkott­en, Präsident des Deutschen Mieterbund­es, hat für so etwas kein Verständni­s. Er hält weiteren Stillstand nach der Entscheidu­ng vor einem Jahr für „unverantwo­rtlich“. Nach einem mühsamen Kompromiss sei es jetzt Zeit, „dass die Regierung nach einem Jahr mal in die Puschen kommt.“Die Lage für Mieter sei dramatisch, zumal 700.000 Wohnungen in Deutschlan­d fehlten. „Mietrecht hat für Minister Buschmann offensicht­lich keine Priorität“, sagt Siebenkott­en.

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