Rheinische Post Duisburg

Bayern gibt Antwort auf Neuer-Krach

4:2 beim VfL Wolfsburg – die sportliche Reaktion der Münchner auf ein turbulente­s Wochenende ist ein starkes Statement. Schon nach 19 Minuten steht es 3:0. Die Debatte um die Zukunft des Nationalto­rhüters bleibt aber akut.

- VON SEBASTIAN STIEKEL FOTO: MICHAEL SOHN/AP

WOLFSBURG (dpa) Energisch wie selten klatschte Julian Nagelsmann jeden einzelnen seiner Spieler ab. Auch das war ein Statement – genau wie dieses Spiel. Durch ein turbulente­s 4:2 (3:1) beim VfL Wolfsburg hat der FC Bayern München am Sonntagabe­nd eine sportlich bemerkensw­erte Antwort auf den großen Krach um seinen Kapitän Manuel Neuer gegeben. Der Nationalto­rwart hatte an diesem Wochenende massiv die Klubführun­g kritisiert und die schlug zusammen Nagelsmann sofort zurück. Nur die Mannschaft zeigte sich unbeeindru­ckt vom Wirbel und eroberte die kurzzeitig verlorene Tabellenfü­hrung in der Fußball-Bundesliga eindrucksv­oll vom 1. FC Union Berlin zurück.

„Am Ende des Tages müssen wir uns auf das Sportliche konzentrie­ren“, sagte Joshua Kimmich, der in der 54. Minute Gelb-Rot sah. „Das haben wir heute gemacht, wir haben heute gewonnen. Das gibt am Ende des Tages immer am meisten Ruhe im Verein, wenn wir die Spiele gewinnen.“Leon Goretzka sprach ein „großes Kompliment“an die Mannschaft aus: „Die Widerständ­e, gegen die wir heute ankämpfen mussten, waren nicht so gering.“

Zwei Treffer von Kingsley Coman (9./14. Minute) sowie ein Kopfballto­r von Thomas Müller (19.) erzielten schon in weniger als 20 Minuten einen Wow-Effekt. Dass das BayernSpie­l danach an Tempo und Schärfe verlor, nutzte der Wolfsburge­r Jakub Kaminski kurz vor der Halbzeit zum 1:3 (44.).

Nach der Pause drohte die Partie sogar zu kippen. Nationalsp­ieler Kimmich sah nach einem unnötigen Foul an Maximilian Arnold die Gelb-Rote Karte. Micky van de Ven und Mattias Svanberg (50.) hatten schon vorher die große Chance zum 2:3 für den nie aufstecken­den VfL. Ridle Baku scheiterte nach einer Stunde freistehen­d aus kurzer Distanz (61.). Das rächte sich aus Wolfsburge­r Sicht, als Jamal Musiala in Unterzahl zum 4:1 traf (73.). Der Treffer von Svanberg (81.) brachte den Münchner Sieg nicht mehr in Gefahr. „Angefühlt hat es sich nicht nach dem Ergebnis“, sagte Wolfsburgs Maximilian Arnold. „Wir haben gezeigt bekommen, wie man

Tore schießt.“

Einer der Sieger dieses Spiels dürfte auch Nagelsmann sein. Zwar drehte sich Neuers Attacke in der „Süddeutsch­en Zeitung“und dem internatio­nalen Sportporta­l „The Athletic“um die Trennung von seinem engen Freund und Torwarttra­iner Toni Tapalovic („Ich hatte das Gefühl, mir wird mein Herz rausgeriss­en“). Doch sie provoziert­e auch die Frage, ob der aktuell verletzte Torwart so etwas auch bei einem Pep Guardiola, Jupp Heynckes oder einem anderen Trainer als dem teamintern nicht mehr unumstritt­enen 35-Jährigen gewagt hätte.

Nagelsmann fand jedoch den richtigen Umgang mit dieser nach drei sieglosen Bundesliga-Spielen auch sportlich pikanten Situation. Auch er kritisiert­e Neuer vor dem Anpfiff („Hätte das Interview nicht gegeben“). Der Trainer fand dabei jedoch ausgleiche­ndere Worte als Vorstands-Chef Oliver Kahn („Wird weder ihm als Kapitän noch den Werten des FC Bayern gerecht“) und Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic („Hat seine persönlich­en Interessen hier über die Interessen des Klubs gestellt“).

Vor allem ließ Nagelsmann seine Mannschaft anders als noch beim überzeugen­den 4:0-Pokal-Erfolg beim FSV Mainz 05 in dem von ihr bevorzugte­n 4-2-3-1-System auflaufen. Leroy Sané durfte auf dem Flügel statt im Zentrum agieren, Jamal Musiala wieder auf der Zehner-Position.

Für Vereinsiko­ne Müller fand sich auch noch ein Platz – diesmal als Mittelstür­mer anstelle des erkrankten Eric Maxim Choupo-Moting (Magen-Darm). Der 33-Jährige bestritt in Wolfsburg sein 427. Bundesliga-Spiel und ist nun zusammen mit Gerd Müller der Feldspiele­r mit den meisten Erstliga-Einsätzen in der Geschichte des deutschen Rekordmeis­ters.

Der Platzverwe­is für Kimmich schärfte eher wieder die Sinne der Bayern, als dass er dem Spiel eine Wende gab. Der 17 Jahre alte Tel vergab in der 64. Minute die große Konterchan­ce zum 1:4. Musiala erhöhte dann nach einem traumhafte­n Solo. Kurz nach dem Wolfsburge­r Treffer durch Svanberg zählte das vermeintli­che 3:4 von Yannick Gerhardt wegen eines Foulspiels von Baku nicht.

 ?? ?? Wolfsburgs Defensivsp­ieler Sebastiaan Bornauw reagiert auf ein Gegentor, das die Bayern-Spieler im Hintergrun­d ausgelasse­n bejubeln.
Wolfsburgs Defensivsp­ieler Sebastiaan Bornauw reagiert auf ein Gegentor, das die Bayern-Spieler im Hintergrun­d ausgelasse­n bejubeln.

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