Rheinische Post Duisburg

Bis zur Erschöpfun­g

Paula Rosolen hat das Techno-Festival „Raving Choreograp­hies“im Tanzhaus NRW eröffnet. Die Reihe spürt mit Performanc­es, Workshops und Vorträgen einem Phänomen des Clubs nach und holt es auf die Bühne.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER FOTO: JÖRG BAUMANN

DÜSSELDORF Seit den 1980ern ziehen sogenannte Raves ein immer wieder neues Publikum in ihren Bann. Zu ihrer DNA gehören neben der elektronis­chen, lauten Musik ekstatisch­er Tanz und coole Locations. Das Tanzhaus NRW holt mit der Reihe „Raving Choreograp­hies“den Rave von den Clubs und OpenAir-Festivals auf die Bühne. Bis zum 26. Februar sind an der Erkrather Straße Performanc­es zu TechnoBeat­s und Lichtspekt­akeln zu sehen.

Den Auftakt machte am vergangene­n Freitagabe­nd Paula Rosolen mit „Haptic Hide/16 Bit“. Die sechs Tänzerinne­n und Tänzer verausgabt­en sich dabei auf der Bühne, gingen bis an ihre körperlich­en Grenzen und loteten dabei die Möglichkei­ten der ekstatisch­en Bewegung zum Industrial-Sound aus.

Rosolen beleuchtet­e Techno dabei als Kunstform, die sich seit den 1980ern bis in die heutige Zeit immer wieder neu erfunden hat. Tatsächlic­h ist es ein weltweites Phänomen, das zu Beginn vor allem marginalis­ierten Gruppen eine Möglichkei­t eröffnete, sich zu zeigen und im Tanz auszudrück­en. Das gilt für die schwarze Community in Detroit ebenso wie für die Undergroun­d-Clubszene Berlins. Mit der Zeit sind die Raves immer größer und wilder geworden. Sie ziehen inzwischen Tausende regelmäßig in ihren Bann.

Rosolens Choreograf­ie zeigte dem Publikum die ganze Bandbreite eines Raves, von ersten Moves allein bis zum Erlebnis im Kollektiv. Es war ein sich gegenseiti­g Anfeuern und von der Energie der Gruppe Mitreißenl­assen, bis alle irgendwann völlig im Rausch mit den schnellen Beats eins wurden.

Am Ende stand die totale Erschöpfun­g. Alle hatten sich verausgabt, die sechs Tänzer auf der Bühne und das Publikum im Saal, das sich passiv den wummernden Bässen und treibenden Sounds ausgesetzt sah, geblendet von den Lichtblitz­en. Seltsamerw­eise schienen beide Seiten die Erschöpfun­g am Ende zu genießen, die einen körperlich, die anderen durch den Overkill auf Augen und Ohren.

Die Reihe wird am 11. Februar mit der deutschen Erstauffüh­rung von Lisa Vereertbru­gghens „Disquiet – Sensationa­l Aesthetics of a Technokin“fortgesetz­t. Seit 2014 erforscht die Choreograf­in Hardcore-TechnoSoun­ds und Tanzstile, die sie in verschiede­nste Formate transformi­ert.

Für „Disquiet“holte sie sich Verstärkun­g durch den Sounddesig­ner Michael Langeder, um Tendenzen von Dystopie und Störung aufzuspüre­n. Dabei stellt sie dem vermeintli­chen Gemeinscha­ftserlebni­s das zerstöreri­sche Element harter Drum and Bass und des Jungle gegenüber.

Ebenfalls am 11. Februar zeigt Michele Rizzo mit „Reaching“eine choreograf­ische Erforschun­g der Rave-Kultur, indem sie dem Raum und dem Moment besondere Aufmerksam­keit widmet.

Clubdance steht bei einer weiteren deutschen Erstauffüh­rung am 24. Februar auf dem Programm. Frédéric Gies und DJ Fiedel widmen das Stück „Shadowboxi­ng“dem weiten Feld der Bewegung. Gies nutzt dabei den eigenen Körper als Kanal, um in verschiede­ne Charaktere, Kreaturen und Wesenheite­n zu schlüpfen.

Zum Abschluss der Reihe, steht beim „Infinity Rag“von Lou Drago und Marum am 25. Februar das kollektive Erleben und Lernen im Mittelpunk­t. Das Publikum ist aufgeforde­rt, Teppiche mitzubring­en, die zu einem Gesamtbild beitragen und das Gemütliche und Wohnliche in den öffentlich­en Raum bringen sollen.

Parallel zur Reihe bietet das Tanzhaus NRW Workshops und Vorträge an. Am 11. und 12. Februar steht „Elektrotan­go“mit Mareike Focken und Jost Budde auf dem Programm. Am 25. Februar führt Frédéric Gies in die Welt des „Technosoma­tics“ein, und der 26. Februar steht bei Ronaldo Navarro ganz im Zeichen des „Technoball­ett“.

 ?? ?? Tänzerinne­n und Tänzer in Paula Rosolens Choreograf­ie „Haptic Hide/16 Bit“.
Tänzerinne­n und Tänzer in Paula Rosolens Choreograf­ie „Haptic Hide/16 Bit“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany