1933 von SA-Schergen ermordet
Hans Grohmann (1897 bis 1933) war ein erfolgreicher Werbegrafiker und begnadeter Porträtist. Am 26. Mai 1933 wurde er von Nazis entführt und erschossen.
HOHENBUDBERG Weshalb genau Hans Grohmann in die Fänge der SASchergen geriet, die ihn entführten, vermutlich folterten und schließlich mit vier Schüssen in den Rücken im Duisburger Wald ermordeten, ist bis heute in den Einzelheiten nicht geklärt. Im Katalog zur gegenwärtigen Ausstellung im Museum St. Laurentius, wo die zehn Gründungsmitglieder des Duisburger Künstlerbundes im Mittelpunkt stehen, werden die letzten drei Tage im Leben Grohmanns so genau, wie es die Quellen hergeben, rekonstruiert. Zitiert wird im Katalog die Aussage eines anonymen „guten Bekannten“von Hans Grohmann, der gegenüber einer Zeitung sagte: „Politisch hat er sich nie betätigt, das steht fest. Das lag ihm nicht, und außerdem war er dazu zu bequem. Außerdem war er ein liebenswürdiger, weitgereister und intelligenter Mensch, der tagelang über seinen Büchern saß und dessen Leidenschaft Antiquitäten und orientalische Seltenheiten waren.“
Hans Grohmann, der heute zu Unrecht fast vergessen ist, war ein begnadeter Porträtist, der nur mit dem Bleistift arbeitete. Dabei erstaunt, wie unterschiedlich er Gesichter auf dem Papier zu Charakterstudien formte. Mal sind es zig Striche und Schraffuren, mit denen er beispielsweise die berühmte Düsseldorfer Künstler-Wirtin Johanna Ey („Mutter Ey“) realistisch wiedergab, mal reichen ihm wenige Bleistift-Linien, um einen Charakterkopf als Charakterkopf erscheinen zu lassen. Viele national und international bekannte Literaten, Musiker, Komponisten sowie Tänzerinnen und Tänzer wie die legendäre Mary Wigman (1886 1976) oder – im orientalischen Bühnenkostüm - den einst berühmten Joachim von Seewitz (1891 – 1966) haben sich einst von Grohmann zeichnen lassen.
Auch Duisburger Prominenz wie Paul Scheinpflug, der von 1920 bis 1928 Duisburgs Generalmusikdirektor war, saß ihm Modell. Witzige, fast schon karikaturhafte Zeichnungen sind dabei wie die des Komponisten Walter Jesinghaus, den Grohmann von hinten als Spaziergänger mit Regenschirm zeigt; in Mundhöhe trällern Noten. Besonders ausdrucksstark ist das Porträt des Schriftstellers Lion Feuchtwanger, dessen hager-vergeistigtes Gesicht aus einer angedeuteten Großstadtkulisse herausscheint. Eine besondere Pointe ist, dass fast alle Porträtierten „ihre“Zeichnung signierten.
Hans Grohmann wurde in Bremen geboren und wuchs in Duisburg auf. Bereits als Jugendlicher fiel sein künstlerisches Talent auf. In der liberalen Wandervogelbewegung fühlte er sich wohl. Im Ersten Weltkrieg wurde er mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet; sein Bruder starb kurz vor Kriegsende den „Heldentod“. Während der Inflation 1923 und der Ruhrbesetzung betrieb er in Duisburg einen Buch- und Kunstladen, der auch gerne von Besatzungsoffizieren besucht wurde. Vermutlich machte ihn das in den Augen der Nazis später verdächtig.
Dabei war Hans Grohmann wohl tatsächlich ein eher unpolitischer Mensch. Vielmehr fühlte er sich in der Welt der Kultur zu Hause. Er bevorzugte, wie es im Katalog zur Ausstellung heißt, die bohemehafte Existenz. Auch die Filmwelt interessierte ihn. Ein Foto zeigt ihn beim Porträtieren des berühmten Schauspielers Conrad Veidt.
Grohmann wollte die Welt sehen. 1928 unternahm er mit dem Motorrad eine viermonatige Motorradreise, die über den Balkan, die Türkei, Ägypten, Nordafrika, Spanien und Frankreich führte. Später folgten monatelange Aufenthalte in der Türkei. Viele Skizzen zeugen von seinen Reiseerfahrungen. Auch beruflich war er in der Türkei unterwegs: Er fertigte „vor Ort“Reklamezeichnungen für den Bayerkonzern an. Türkische Zeitungen druckten einige seiner Fotos, wie die Katalogautoren Sabine Haustein und Burkhard Biella recherchiert haben.
Vermutlich wäre Hans Grohmann 1933 gerne in der Türkei geblieben. Doch wollte er seine verwitwete Mutter nicht alleine lassen. Auf besonders perfide Weise wurde Hans Grohmann in die Todesfalle gelockt. Ein Mann gab sich im Hause Grohmann als Vertreter der IG Farben aus. Die Mutter lud den Herrn noch zum Mittagessen ein. Als die Mutter die beiden Herren verließ, damit diese ungestört alles Geschäftliche besprechen könnten, muss die Entführung stattgefunden haben. Mutter Grohmann hat
Während der Inflation
1923 und der Ruhrbesetzung betrieb
er in Duisburg einen Buch- und Kunstladen.
ihren Sohn nach dem Mittagessen nie mehr lebend gesehen. Man hat zwar Vermutungen, wer Hans Grohmann ermordet hat, doch mussten die Täter niemals vor Gericht erscheinen. Staatsanwaltschaft und Polizei sollen gegenüber Freunden Grohmanns gesagt haben, dass sie nicht ermitteln „dürfen“. Viele Originalzeichnungen Hans Grohmanns befinden sich heute in Privatbesitz eines Sammler-Ehepaars, das die Werke für die Ausstellung im Museum St. Laurentius ausleiht.