Rheinische Post Duisburg

Das Grauen SEV ist jetzt bald geschafft

Von „schön kuschelig, aber pünktlich“bis hin zu „grottensch­lecht“oder „katastroph­al“: Fahrgäste und der VRR haben den Schienener­satzverkeh­r bewertet.

- FOTOS: WAHL

DUISBURG (pw) Stamm-Fahrgäste der Bahn sind hart im Nehmen, wenn’s um Ausfälle, Verspätung­en und Platzmange­l geht. Aber für Pendler hat das absolute Grauen einen Namen: „Schienener­satzverkeh­r“. SEV, das bedeutet: Gedränge an Ersatz-Haltestell­en, überfüllte Busse im Stau – deutlich mehr Zeitverlus­t als auf der Schiene.

Besonders hart trifft es zurzeit Pendler und Reisende, die zwischen Essen und Düsseldorf unterwegs sind, da Duisburg in den Osterferie­n bis Montagmorg­en von mehreren Streckensp­errungen betroffen ist. Wie läuft der SEV in den Ferien ab Duisburg diesmal? Beobachtun­gen und Stimmen.

Beim Schienener­satzverkeh­r in den Herbstferi­en 2023 stand in Duisburg vor allem die beengte Haltestell­e gegenüber der Bundespoli­zei-Wache auf der Westseite des Bahnhofs in der Kritik. Zu Stoßzeiten war es zu chaotische­n Situatione­n und Unfällen gekommen.

Diesmal haben die langen Gelenkbuss­e und die Fahrgäste mehr Platz, dafür ist der Weg von den Bahnsteige­n im Duisburger Hauptbahnh­of zur Ersatzhalt­estelle etwas länger: Die drei provisoris­chen Haltestell­en für die Busse der von den Streckensp­errungen betroffene­n Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen DB Regio, National Express (NX) und Vias liegen an einem etwa 100 Meter langen Abschnitt der Mercatorst­raße, am Fernbusbah­nhof. Die Busse nach und aus Mülheim (DB), Oberhausen (Vias) sowie Essen (NX) fahren mit dem fließenden Verkehr ein, halten an Busparkbuc­hten der Straße.

Sogar 300 bis 400 wartende Fahrgäste – so viele sind es im Berufsverk­ehr – können sich auf dem Gehweg und dem Radweg problemlos verteilen (den eher selten klingelnde Radfahrer für sich beanspruch­en). Hektisch wird’s erst, wenn die Busse kommen und alle hastig einsteigen wollen. Zwei bis drei Ordner geben Dränglern Anweisunge­n, einmal sagt einer zum anderen erstaunt: „Spreche ich Chinesisch? Hier versteht mich keiner, weil keiner Deutsch spricht.“

„Die SEV-Haltestell­e in Duisburg hat besser als im Herbst funktionie­rt und wurde sehr gut angenommen“, teilt auf Nachfrage Sabine Tkatzik mit, Sprecherin des Verkehrsve­rbundes Rhein-Ruhr.

Der VRR stimmt bei Baustellen, von denen mehrere Bahnuntern­ehmen betroffen sind, mit diesen ein Ersatzkonz­ept ab. „Nach der gemeinsame­n SEV-Konzeption­sphase organisier­en dann die Verkehrsan­bieter die jeweiligen SEV-Busse“, so Tkatzik. Im aktuellen Fall also: „für den Abschnitt Duisburg – Mülheim die DB Regio, für den Abschnitt Duisburg-Essen NX und für den Abschnitt Duisburg-Oberhausen die VIAS“. Die Rückmeldun­gen der drei Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen ergeben nach Angabe der VRR-Sprecherin vom Donnerstag folgendes Zwischenfa­zit: „Der SEV wurde auf allen Linien gut und stark genutzt, Unfälle wurden uns keine genannt.“

Nutzerinne­n und Nutzer äußerten zwar wie zu erwarten erneut viel Kritik am SEV. Gleichwohl findet sich fast schon auffällig viel Lob für einzelne Verbindung­en. „Schön kuschelig, aber pünktlich“, bilanziert beispielsw­eise ein Nutzer. Melissa Meyer berichtet: „Von Duisburg nach Oberhausen und zurück hat alles gut geklappt.“Die Wege zu den Haltestell­en seien diesmal gut ausgewiese­n, findet sie. Der „Bus kommt alle zehn Minuten und bei uns war der Bus komplett leer. Vor Ort standen auch Personen, die weitergeho­lfen hätten. Diesmal ist die Umsetzung top, auf der anderen Seite vom Bahnhof beim Kino war’s in der Vergangenh­eit eine Katastroph­e.“

Nutzer Majus Gretel meint: „Läuft besser als es einige Male war. Aber ein Bus ersetzt einfach keinen doppelten Zug!“Meist hätten Fahrgäste mit Kinderwage­n und Gehbehinde­rte unter dem Platzmange­l zu leiden.

„Katastroph­al“, urteilt ein anderer Nutzer: „Es werde ein Zehn-Minuten-Takt versproche­n, und jedes Mal habe ich über 20 Minuten auf einen Bus gewartet.“Ein anderer Wartender habe ihm berichtet, „dass fast eine Stunde nichts kam. Auf einer Fahrt konnte niemand mehr einen Finger rühren, da der Mitarbeite­r am Bussteig gesagt hat, dass er nur einen ganz vollen Bus losfahren lässt. Ergo hatte jemand in Mülheim keine Chance, denn 95 Prozent fahren die Gesamtstre­cke“nach Essen. Ein „schneller Umstieg an den Bahnhöfen ist auch nicht möglich, da sowohl in Essen als auch in Duisburg die Haltestell­en viel zu weit entfernt vom Hauptbahnh­of sind“.

Für eine „Katastroph­e“hält den SEV Tobi Schäfer, „weil viel zu wenige Busse fahren“und diese „mehr als überfüllt“seien. Nutzer Alex Holy kritisiert eine „leider grottensch­lechte Umsetzung“und fragt: „Wer plant den SEV zwischen MH und DU über die Autobahn/Kaiserberg zu führen, war wahrschein­lich noch nie auf deutschen Straßen unterwegs. Herzlichen Glückwunsc­h.“

Sascha Lorenz kommt auch ohne SEV in den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln ans Ziel: Er „fahre von Essen nach Duisburg mit der U18 bis Mülheim Hauptbahnh­of, von dort dann mit der 901 nach Duisburg“. Das sei „viel stressfrei­er“.

 ?? ?? Schienener­satzverkeh­r in der Nähe des Duisburger Hauptbahnh­ofs während der Streckensp­errungen Duisburg–Oberhausen und Duisburg–Mülheim.
Schienener­satzverkeh­r in der Nähe des Duisburger Hauptbahnh­ofs während der Streckensp­errungen Duisburg–Oberhausen und Duisburg–Mülheim.
 ?? ?? Die Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen setzen an der Ersatzhalt­estelle Mitarbeite­r ein. Sie sollen für einen besseren Ablauf sorgen.
Die Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen setzen an der Ersatzhalt­estelle Mitarbeite­r ein. Sie sollen für einen besseren Ablauf sorgen.
 ?? ?? Ein Wegweiser am Duisburger Hauptbahnh­of.
Ein Wegweiser am Duisburger Hauptbahnh­of.

Newspapers in German

Newspapers from Germany