Neues Teleskop soll Weltall erforschen
Die Firma Vertex aus Duisburg hat mit Wessel aus Xanten und weiteren Partnern eines der modernsten Teleskope entwickelt und gebaut. Wissenschaftler wollen damit die Geburt von Sternen nach dem Urknall erforschen.
XANTEN/HOMBERG In Xanten ist am Donnerstag ein neues Teleskop für die Erforschung des Universums vorgestellt worden. Es wurde von Vertex Antennentechnik entwickelt. Das Unternehmen mit Sitz an der Baumstraße in Duisburg-Homberg hat es zusammen mit Zulieferern gebaut, unter anderem mit der Firma Wessel aus Xanten. Der mittelständische Familienbetrieb war für die Stahlarbeiten verantwortlich. Auf dem Betriebsgelände von Wessel im Gewerbegebiet Birten wurde der 250 Tonnen schwere Koloss zusammengebaut. Das neue Teleskop trägt den Namen Fred Young Submillimeter Teleskops (FYST ), wie die Universität Köln mitteilte. Wissenschaftler aus den USA, Kanada und Deutschland wollen damit mehr über die Geburt der ersten Sterne nach dem Urknall und über die Entstehung von Sternen und Galaxien erfahren. Dafür arbeiten verschiedene Forschungseinrichtungen zusammen: die Cornell University (USA), die Universität Köln, die Universität Bonn, das Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching sowie ein kanadisches Konsortium aus mehreren Universitäten.
Das FYST sei eines der modernsten Teleskope seiner Art, erklärte die Universität Köln weiter. Es habe einen Spiegeldurchmesser von sechs Metern. Damit sei es für den Betrieb im Submillimeter- bis MillimeterWellenlängenbereich ausgelegt und könne Wellenlängenbereiche beobachten, die nur wenige andere Teleskope überhaupt auffangen könnten. Dadurch werde es möglich sein, besser als bisher zu verstehen, was nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren passiert sei und wie Sterne, Galaxien, später die Sonne und die Erde entstanden seien, sagte Prof. Martha Haynes von der Cornell University in Ithaca (USA) am Donnerstag in Xanten. Mit dem Teleskop werde die Geschichte des Universums erforscht, ergänzte Prof. Dominik Riechers von der Universität Köln. „Wir können die gesamte Evolution von Galaxien über mehr als 13 Milliarden Jahre studieren.“
Das Teleskop mache den Wissenschaftlern einen Wellenlängenbereich zugänglich, „der uns sonst verschlossen bleibt“, sagte Stefanie Walch-Gassner, Präsidentin der Astronomischen Gesellschaft. „Mit Spannung“erwarte sie die neuen Erkenntnisse durch das FYST. Er sei Physiker, „mein Herz schlägt schneller“, wenn er sich vorstelle, welche Beobachtungen das Teleskop ermögliche, sagte Karsten Gerlof, Kanzler der Universität Köln.
Dass dieses Teleskop in Xanten gebaut werde, sei „ein großer Moment für unsere kleine Stadt und ein starkes Zeichen für unseren Standort“, sagte Bürgermeister Thomas Görtz. Er lobte alle Beteiligten – vom Finanzier bis zum Erbauer – für den Mut, zusammen dieses Projekt umgesetzt zu haben: „Sie haben etwas Großes geschaffen, im wahrsten Sinne des Wortes.“Edeltraud Klabuhn, Bürgermeisterin der Stadt Duisburg, nannte es ein Verdienst von Vertex und der anderen Unternehmen, dass Forscher in die Lage versetzt würden, „unsere Grenzen weiter zu stecken und auf das zu schauen, was hinter dem Horizont liegt“.
Am Teleskop sind noch Arbeiten erforderlich. Unter anderem fehlen die Spiegel. Es sind auch weitere Testläufe geplant. Ende des Jahres soll das Teleskop in Einzelteile zerlegt werden, um vom Niederrhein nach Südamerika transportiert zu werden. In der chilenischen Atacamawüste soll es in einer Höhe von 5600 Metern wieder aufgebaut werden. Für die Forschungen werde ein hoher und trockener Standort benötigt, erklärte die Universität Köln. Die Beobachtungen des Weitwinkel-Teleskops würden durch den Wasserdampf in der Erdatmosphäre leicht verzerrt. Deshalb werde das FYST auf dem Berg Cerro Chajnantor in der Atacamawüste aufgebaut. 2025 soll es in Betrieb gehen.
Vertex Antennentechnik ist ein Entwickler und Hersteller von Antennen und Teleskopen. Mit Wessel haben die Duisburger vor wenigen Jahren den Bau von insgesamt zwei Teleskopen vereinbart. Die erste Anlage wurde 2022 vorgestellt. Sie steht bereits in der Atacamawüste, ist aber noch nicht in Betrieb.
Die beiden Teleskope seien die erste Zusammenarbeit mit Wessel, sagte Vertex-Geschäftsführer Peter Fasel. Das Unternehmen habe sich einen Partner gesucht, der in der Nähe sei, wo das Teleskop aufgebaut und getestet werden könne, bevor es nach Südamerika transportiert werde. Und die Xantener hätten „die beste Qualität“geliefert, die Vertex bisher erlebt habe.
Wessel ist ein Druckteilbauer für Industrieanlagen. Stahlbau gehört zu den Kompetenzen des Familienbetriebs. Am Teleskop haben die Xantener den Stahlbau übernommen. „Jeder Stahlträger, den Sie am Teleskop sehen, ist von uns zugeschnitten, verschweißt und zusammengebaut worden“, erklärte Wessel-Geschäftsführer Patrick Lensing. Die Schweißarbeiten hätten unter einem Millimeter genau sein müssen.
Die Herausforderung bei dem Bau des Teleskops sei, dass es in einer Höhe von 5600 Metern funktionieren und für die Beobachtungen des Weltalls so genau ausgerichtet werden könne, als wenn von Xanten aus ein Spatz auf dem Kölner Dom getroffen werden müsse, erklärte Fasel. Es gebe weltweit nur wenige Firmen, die ein solches Instrument wie das FYST „von einer Idee bis zu einem funktionierenden Teleskop in 5600 Metern Höhe“konstruieren könnten.