Asdonkshof auf Weg zum Energiezentrum
neue Bioabfallbehandlungsanlage mit Teilstromvergärung im Abfallentsorgungszentrum Asdonkshof (AEZ) soll noch im April in den regulären Betrieb gehen. Der Fermenter, das Herzstück dieses Anlagenteils, produziert bereits Biomethan aus Bioabfällen. So können die CO2 -Emissionen am Standort um 2 rund 10.000 Tonnen im Jahr reduziert. Nebenbei entstehen Qualitätskompost und grüner Strom. Das Verfahren ist innovativ: Als zweite Anlage ihrer Art leistet sie einen Beitrag zur Deckung des Primärenergieverbrauchs durch Bioabfälle, ohne flüssige Gärreste zu erzeugen.
KAMP-LINTFORT Es brodelt im Fermenter. Blasen steigen auf, wie in einem Moor, das dunkel ist, sich nicht zu verändern scheint, obwohl es sich ständig wandelt, wie das Leben. Dabei pulsiert das Leben der Bakterien im Fermenter bei 58 Grad, um gut 20 Grad wärmer zu sein als im menschlichen Körper mit 37 Grad. „Die Bakterien mögen es muckelig warm“, sagt Hans-Georg Kellermann und schmunzelt, während er durch eines der beiden Gucklöcher in den Fermenter schaut. „Wie die Menschen leben sie am liebsten bei konstanter Temperatur. Bei 58 Grad produzieren sie besonders viel Biomethan.“
Kellermann ist Betriebsleiter des Abfallentsorgungszentrums Asdonkshof, das 1998 um zwei Müllofen entstand. Es trägt „Energie“zwar schon im Unternehmensclaim „Mit Energie für die Umwelt“, denn seit über 25 Jahren erzeugt das AEZ am Standort Strom und Fernwärme aus Haus- und Gewerbemüll. Mit dem neuen Biowerk entwickelt sich der Asdonkshof konsequent weiter in Richtung Energiezentrum. Schließlich produziert der neue Fermenter bis zu rund 2,7 Millionen Kubikmeter im Jahr, mit dem mit Hilfe von zwei Blockheizkraftwerken rund sechs Millionen Kilowattstunden grüner Strom erzeugt wird.
Außerdem ist eine Anlage in Planung, um separat Klärschlamm zu verbrennen und auch aus diesem Strom und Fernwärme zu erzeugen. Über den Fermenter kann am AEZ der CO2-Ausstoß um 10.000 Tonnen im Jahr reduziert werden. Dies entspricht, immerhin dem durchschnittlichen Jahresausstoß von fast 900 Bundesbürgern.
Der Fermenter ist der MagenDarmtrakt der Vergärungsanlage, die seit Oktober 2023 Schritt für Schritt hochgefahren wird (RP berichtete). Seine Nahrung sind Bioabfälle, die aus dem Kreis Wesel mit Müllautos und aus dem Kreis Viersen mit Sattelzügen angeliefert werden. „Es sind bis zu 20 Lastwagen täglich“, erläutert der stellvertretende Teamleiter Patrick Linz. „Der Bioabfall besteht zum Beispiel aus Garten- oder Küchenabfällen. Der Küchenabfall sollte unbedingt ohne Plastiktüten oder Umverpackungen im Biomüll landen. Auch sollten Etiketten von Obstschalen entfernt sein, zum Beispiel die kleinen Kunststoffaufkleber auf Bananen.“
Die Bioabfälle werden von den Lastwagen in einer Halle abgekippt, die mit einem Schnelllauftor versehen sind. „Die Tore öffnen nur für wenige Sekunden, wenn der Lastwagen hineinfährt“, erzählt Patrick Linz. „Direkt danach schließen sie. Außerdem sind Luftschleusen eingebaut, wie an den Eingängen eines Kaufhauses. Dadurch dringt fast keine Luft und damit vor allem kein Geruch nach außen, wie auch in allen anderen Teilen der Anlage“, sagt Linz.
Radlader laden den Bioabfall auf, um diesen über dem Trichter eines Zerkleinerers abzuladen. Der Bioabfall wird zerkleinert, von Eisenmetallen befreit und anschließen abgesiebt. Teile, die größer als 60 Millimeter sind, werden direkt in die Rottetunnel verbracht. Die Teile, die bis zu 60 Millimeter lang sind, werden in einen Zwischenbunker gefördert, um kontinuierlich per Automatikkran in den Fermenter gegeben zu werden. Dort werden sie Teil der gärenden Masse, die von sechs großen Rührwerken bewegt wird.
Dort verbleibt die Masse bis zu 21 Tage, um Methangas und Kohlenstoffdioxid als Blasen aufsteigen zu lassen, aber auch andere Gase, zum Beispiel Schwefeldioxid oder Ammoniak. „Das Gas durchläuft einen Biofilter, der mit Wurzelholz belegt ist“, erläutert Patrick Linz. „Am Wurzelholz setzen sich Bakterien fest, die das Gas von schädlichem Schwefelwasserstoff befreien. Danach kommen noch Aktivkohlefilter
zur Nachreinigung. Über zwei Blockheizkraftwerke wird aus dem gereinigten Gas grüner Strom produziert. Sie laufen zu den Verbrauchsspitzen. Die gibt es unter anderem, wenn mittags viel Strom verbraucht wird, aber beim Wind gerade Flaute herrscht und die Sonne wenig scheint.“
Im Fermenter entsteht ein zähflüssiger Brei, der sogenannte Gärrest, aber nur als Zwischen- nicht als Endprodukt. Dieser wird mit dem groben Bioabfall gemischt, der zu Beginn zur Seite gelegt und sortiert wurde. Dieser wird in belüfteten Rottetunneln, die wie übergroße Garagen aussehen, kompostiert. Das Material benötigt nicht mehr als drei bis vier Wochen, um zu Kompost zu werden. Anschließend wird dieser nachbehandelt, beispielsweise werden durch einen Windsichter noch verbliebene Kunststoff-Folienreste herausgeholt. Der Qualitätskompost wird vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt. Derzeit wird das alte Kompostwerk auf dem Anlagengelände für diese Nachaufbereitung umgebaut. Aktuell werden die Komposte noch durch eine mobile Anlage aufbereitet.
Rund 67.500 Tonnen Bioabfall werden zukünftig aus beiden Kreisen jährlich am Asdonkshof angeliefert, rund 23.000 Tonnen davon werden fermentiert. Im Laufe des Aprils soll das neue Werk von der Bezirksregierung abgenommen werden, um vom Probebetrieb in den regulären Betrieb gehen zu können. „Es ist die erste Vergärungsanlage ihrer Art im Regierungsbezirk Düsseldorf“, freut sich Hans-Georg Kellermann. „In St.
Augustin im Rhein-Sieg-Kreis nordöstlich von Bonn ist eine ähnliche Anlage zu finden. Sie ist baulich fast gleich und wurde drei Monate eher fertiggestellt.“
„Durch die neue Anlage mit ihrer innovativen Technologie haben der Kreis Wesel und der Kreis Viersen in einer gemeinsamen Anstrengung einen großen Schritt für den Klimaschutz getan“, sagt KWA-Geschäftsführer Peter Bollig. „Wir sind stolz darauf, dass dies an unserem Standort realisiert wurde. Das Hochfahren der Anlage hat dank der Inbetriebnehmer und unserer Mannschaft bisher so gut funktioniert.“
Bis zu 40 Millionen Euro investiert der Bioabfallverband Niederrhein, hinter dem die Kreise Viersen und Wesel auch als Gesellschafter der Kreis Weseler Abfallgesellschaft Regio stehen. Die Bausumme bleibt in der geplanten Höhe. Fünf Millionen Euro werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Anders als in den skandinavischen Ländern, zum Beispiel Dänemark, wo 20 Prozent des Gasbedarfes aus Biomethan gedeckt werden, ist in der Bundesrepublik diese innovative Technologie bisher kaum im Blickfeld.
Wenn es um erneuerbare Energien geht, werden zunächst Windkraft und Photovoltaik, Wasserkraft und Erdwärme genannt. Der Anteil von Biomethan liegt bei weniger als einem Prozent des Primärenergieverbrauchs, obwohl über zehn Prozent denkbar wären, wenn die anfallenden Biomaterialien konsequent genutzt würden. „Die neue Anlage wirbt dafür, diesen Anteil zu steigern“; sagt Peter Bollig.