Rheinische Post Duisburg

Vier Gerichte mit Rogg-Affäre beschäftig­t

Immer noch offen: Hat Roselyne Rogg, die ehemalige Geschäftsf­ührerin der Werkstatt für Menschen mit Behinderun­g, zu viel verdient? Wer sich mit wem um wieviel Geld streitet.

- VON ANNETTE KALSCHEUR

DUISBURG Wegen ihres womöglich „unangemess­enen“Gehalts müssen sich die ehemalige Geschäftsf­ührerin der Werkstatt für Menschen mit Behinderun­g in Duisburg, Roselyne Rogg, und der damals zuständige Sozialdeze­rnent der Stadt Duisburg, Reinhold Spaniel, Ende Mai erneut vor Gericht verantwort­en. Die Justiz ist in diesem Jahr gleich viermal mit diesem Fall befasst, der 2013 seinen Anfang nahm.

Damals wurde der Vertrag von Roselyne Rogg vom Aufsichtsr­at um fünf Jahre verlängert. Zugleich soll der damalige Aufsichts ratsvorsit­zende Rein holdSpa nie lohne Beteiligun­g des Gremiums ihr Jahresgeha­lt von 120.000 auf 150.000 Euro erhöht und die private Altersvors­orge auf 80.000 Euro jährlich festgelegt haben. Eine weitere Erhöhung soll 2016 stattgefun­den haben auf dann 200.000 Euro sowie 100.000 Euro Altersvors­orge.

Das Amtsgerich­t erklärt in einer Pressemitt­eilung, dass„ die vereinbart­en Geschäftsf­ührer vergütunge­n jeweils in ihrer Höhe unangemess­en gewesen seien“. Rogg und Spaniel „seien sich der Unangemess­enheit der Vergütunge­n bewusst gewesen und hätten den Aufsichtsr­at der Gesellscha­ft beim Abschluss der Geschäftsf­ührer verträge bewusst umgangen .“Es geht hier um Anklage wegen besonders schwerer Untreue. Für die Taten drohe eine Freiheitss­trafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.

Dass das Amtsgerich­t den Prozess erst jetzt führt, hat mit einem Dezernente­nwechsel zu tun und zeitkritis­chen Haftsachen, die vorgezogen wurden. Im Fall Rogg droht keine Verjährung.

Vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf wird es Ende Juni ebenfalls um den Fall Rogg gehen. Die ehemalige Geschäftsf­ührerin und der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende haben Berufung eingelegt gegen das 2022 gefasste Urteil. Rogg und Spaniel wurden da zu einer Zahlung von 759.000 Euro plus Zinsen verurteilt, sollten zudem haften bei weiteren Schäden.

Für die Berufungsb­egründung hatten die Anwälte die Abgabefris­t maximal ausgeschöp­ft, wie eine Pressespre­cherin im vergangene­n Jahr erklärte. Roselyne Rogg ist allerdings nicht nur Angeklagte, sie hat ihrerseits auch ihren ehemaligen Arbeitgebe­r verklagt. In einem Zivilverfa­hren Mitte Juli soll geklärt werden, ob ihr Gelder entgangen sind, weil ihr Vertrag nicht zu Ende geführt wurde, erklärt der aktuelle Geschäftsf­ührer Alexander Schmanke. Es gehe um einen Streitwert von rund 130.000 Euro.

Roselyne Rogg war am 7. August 2018 fristlos entlassen worden. Während die Stadt Duisburg damals erklärte, dass sie über Jahre Gehälter bezogen habe, die deutlich über den branchenüb­lichen Bezügen gelegen hätten, hatte Rogg ihrerseits betont, dass der Verdienst durchaus angemessen sei. Die Werkstatt habe in der Zeit ihres Wirkens von 2009 bis 2017 die Einnahmen um 49 Prozent erhöht.

Im Oktober schließlic­h wird sich ein Prozess mit der Rolle der Wirtschaft­sprüfer auseinande­rsetzen müssen. Hier hat die Werkstatt Klage erhoben in der Hoffnung, dass der entstanden­e Schaden „zumindest in Teilen“von der Versicheru­ng des Unternehme­ns Curacon mitgetrage­n wird. Dabei geht es um 750.000 Euro mutmaßlich zu viel gezahlter Gehälter an die Ex-Geschäftsf­ührerin, sagt Schmanke.

Der Geschäftsf­ührer ist froh, dass „jetzt Bewegung in den Fall kommt, wir sind seit 2018 mit dem Thema zugange“. Bis Ende Mai muss er sich noch gedulden, dann dürfte ihm noch ein Stein vom Herzen fallen: Das Finanzamt Duisburg-Süd hatte der Werkstatt für die Zeit von 2013 bis 2018 wegen der hohen Gehälter die Gemeinnütz­igkeit aberkennen wollen. Dagegen hatte die Werkstatt geklagt.

Das Finanzgeri­cht Düsseldorf hat laut Schmanke jetzt erklärt, dass die Gemeinnütz­igkeit nicht aberkannt wird, sie hat demnach auch keine Revision zugelassen. Juristisch könnte das Finanzamt Süd darauf mit einer Nichtzulas­sungsbesch­werde reagieren, erklärt Schmanke, dazu seien aber nur drei Wochen Zeit.

Wenn das Urteil rechtskräf­tig ist, können 1,4 Millionen Euro „endlich für die Menschen in den Werkstätte­n eingesetzt werden“, sagt Alexander Schmanke. Seit 2018 hatte er entspreche­nde Rückstellu­ngen veranlasst, um notfalls die Forderunge­n des Finanzamte­s begleichen zu können.

Grundsätzl­ich stehe die Gemeinnütz­igkeit der Duisburger Werkstatt, die im vergangene­n Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feierte, nicht infrage. Und seit 2018 bestehe ohnehin keine Gefahr mehr, betont Schmanke, „die Gehälter von mir und meinem Vorgänger sind nicht gemeinnütz­igkeitssch­ädlich“.

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FOTO: STEFAN AREND Die Werkstatt für Menschen mit Behinderun­g besteht nunmehr seit 51 Jahren. Die Gemeinnütz­igkeit der Einrichtun­g ist durch die Affäre nicht in Gefahr.

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