Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Thomas Jarzombek über die Grünen

Der Vorsitzend­e der CDU Düsseldorf spricht über Wohnen, Verkehr, den Kohleausst­ieg und den Grünen-erfolg.

- ARNE LIEB UND UWE-JENS RUHNAU FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

Der Vorsitzend­e der CDU spricht über die Wähler, den Grünen-erfolg und die wichtigen Themen im Düsseldorf­er Wahlkampf.

Am Abend der Kommunalwa­hl im Mai 2014 haben Sie der damaligen Grünen-chefin Mona Neubaur eine SMS geschriebe­n und um Koalitions­verhandlun­gen gebeten. Haben Sie nach dem Ergebnis der Europawahl sicherheit­shalber auch schon mal die Grünen kontaktier­t? Thomas Jarzombek Nein. Damals lagen Verhandlun­gen auf der Hand, weil wir gemeinsam genügend Sitze für ein Zweierbünd­nis gehabt hätten. Man kann ja am Ampel-bündnis aus SPD, Grünen und FDP gut sehen, dass eine Dreierkons­tellation schwierig ist. Wir hatten gute Gespräche, auch wenn sich die Grünen anders entschiede­n haben. Inhaltlich ist uns aber nach wie vor die FDP am nächsten. Ich glaube, mit den Liberalen können wir viele Gemeinsamk­eiten entwickeln.

Dass die Grünen die stärkste Kraft in Düsseldorf sind, muss die CDU aber erschrecke­n, oder?

Jarzombek Es fällt vor allem auf, dass sich ein großer Teil der Düsseldorf­er von Wahl zu Wahl neu entscheide­t. Ungefähr ein Viertel der Wähler schwankt zwischen Grünen, FDP und CDU, früher auch einer pragmatisc­hen SPD. Wir wollen diese Wähler bei der Kommunalwa­hl wieder für uns gewinnen. Dafür müssen wir uns gut aufstellen.

Sind die Grünen nun der neue Hauptkonku­rrent der CDU? Jarzombek So sehe ich das nicht. Wir müssen uns als CDU natürlich kritisch fragen, ob wir nicht in den letzten Jahren zu sehr über ein Thema geredet und andere Themen dabei vernachläs­sigt haben. Nachhaltig­keit ist ein Thema der CDU. Wir unterschei­den uns aber deutlich von den Grünen, weil wir hier pragmatisc­her sind. Die Grünen haben außerdem davon profitiert, im Bund Opposition zu sein – in Düsseldorf sind wir die einzige Alternativ­e jenseits der Radikalen.

Was ist denn eine „pragmatisc­he“Nachhaltig­keit? Wo verläuft die Grenze?

Jarzombek Wir haben Hunderttau­sende Berufspend­ler in Düsseldorf. Die werden nicht morgen alle mit dem Rad kommen können. Mobilität muss für jeden möglich und bezahlbar bleiben. Dazu müssen wir die Alternativ­en zum Auto erst ausbauen. Auch beim Klimaschut­z müssen wir Augenmaß behalten. Der Kohleausst­ieg ist richtig, aber daran hängen auch viele Arbeitsplä­tze. Ein deutlich kurzfristi­gerer Ausstieg ist aber unrealisti­sch. Wir dürfen den Menschen nicht den Boden unter den Füßen wegziehen, sonst haben wir am Ende hier eine Gelbwesten-bewegung wie in Frankreich.

Auffallend ist die Stärke der Grünen in Großstädte­n. Hat die CDU ein Großstadt-problem? Jarzombek Die Grünen haben bei der Europawahl in vielen Großstädte­n gewonnen. Im Vergleich zu anderen Großstädte­n ist das CDU-ERgebnis in Düsseldorf aber deutlich besser. Und: Hier ging es auch um Bundespoli­tik, die in den Augen vieler Wähler nicht gut läuft. Erst die lange Zeit bis zur Regierungs­bildung, dann die Probleme in der Groko. Wir konnten die gewohnte Stabilität zuletzt nicht liefern.

Die andere Düsseldorf­er CDU-BUNdestags­abgeordnet­e, Sylvia Pantel, fordert, dass die Union sich stärker auf ihre konservati­ven Wurzeln besinnt. Sie selbst gelten als Anhänger eines liberalen Wirtschaft­sflügels. Ein ähnlicher Richtungss­treit deutet sich im Bund an. Jarzombek Ich glaube, dass die Wählerscha­ft heute so fragmentie­rt ist, dass es nicht mehr einen einfachen Weg gibt. Unsere Stärke als Volksparte­i war immer, dass wir unterschie­dliche Charaktere bieten, die unterschie­dliche Zielgruppe­n ansprechen. Nur so erreicht man Ergebnisse von 30 bis 40 Prozent bei Wahlen.

Welche anderen Themen werden im Düsseldorf­er Wahlkampf wichtig? Jarzombek Neben der Mobilität ganz sicher das Wohnen.

Die CDU denkt dabei über Grenzen des Bevölkerun­gswachstum­s nach. Wo ist denn die Grenze?

Jarzombek Dafür gibt es keine konkrete Zahl, wir wollen die Stadt nicht einfrieren. Aber es wird immer offensicht­licher, welche Folgen der Bauboom der letzten Jahre hat. Ich habe kürzlich eine Kita in Gerresheim besucht. Sie hatte Platz für 73 Kinder, aber 200 weitere standen auf der Warteliste. Die Infrastruk­tur muss mitwachsen können. Und Düsseldorf muss seinen Charakter behalten. Man darf nicht jeden Hinterhof zupflaster­n, um noch mehr Wohnungen zu schaffen.

Aber die Nachfrage ist da. Wie kann die Stadt steuern?

Jarzombek Zum Beispiel, indem Baugrundst­ücke anders vergeben werden. Ich höre aus den Bezirksver­tretungen, dass nur noch sehr finanzstar­ke Investoren zum Zuge kommen. Wesentlich­er Grund sind die hohen Kaufpreise durch die Auktionsve­rfahren. Dadurch entstehen am Ende teure und austauschb­are Wohnobjekt­e. Düsseldorf muss weg von den großen Investoren hin zu mittelstän­dischen Bauherren. Wir brauchen mehr Vielfalt und Verantwort­ung.

Was werden denn die konkreten Wahlkampff­orderungen der CDU? Jarzombek Wir wollen diese im Dialog mit den Bürgern bestimmen. Dazu werden wir in der zweiten Jahreshälf­te viele Veranstalt­ungen machen, auch neue Formate wie Barcamps. Heute funktionie­rt Politik nicht mehr so, dass sich die fünf vermeintli­ch Schlausten im stillen Kämmerchen einschließ­en. Wir setzen auf den Dialog mit den Menschen unserer Stadt.

Die mögliche Kandidatur von Hildegard Müller als Oberbürger­meisterin ist seit Monaten Gesprächst­hema. Viele munkeln, sie hätte längst abgesagt...

Jarzombek Diese Spannung kann ich leider nicht nehmen, zu OB-KANdidaten sage ich noch nichts.

Was für ein Profil suchen Sie denn? Jarzombek Im Moment gibt es noch unterschie­dliche Modelle. Sicher ist: Die Kandidatin oder der Kandidat braucht ein Gefühl für Düsseldorf und muss Teamplayer sein. Wir sehen am Amtsinhabe­r, dass man mit ständigen Alleingäng­en nicht weit kommt.

Sie wollen den Kandidaten überrasche­nd spät vorstellen.

Jarzombek Wir präsentier­en unsere Kandidatin/unseren Kandidaten Anfang 2020. Gerade lernen wir ja auf Bundeseben­e, dass zu lange Zeiträume nicht gut sind. Wir setzen auf einen konzentrie­rten Wahlkampf.

Sie könnten ja auch selbst antreten. Jarzombek Ich sehe meine Aufgabe in Berlin, dafür wurde ich von den Menschen in meinem Wahlkreis gewählt.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Mobilität und Wohnen: Das sind für Thomas Jarzombek die Themen im Düsseldorf­er Wahlkampf.

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