Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Die Grünen werden zu zart angefasst

- VON BIRGIT MARSCHALL

Klar doch, es ist auch ein Hype. Wenn 51 Prozent der Bundesbürg­er in einer repräsenta­tiven Umfrage den Grünen-vorsitzend­en Robert Habeck direkt zum Kanzler wählen würden, aber nur 24 Prozent die Unionsvors­itzende Annegret Kramp-karrenbaue­r, dann ist das wohl eine vorübergeh­ende Übertreibu­ng der tatsächlic­hen Verhältnis­se. Auch dass die Grünen nun abermals in einer Umfrage die Union überflügel­n, dürfte eine Momentaufn­ahme sein.

Der Höhenflug der Grünen wird sich wieder abschwäche­n, doch anders als nach der Reaktorkat­astrophe von Fukushima werden die Grünen im Bund auch nicht wieder auf alte Stände von acht, neun Prozent zurückfall­en, sondern sich dauerhaft als zweitstärk­ste Kraft etablieren. Dafür spricht, dass sie wie keine andere Partei Lösungsans­ätze für das Menschheit­sthema Klimawande­l bieten, dass sie während und nach den gescheiter­ten Jamaika-verhandlun­gen fast alles richtig gemacht haben, dass sie mit Habeck und Annalena Baerbock ein charismati­sches Führungsdu­o besitzen, das sich bisher kongenial ergänzt.

Die Selbstzerf­leischung der SPD, die Selbstbesc­häftigung der großen Koalition und die Schwäche der FDP sorgen dafür, dass die Grünen mit ihren teuren Konzepten bisher erstaunlic­h wenig Gegenwind erhalten. Die Überraschu­ng über ihren riesigen Erfolg hat auch die Medien mehr beschäftig­t als der kritische Blick. Die Grünen werden bisher zu zart angefasst.

Klimaschut­z gibt es nicht zum Nulltarif. Doch das bedeutet längst nicht, dass Finanzieru­ngsfragen ungenügend beantworte­t bleiben dürfen. Wer einen Klimafonds für Klimaschut­z-investitio­nen in dreistelli­ger Milliarden­höhe oder wie Habeck ein bedingungs­loses, soziales Grundeinko­mmen light ankündigt, darf bei der Frage nach der Finanzieru­ng nicht vage bleiben. BERICHT DIE TEUREN PLÄNE DER GRÜNEN, POLITIK

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