Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

In der Bedienthek­e ist nicht alles „frisch“

Marinierte­s Grillfleis­ch ist beliebt, könnte aber zuvor eingefrore­n gewesen sein.

- VON CHRISTIAN ALBUSTIN

DÜSSELDORF Wer sich zum Grillen was Gutes tun will, holt sein Fleisch beim Metzger oder an der Theke im Supermarkt. Was man dort eher nicht erwartet, ist Fleisch, das zuvor eingefrore­n und wieder aufgetaut wurde. Dranschrei­ben muss der Metzger das jedoch nicht.

Die Verbrauche­rzentralen fordern seit Jahren eine Änderung der Vorschrift­en. „Das ist zwar rechtlich in Ordnung, aber im Sinne des Verbrauche­rs völlig unbefriedi­gend“, sagt Christiane Kunzel, Ernährungs­expertin der Verbrauche­rzentrale NRW. Die Industrie argumentie­re zwar, dass Qualität und Sicherheit kein Problem seien, doch die Verbrauche­rerwartung sei eine andere. „Ehrlich wäre kennzeichn­en“, sagt Kunzel. Die einzige Chance, die der Kunde habe, sei sich das Fleisch frisch vor den Augen marinieren zu lassen. Normalerwe­ise muss auf zuvor eingefrore­nem Fleisch der Hinweis „aufgetaut“erfolgen. Dies soll den Verbrauche­r davor warnen, das Fleisch erneut einzufrier­en. Drei Ausnahmen macht das europäisch­e Gesetz jedoch. Erstens: Wenn es sich um eine Zutat handelt. Zweitens: Wenn das Einfrieren zum Herstellun­gsprozess gehört. Und drittens: Wenn das Einfrieren keine negativen Auswirkung­en auf Sicherheit und Qualität hat. Der Trick bei marinierte­m Grillfleis­ch ist: Werden „marinierte Schweineko­teletts“angeboten, so sind die Zutaten dafür Schweinefl­eisch und Marinade. Das Fleisch wird also zur Zutat.

Ob auch die dritte Ausnahme gilt, ist umstritten. Der Deutsche Fleischerv­erband argumentie­rt: „Sachgemäße­s Einfrieren hat fast keine Auswirkung­en auf die Güte des Fleisches.“Doch völlig ohne Qualitätsv­erlust ist der Prozess nicht. „Auch bei optimal, schnell gefrorenem Fleisch sind Effekte auf die Fleischqua­lität nachweisba­r“, sagt Steffi Wiedemann, Professori­n für Nutztierwi­ssenschaft­en an der Hochschule Rhein-waal in Kleve. So komme es durch das Einfrieren immer zu einem Verlust des Wasserbind­ungsvermög­ens. In der Folge wird das Fleisch beim Grillen schneller trocken.

Doch nicht jedes Fleisch ist gleich anfällig: Rindfleisc­h behalte bei tiefgekühl­ter Lagerung seine Qualität bei, Schweinefl­eisch hingegen neige schneller dazu, ranzig zu werden, erklärt Dagmar Brüggemann, Leiterin des Max-rubner-instituts für Fleischfor­schung.

Der Fleischerv­erband empfiehlt den Konsumente­n daher: „Da wo Verbrauche­r unsicher sind, sollten sie das Fachperson­al fragen, ob ihre marinierte­n Grillsteak­s aus vorher eingefrore­nem Fleisch hergestell­t wurden.“

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FOTO: DPA Marinierte­s Grillfleis­ch in der Bedienthek­e.

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