Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Sozialkaufhaus: Zukunft ungewiss
Rund 200 Menschen arbeiten für das Caritas-haus in Bilk, doch im Sommer 2020 sollen sie umziehen. Das Gebäude an der Völklinger Straße weicht einem neuen Wohn- und Büroquartier.
Der Standort an der Völklinger Straße soll Platz machen für ein Wohn- und Büroquartier. Die 200 Mitarbeiter müssen im Sommer 2020 raus.
In der Raucherecke am Sozialkaufhaus der Caritas in Bilk geht es um die Zukunft. Die Kündigung des Standortes, zu dem auch eine Schreinerei, ein Bistro sowie weitere Serviceabteilungen gehören, treibt die 200 Mitarbeiter um. Im Juni 2020 soll alles geräumt sein. „Wo landen wir? Können überhaupt alle mit? Wie soll ich ans andere Ende der Stadt kommen?“, fragen einige. Tatsächlich ist offen, wie und vor allem wo es weitergeht. Eine Option ein paar Kilometer weiter wird gerade geprüft – Ausgang offen. Auch Bürger, die an der Völklinger Straße Gartenarbeiten oder Entrümpelungsdienste einkaufen, und Kunden, die auf die günstigen Gebrauchtwaren angewiesen sind, machen sich Sorgen. Die Fakten im Überblick.
Warum wird der Standort aufgegeben? Der Düsseldorfer Projektentwickler Gentes plant auf dem Areal ein gemischt genutztes „Quartier V24“mit voraussichtlich 48.000 Quadratmetern Fläche. Einen dreistelligen Millionen-betrag will die Gruppe investieren. Geplant sind eine fünf- bis siebengeschossige Bebauung sowie ein Hochhaus. Auf etwa der Hälfte der Fläche entstehen 250 Wohnungen, der Rest ist für Büros sowie für eine gewerbliche Nutzung (Einzelhandel, Fitness) vorgesehen. Dafür wird die bestehende Bebauung abgerissen. „Die Gruppe hat uns frühzeitig informiert und ist fair mit uns umgegangen, aber das löst nicht unser Standort-problem“, sagt Caritas-sprecherin Stephanie Agethen.
Was macht die Suche nach Alternativen so schwer? Die meisten der 200 Mitarbeiter erhalten Lohnzuschüsse des Jobcenters oder werden anderweitig öffentlich gefördert. Viele waren Langzeitarbeitslose. Einige hatten noch nie eine Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt. Jetzt werden sie im Garten- und Landschaftsbau oder in der Recycling-abteilung beschäftigt. Der Sozial-standort versorgt also nicht nur ärmere Düsseldorfer mit Textilien, Möbeln und anderem Hausrat, sondern baut auch Menschen mit gesundheitlichen, sozialen und persönlichen Problemen eine Brücke in eine selbstbestimmtere Zukunft. „Als Sozialunternehmen machen wir keine Profite, sondern kalkulieren ausschließlich kostendeckend. Miet- und Immobilienpreise, wie sie am freien Markt in Düsseldorf üblich sind, können wir uns in vielen Vierteln nicht leisten“, sagt René Trenz. Der 53-Jährige hat das Sozialkaufhaus vor 31 Jahren mit aus der Taufe gehoben und auch die Zusammenlegung der Angebote an der Völklinger Straße im Jahr 2001 organisiert. „Vor 18 Jahren hatten wir Mietkosten von etwa 150.000 Euro, inzwischen zahlen wir pro Jahr 240.000 Euro – ohne Nebenkosten“, sagt er. Und wo liegt die Schmerzgrenze? „Vor dem Hintergrund, dass wir pro Jahr 4,3 Millionen Euro Kosten erwirtschaften müssen, sind Beträge jenseits von 300.000 Euro kaum darstellbar.“
Welche Folgen drohen? Findet sich kein Objekt, müsste die Caritas überlegen, die Angebote über das Stadtgebiet zu verteilen. Dass es aber für alle Abteilungen gleich Anschluss-lösungen gibt, ist unwahrscheinlich. „Es könnten geförderte Arbeitsplätze in größerer Zahl wegfallen“, sagt Trenz. Seine Sorge: Sind diese Plätze erst einmal weg, kann sie der Wohlfahrtsverband später nur schwer wieder zurückholen. Und das könnte für bestimmte Abteilungen im schlimmsten Fall das Aus bedeuten.
Welche Optionen gibt es? Entscheidend ist die Lage. Soll das Modell weiter erfolgreich sein, kommen Objekte im Westzipfel von Heerdt oder in Garath nicht infrage. „Das Kaufhaus würde von zu wenigen genutzt und auch die Bürger, die uns mit gut erhaltenen Gebrauchtmöbeln oder Kleidung versorgen, würden sich überlegen, ob sie ihre Sachen 15 Kilometer durchs Stadtgebiet kutschieren“, sagt Trenz. Hinzu kommt. dass in dem neuen Areal gemischte Nutzungen erlaubt sein müssen. „Einzelhandel wie im Sozialkaufhaus ist in einem reinen Industriegebiet nicht genehmigungsfähig.“Ein bisschen neidisch blickt der Mann der ersten Stunde über den Rhein: „Im Neusser Raum hat ein gut-katholischer Unternehmer ein Gebäude für ein ähnliches Projekt kostenfrei bereit gestellt.“Doch auf kleine Wunder wollen er und sein Kollege Christian Ellmann (42), der das Sozial-kaufhaus leitet, nicht warten. „Wir sind in der Verantwortung und werden eine gute Lösung finden.“