Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Trotz Sieg in Görlitz ist die CDU in Ostdeutschland unter Druck
Thüringens Landeschef Mike Mohring verbittet sich in der Präsidiumssitzung weitere Störmanöver während der Landtagswahlkämpfe im Osten.
BERLIN (qua) Selten hat der Sieg eines Cdu-politikers im Kampf um ein Oberbürgermeisteramt bundespolitisch so hohe Wellen geschlagen wie der Erfolg von Octavian Ursu im sächsischen Görlitz. Er wurde am Sonntagabend im Koalitionsausschuss und am nächsten Morgen im Cdu-präsidium gefeiert.
Parteichefin Annegret Kramp-karrenbauer strich allerdings prompt wieder Kritik ein, weil sie beim Kurznachrichtendienst Twitter den Sieg von Ursu allein als Erfolg der CDU rühmte. Daraufhin hagelte es böse Kommentare von Vertretern anderer Parteien. Denn Ursu konnte in Görlitz nur siegen, weil alle anderen Parteien außer der AFD ihre Kandidaten zurückgezogen hatten. Der CDUMann wurde also aus einer Allianz von Links bis zur Union ins Görlitzer Rathaus getragen.
Das Thema Görlitz ist damit für die CDU keineswegs ausgestanden. Das Ergebnis war mit 55 zu 45 Prozent knapp, wenn man bedenkt, dass sich alle etablierten Parteien und auch einige Vereine hinter den Cdu-kandidaten gestellt hatten. Der unterlegene Afd-bewerber, Sebastian Wippel, erwägt nun für die Landtagswahl im Wahlkreis Görlitz anzutreten. Das ist erneut heikel für die CDU: Eben dieser Wahlkreis ist der Heimatwahlkreis von Ministerpräsident Michael Kretschmer. Kretschmer musste sich schon bei der Bundestagswahl 2017 einem Afd-mann geschlagen geben.
Damals verfehlte er den Einzug in den Bundestag und wurde kurz darauf Regierungschef in Sachsen. Sollte er abermals sein Direktmandat an die AFD verlieren, wäre er geschwächt. Bisher ist Kretschmer der Garant dafür, dass die CDU in Sachsen keine Kooperation mit der AFD eingeht.
In Sachsen und in Brandenburg könnte die AFD am 1. September stärkste Kraft werden. In Thüringen liegt die CDU in Umfragen vorne. Ihr Landeschef Mike Mohring verbat sich weitere Störfeuer im Wahlkampf. Das Doppelinterview, das Schleswig-holsteins Ministerpräsident, Daniel Günther, ausgerechnet mit Mohrings Gegner, dem thüringischen Regierungschef Bodo Ramelow, geführt hatte, zähle in diese Kategorie. „Wir erwarten vor allem in den nächsten Monaten einen besonderen Blick auf die Bedürfnisse der Bürger im Osten“, sagte Mohring unserer Redaktion. Dazu gehöre auch eine Einigung bei der Grundrente, dass endlich die Menschen, die ihr Leben lang fleißig gewesen seien und dennoch Grundsicherung im Alter benötigten, künftig die Grundrente bekämen. „Dazu zählen überdurchschnittlich viele Menschen im Osten.“Die SPD tue sich keinen Gefallen, „wenn sie diese wichtige Reform weiter blockiert und in den Wahlkampf im Osten zieht“, mahnte Mohring.
In den ostdeutschen Bundesländern steht die CDU nicht nur vor der Herausforderung, die AFD hinter sich zu halten. Dort droht auch der Parteitagsbeschluss von Dezember 2018 umgangen zu werden, in dem eindeutig festgelegt wurde, dass die CDU weder mit der AFD noch mit den Linken kooperiert. Während insbesondere der Cdu-fraktionschef in Sachsen, Christian Hartmann, eine Zusammenarbeit mit der AFD nicht klar ausschließt, liebäugelt der Brandenburger CDUChef Ingo Senftleben mit Linken und Grünen als möglichen Koalitionspartnern.
In Sachsen und in Brandenburg könnte die AFD am 1. September stärkste Kraft werden