Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Rabbi berichtet von Bedrohung
(arl/sg) Ein in Düsseldorf lebender Rabbi hat am Mittwoch bei Facebook berichtet, er sei am Vortag auf der Straße von einem Passanten bedroht worden – zum ersten Mal nach 18 Jahren in der Stadt. Er sei wie immer mit Kippa, weißem Hemd und Schaufaden auf der Straße unterwegs gewesen, berichtete Chaim Barkahn, der seit 2001 Rabbiner des orthodoxen Chabad-zentrums an der Bankstraße in Golzheim ist.
Unweit seiner Wohnung, die sich in der Nähe befindet, „beschimpfte mich ein Mann zuerst mit unflätigen Ausdrücken als Jude und ließ sich dann äußerst negativ über Israel aus“, schreibt Barkahn in dem auf öffentlich gestellten Beitrag. „Als ich weitergehen wollte, begann er mich zu verfolgen. Ich ging immer schneller, aber er hielt mit mir Schritt. Es gelang mir schließlich, ihn abzuschütteln und nach Hause zurückzukehren.“
Barkahn fügt hinzu, er habe „leider nun zum ersten Mal das Gefühl, als Jude nicht mehr sicher in Düsseldorf zu sein“. Selbst als er sich ins Chabad-zentrum geflüchtet hatte, habe er sich nicht sicher gefühlt. „Ich hoffe dennoch auf bessere Zeiten“, schreibt er in seinem Beitrag weiter. Für telefonische Rückfragen war Barkahn am Abend nicht erreichbar. Ob er die Polizei informiert hat, ist unklar. Ein Polizeisprecher hatte keine Informationen über eine Anzeige.
Die weltweit verbreitete Chabad-bewegung betreibt in Düsseldorf ein Familien- und Bildungszentrum für die gesamte Region. Es handelt sich um eine eigenständige Organisation. Sie ist unabhängig von der Jüdischen Gemeinde mit der Synagoge am nahe gelegenen Paul-spiegel-platz. Beide richten gemeinsam die traditionelle öffentliche Feier zum Lichterfest Chanukka auf dem Grabbeplatz aus. Rabbiner Barkahn, der mit seiner Frau in Düsseldorf lebt, entzündet die Kerzen gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Oded Horowitz. Düsseldorf ist mit mehr als 7000 Juden das drittgrößte Zentrum jüdischen Lebens in Deutschland.
Unter dem Facebook-beitrag äußern sich viele Menschen betroffen, einige Juden deuten an, dass sie steigende Angst um ihre Sicherheit haben. Auch der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde, Michael Szentei-heise, zeigt sich besorgt. „Es überrascht mich nicht“, sagt er. „Es war nur eine Frage der Zeit, dass man auch hier mit so etwas rechnen muss.“Vor ein paar Jahren noch habe er gesagt, dass er in Düsseldorf kein Viertel kenne, in das man sich mit Kippa nicht trauen dürfte. „Heute sage ich: Vernünftiger ist es ohne.“Das Klima habe sich überall in Deutschland verschärft. „Und leider gibt es keinen spürbaren Gegenwind gegen den sich ausbreitenden Antisemitismus.“