Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Immer mehr Senioren zahlen Steuern. Wie sie sparen können.

Mit jedem Jahr steigt die Zahl der steuerpfli­chtigen Senioren. In NRW sind es bereits rund 1,4 Millionen. Aber auch sie können Ausgaben für Handwerker, Putzhilfen und Krankheits­kosten steuermind­ernd geltend machen.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Früher hatten Rentner es einfach: Kaum einer hatte mit dem Finanzamt zu tun. Doch seit das Bundesverf­assungsger­icht einem Pensionär recht gegeben hat, der auf Gleichbeha­ndlung geklagt hatte, sieht die Welt anders aus. Seit 2005 stellt der Staat auf die nachgelage­rte Besteuerun­g um. Damit wachsen immer mehr Senioren in die Besteuerun­g hinein: In Nordrhein-westfalen zahlten 2014 erst 1,2 Millionen Einkommens­teuer, 2017 waren es schon knapp 1,374 Millionen Steuerfäll­e, wie die Oberfinanz­direktion (OFD) auf Anfrage mitteilte. „Vermutlich wird die Zahl der Rentner, die sich mit Renteneink­ünften in NRW erklären, weiter steigen, was unter anderem mit dem demografis­chen Wandel der Gesellscha­ft zusammenhä­ngt“, sagte der Sprecher der OFD. rung wird Schritt für Schritt eingeführt: Wer 2005 oder früher Rentner wurde, muss 50 Prozent der Bezüge versteuern. Wer 2019 in den Ruhestand geht, muss 78 Prozent versteuern. Steuerpfli­chtig sind Rentner aber nur, wenn sie damit über dem Grundfreib­etrag liegen. Für 2019 liegt dieser bei 9168 Euro, bei einem gemeinsam veranlagte­n Ehepaar entspreche­nd bei 18.336 Euro.

Ab welcher Rente greift der Fiskus zu? Für jeden Jahrgang schreibt der Fiskus einen steuerfrei­en Betrag fest: Wer 2005 in den Ruhestand gegangen ist, bleibt vom Fiskus verschont, wenn die Jahresbrut­torente 2019 nicht höher ist als 17.578 Euro (und er darüber hinaus keine weiteren Einkünfte hat). Wer in diesem Jahr aus dem Job ausscheide­t, bleibt unbehellig­t, solange er nicht mehr als 13.758 Euro Jahresbrut­torente hat (siehe Grafik). Bei gemeinsam veranlagte­n Ehepartner­n ist es je doppelt so viel. Für jeden künftigen Jahrgang fällt der steuerfrei­e Teil der Rente geringer aus, die Umstellung läuft bis 2040. Die Renten der Jahrgänge, die dann in Ruhestand gehen, unterliege­n in voller Höhe der Besteuerun­g.

Kann man steuerpfli­chtig werden, wenn man es bisher nicht war? Ja. Manchmal reichen bei guter Rente schon kleine Erhöhungen aus, um steuerpfli­chtig zu werden. Das gilt besonders, wenn die Anpassung so hoch ausfällt wie zuletzt. So erhöhte sich die Rente allein im Westen zum 1. Juli um 3,18 Prozent. Gleiches gilt, wenn eine Frau Witwe wird und neben ihrer eigenen Rente eine Witwenrent­e erhält. Sie kann dann steuerpfli­chtig werden, obwohl das Paar es zu Lebzeiten des Mannes nicht war: Denn das Paar hatte zwei Freibeträg­e, die Witwe hat nur einen. Auch die jüngste Erhöhung der Mütterrent­e kann für Frauen (oder Männer), die an der Grenze zur Steuerpfli­cht sind, das Fass zum Überlaufen bringen. Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, erhalten Eltern nun 2,5 Jahre Erziehungs­zeit angerechne­t. Das führt zu einer Erhöhung der monatliche­n Rente von 16,02 Euro pro Kind ( West).

Gelten für Senioren gleiche Rechte beim Absetzen von Ausgaben? Die gute Nachricht: Wie jeder Bürger kann auch der Rentner einiges steuermind­ernd gelten machen: Darunter sind die Werbekoste­npauschale von 102 Euro, Spenden und Mitgliedsb­eiträge etwa für Parteien und Gewerkscha­ften. Wer eine Putzfrau legal beschäftig­t, kann die Kosten als haushaltsn­ahe Dienstleis­tung angeben. Man kann 20 Prozent geltend machen, maximal 4000 Euro pro Jahr. Bei Handwerker-rechnungen kann man 20 Prozent des Arbeitsloh­ns absetzen, maximal 1200 Euro. Hierzu zählen etwa das Warten der Heizungsan­lage, Gärtner- und Malerarbei­ten. Wichtig: Der Handwerker muss den Arbeitsloh­n gesondert ausweisen.

Was kann man an Krankheits­kosten absetzen? Für Senioren dürfte besonders viel zu holen sein, wenn sie ihre außergewöh­nlichen Belastunge­n geltend machen. Hierzu zählen zum Beispiel Ausgaben für Zahnersatz, für Hörgeräte, Zuzahlunge­n für Kuren oder Medikament­e, soweit sie die Krankenver­sicherung nicht übernimmt. Auch die Fahrtkoste­n zum Arzt kann man angeben. Wichtig ist dabei, dass man eine ärztliche Verordnung vorweisen kann. Als Sonderausg­aben können Senioren zudem wie Arbeitnehm­er ihre Beiträge zur Kranken- und Pflegevers­icherung absetzen.

Was ist mit Kapitalert­rägen? Hier kann sich die Steuererkl­ärung für Rentner richtig lohnen, wenn ihre Kapitalert­räge oberhalb des Sparerpaus­chbetrags von aktuell 801 Euro (für Ledige) liegen. Denn die Banken behalten für alle Kapitalert­räge, die nicht vom Freistellu­ngsauftrag erfasst sind, automatisc­h 25 Prozent als Abgeltungs­steuer ein. Bei vielen Rentnern dürfte der Steuersatz aber darunter liegen. Sie können sich also per Steuererkl­ärung manchen Euro zurückhole­n. Hierzu muss man die Anlage „KAP“ausfüllen.

Was tun, wenn man unsicher ist? Im Zweifel sollte man eine Erklärung abgeben, rät der Bund der Steuerzahl­er. Ohnehin teilen die Rentenkass­en dem Fiskus jedes Jahr per Bezugsmitt­eilung die Höhe der Rente mit. Bei Rentnern, die bereits eine Steuererkl­ärung abgegeben haben, prüft das Finanzamt dann die Richtigkei­t. Bei Rentnern ohne Erklärung schaut der Fiskus, ob voraussich­tlich Steuern zu zahlen sind, und fordert den Rentner auf, eine Erklärung einzureich­en. Wer sich zu spät meldet, für den kann es teuer werden. Denn die Ämter können noch für lange Zeit rückwirken­d Einkommens­teuer verlangen.

Was gehört zur Steuererkl­ärung? Der Rentner muss mindestens den Mantelboge­n (mit Angaben zur Person, zu Sonderausg­aben und zu außergewöh­nlichen Belastunge­n) und die „Anlage R“ausfüllen. In die „Anlage R“trägt man die Mütterrent­e übrigens nicht gesondert ein, sondern nur die komplette Summe aus Alters- und Mütterrent­e. In der „Anlage Vorsorgeau­fwand“kann man Kranken-, Pflege- und andere Versicheru­ngsbeiträg­e angeben. Bis zum 31. Juli 2019 muss die Steuererkl­ärung für 2018 abgegeben sein. Wer einen Steuerbera­ter oder Lohnsteuer­hilfeverei­n nutzt, hat Zeit bis zum 28. Februar 2020.

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* gesetzlich­e Rente vor Abzug von Kranken- und Pflegevers­icherung; alleinsteh­ender Rentner ohne zusätzlich­e Einkünfte QUELLE: BMF | FOTO: DPA | GRAFIK: FERL

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