Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Europa ganz – oder gar nicht

- VON HOLGER MÖHLE VON DER LEYEN KÄMPFT..., TITELSEITE

Die Kandidatin setzt alles auf eine Karte. Ursula von der Leyen will dieses höchste politische Amt der Europäisch­en Union. Damit es darüber keine Zweifel gibt, wählt sie das Ticket ohne Rückfahrka­rte nach Berlin. Sie will als Verteidigu­ngsministe­rin zurücktret­en, egal, wie für sie die Wahl in Brüssel ausgeht. Und das ist konsequent. Europa ganz – oder gar nicht.

Jetzt zählt jede Stimme. Ob es ihr auch egal ist, von wem sie Stimmen für eine Mehrheit bekommt? Von Europaskep­tikern der italienisc­hen Lega, polnischen PIS, ungarische­n Fidesz? Es wäre eine Hypothek für ihre Amtsführun­g. Von der Leyen wird auch aus diesem Grund ihre Vorstellun­gen bei Klima, Initiativr­echt des Parlamente­s oder dem Prinzip der Spitzenkan­didaten nachgeschä­rft haben, um doch noch Sozialdemo­kraten und Grüne für sich zu gewinnen und möglichst viele Liberale bei sich zu halten.

Doch eines ist auch gewiss: Sollte von der Leyen die absolute Mehrheit verfehlen, löst dies weder eine Staatskris­e in Deutschlan­d, noch eine Krise der Institutio­nen in Europa aus – und schon gar keine Verfassung­skrise. Allerdings dürfte die große Koalition in Berlin erneut erheblich durchgesch­üttelt werden – mit ungewissen Folgen. Erst das Land, dann die Partei. Vor allem aber: Europa. Würden sich die 16 deutschen Spd-abgeordnet­en im Europaparl­ament daran orientiere­n, wäre ihr Votum für von der Leyen klar.

Doch die Spd-parlamenta­rier handeln kleingeist­ig. Die SPD bringt sich mit derlei Blockade nicht zurück auf die Gewinnerst­raße, auch wenn richtig ist, dass von der Leyen im Verteidigu­ngsministe­rium entgegen eigener Positiv-propaganda mehr unerledigt­e Baustellen hat, als ihrer Erfolgsges­chichte gut tun. Von der Leyen hat nur einen Aufschlag. Und dieser Aufschlag muss sitzen.

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