Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Trump greift Demokratin­nen an

Vier weibliche Kongressab­geordnete werden zum Ziel von Donald Trumps Abscheu gegen Migranten. Der Aufschrei ist groß. Doch der Us-präsident legt noch nach. Das Timing für seine Attacke ist nicht zufällig gewählt.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Nach einer Serie unverhohle­n rassistisc­her Kommentare Donald Trumps rollt eine Welle der Empörung durch den amerikanis­chen Kongress – bisher allerdings fast ausschließ­lich durch die Reihen der Demokraten. Beim Slogan „Make America Great Again“sei es in Wahrheit immer nur darum gegangen, Amerika wieder weiß zu machen, kritisiert Nancy Pelosi, die Chefin der Abgeordnet­enkammer. Dabei mache gerade die Vielfalt die Stärke des Landes aus.

Vorausgega­ngen waren Twitter-zeilen des Präsidente­n, mit denen er vier junge, aufstreben­de Parlamenta­rierinnen auffordert­e, in ihre Heimatländ­er „zurückzuge­hen“und dabei zu helfen, “die total kaputten und von Kriminalit­ät verseuchte­n Orte“in Ordnung zu bringen, aus denen sie gekommen seien. Es sei interessan­t zu beobachten, schrieb er in einemander­en Tweet, dass„progressiv­e“demokratis­che Abgeordnet­e, die aus Ländern stammten, deren Regierunge­n die schlimmste­n, korruptest­en und unfähigste­n auf der ganzen Welt seien, dem Volk der Vereinigte­n Staaten, der großartigs­ten und mächtigste­n Nation der Welt, lautstark und boshaft vorschreib­en wollten, wie ein Staat zu funktionie­ren habe.

Ohne Namen zu nennen, spielte Trump auf einquartet­t vonpolitik­erinnenan, das erst im November den Sprung in den Kongress geschafft hatte und seither auf dem linken Flügel der Demokraten eine prominente Rolle spielt. Nur wurden drei der vier Frauen, gegen die sich sein Angriff richtet, in den USA geboren. „Herr Präsident, das Land, aus dem ich komme, das Land, dem wir alle unsere Treue schwören, das sind die Vereinigte­n Staaten“, konterte denn auch Alexandria Ocasio-cortez, mit 29 die Jüngste, die je ins Repräsenta­ntenhaus gewählt wurde.

AOC, wie sie nach ihren Initialen meist nur genannt wird, kam innew York zur Welt. Ihre Mutter war aus Puerto Rico in die Bronx gezogen, wo ihr Vater von Kindheit an gelebt hatte. Rashida Tlaib ist die Tochter palästinen­sischer Migranten, die aus dem Westjordan­land in die Autostadt Detroit übersiedel­ten. Ayanna Pressley, die erste Afroamerik­anerin, die den Ostküstens­taat Massachuse­tts im Parlament vertritt, stammt aus Cincinnati. Sie wuchs in Chicago auf, ehe sie in Boston studierte und später in den Stadtrat der Neuengland-metropole gewählt wurde. Lediglich Ilhan Omar, nebentlaib die erstemusli­min in der Geschichte der amerikanis­chen Legislativ­e, wurde im Ausland geboren, in Mogadischu. Ihre Familie floh vor dem Bürgerkrie­g in Somalia, hauste in einem kenianisch­en Flüchtling­slager, beantragte Asyl in den USA und ließ sich schließlic­h in Minneapoli­s nieder. Im Februar hatte Omar für Wirbel gesorgt, als sie antisemiti­sche Klischees aufwärmte und behauptete, viele im Kongress unterstütz­en Israel nur deshalb, weil sie

„Herr Präsident, das Land, aus dem ich komme, das sind die Vereinigte­n Staaten“Alexandria Ocasio-cortez

von einer jüdischen Lobbygrupp­e bezahlt würden. Sie entschuldi­gte sich, Trump indes legte am Montag, fünf Monate nach dem Fauxpas, noch einmal nach. Wann radikal linke Abgeordnet­e wohl „bei unserem Land und beim Volk Israel“um Verzeihung bittenwürd­en für die„schrecklic­hen Dinge, die sie gesagt haben“, fragte er via Twitter.

Da die vier häufig gemeinsam auftreten, bisweilen auch im Richtungss­treit mit einer moderaten Fraktion um Pelosi, hat man ihnen den Beinamen „The Squad“gegeben. Die Mannschaft. Und da ihre Vorfahren nicht aus Europa in die Neue Welt kamen, symbolisie­ren sie den Wandel in einer Republik, deren sich ändernde Demografie sich allmählich auch in der Zusammense­tzung ihrer Institutio­nen widerspieg­elt. Zugleich stehen sie für den Kontrast zu Trump, der die latenten Abstiegsän­gste weißer Mittelschi­chtenameri­kaner angesichts dieses Wandels zu schüren versteht. Bereits vor anderthalb Jahren sprach er, in kleiner Runde mit Senatoren, von den „Drecksloch­ländern“, aus denen zu seinemleid­wesenzu viele Menschen einwandert­en. Gemeint waren Haiti und Teile Afrikas, während der Präsident lebhaft bedauerte, dass man nicht mehr Norweger aufnehme.

Diesmal fiel Trumps Attacke kaum zufällig auf den Tag, für den er in mehreren Großstädte­n Razzien gegen Migranten ohne gültige Aufenthalt­spapiere – die meisten aus Lateinamer­ika immigriert – angekündig­t hatte.„sie sind wütend, weil Sie sich ein Amerika, das uns einschließ­t, nicht vorstellen können“, hält ihm Ocasio-cortez entgegen. Ilhan Omar zitiert Robert F. Kennedy, den 1968 erschossen­en Bruder des gleichfall­s ermordeten Präsidente­n John F. Kennedy: Amerikas Antwort auf Intoleranz sei Diversität, „dieselbe Diversität, die vom Erbe unserer religiösen Freiheit inspiriert worden ist“.

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FOTO: DPA Trumps Verbalopfe­r (v.l.): die vier Us-demokratin­nen Rashida Tlaib, Ilhan Omar, Alexandria Ocasio-cortez und Ayanna Pressley.

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