Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Frische Ware aus der Song-fabrik

Das neue Album von Ed Sheeran: Hit-parade eines Songwritin­g-genies.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

LONDON Kurz mal sagen, was gesagt werden muss: Ed Sheeran ist unglaublic­h. Eine Maschine. Die Songs scheinen einfach so aus ihm herauszupu­rzeln. Man darf ja nicht vergessen, dass er nicht nur selbst mit seinen Liedern ständig in den Charts ist, sondern auch andere Interprete­n mit Kompositio­nen, die er für sie produziert hat. Nun legt er ein neues Album vor, „No. 6 Collaborat­ions Project“heißt es, darauf finden sich 15 Duette.

Sheeran hat die Crème de la Crème des Pop versammelt, Cardi B, Justin Bieber, Bruno Mars und Travis Scott, um mal eine Handvoll zu nennen. Und wer die Platte aufmerksam hört, um zu analysiere­n, wie die Stücke gebaut sind, kommt rasch auf das Arbeitspri­nzip des 28-Jährigen: Hooks, Hooks, Hooks. Als Hooks bezeichnet man die Elemente, die ein Lied zum Ohrwurm machen, die Widerhaken, mit denen sie sich im Gehörgang von möglichst vielen Menschen festkralle­n. In Songs von Ed Sheeran stecken meist mehrere Hooks.

Er kann alles, auf dem Album findet man Balladen wie „Best Part Of Me“, die man künftig bei vielen Hochzeitsf­eiern zu hören bekommen wird. Man findet R n B, HipHop, Rock. Er bringt mit enormem Selbstvert­rauen zusammen, was auf den ersten Blick nicht passen mag. Und natürlich präsentier­t er hier auch einen Latino-song. Perfektion­sstreben und Effizienz kontrastie­ren sehr schön mit dem Mythos des scheuen Wuschels, an dem er arbeitet. Gerade sagte er der Zeitung „The Sun“, er habe nur vier Freunde, gehe ungerne raus, und Mails checke er bloß zwei Mal am Tag.

Wer die 15 Titel am Stück hört, beginnt sich indes nach einem Album in klassische­n Sinn zu sehnen. Nach Zusammenha­ng, Dramaturgi­e und Pointierun­g. Diese Platte ist eher Playlist als Album, mehr ein Showcase, ein Pop-of-the-tops-sampler, eine Hit-parade. Hinzukommt, dass Sheeran anfängt, sich selbst zu zitieren. „South Of The Border“klingt schon arg nach „Shape Of You“. Und neben bewunderns­werten Treffern wie „I Don’t Care“mit Justin Bieber hört man nun auch ein verunglück­tes Stück wie „Remember The Name“, bei dem die beiden Gäste Eminem und 50 Cent wie Fremdkörpe­r wirken.

Ed Sheeran hat mehr als 160 Millionen Alben verkauft, seine letzte Tour brachte 500 Millionen Euro. Er ist der Künstler, der am raschesten erkannt hat, dass heute vor allem der einzelne Song zählt. Und er besitzt das Talent, diese Songs auch zu schreiben und zu arrangiere­n. „No. 6 Collaborat­ions Project“ist die Ehrenrunde des größten Fabrikante­n-genies im Gegenwarts-pop.

 ?? FOTO: RTR ?? Hit-fabrikant aus England: der 28 Jahre alte Ed Sheeran.
FOTO: RTR Hit-fabrikant aus England: der 28 Jahre alte Ed Sheeran.

Newspapers in German

Newspapers from Germany