Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Frische Ware aus der Song-fabrik
Das neue Album von Ed Sheeran: Hit-parade eines Songwriting-genies.
LONDON Kurz mal sagen, was gesagt werden muss: Ed Sheeran ist unglaublich. Eine Maschine. Die Songs scheinen einfach so aus ihm herauszupurzeln. Man darf ja nicht vergessen, dass er nicht nur selbst mit seinen Liedern ständig in den Charts ist, sondern auch andere Interpreten mit Kompositionen, die er für sie produziert hat. Nun legt er ein neues Album vor, „No. 6 Collaborations Project“heißt es, darauf finden sich 15 Duette.
Sheeran hat die Crème de la Crème des Pop versammelt, Cardi B, Justin Bieber, Bruno Mars und Travis Scott, um mal eine Handvoll zu nennen. Und wer die Platte aufmerksam hört, um zu analysieren, wie die Stücke gebaut sind, kommt rasch auf das Arbeitsprinzip des 28-Jährigen: Hooks, Hooks, Hooks. Als Hooks bezeichnet man die Elemente, die ein Lied zum Ohrwurm machen, die Widerhaken, mit denen sie sich im Gehörgang von möglichst vielen Menschen festkrallen. In Songs von Ed Sheeran stecken meist mehrere Hooks.
Er kann alles, auf dem Album findet man Balladen wie „Best Part Of Me“, die man künftig bei vielen Hochzeitsfeiern zu hören bekommen wird. Man findet R n B, HipHop, Rock. Er bringt mit enormem Selbstvertrauen zusammen, was auf den ersten Blick nicht passen mag. Und natürlich präsentiert er hier auch einen Latino-song. Perfektionsstreben und Effizienz kontrastieren sehr schön mit dem Mythos des scheuen Wuschels, an dem er arbeitet. Gerade sagte er der Zeitung „The Sun“, er habe nur vier Freunde, gehe ungerne raus, und Mails checke er bloß zwei Mal am Tag.
Wer die 15 Titel am Stück hört, beginnt sich indes nach einem Album in klassischen Sinn zu sehnen. Nach Zusammenhang, Dramaturgie und Pointierung. Diese Platte ist eher Playlist als Album, mehr ein Showcase, ein Pop-of-the-tops-sampler, eine Hit-parade. Hinzukommt, dass Sheeran anfängt, sich selbst zu zitieren. „South Of The Border“klingt schon arg nach „Shape Of You“. Und neben bewundernswerten Treffern wie „I Don’t Care“mit Justin Bieber hört man nun auch ein verunglücktes Stück wie „Remember The Name“, bei dem die beiden Gäste Eminem und 50 Cent wie Fremdkörper wirken.
Ed Sheeran hat mehr als 160 Millionen Alben verkauft, seine letzte Tour brachte 500 Millionen Euro. Er ist der Künstler, der am raschesten erkannt hat, dass heute vor allem der einzelne Song zählt. Und er besitzt das Talent, diese Songs auch zu schreiben und zu arrangieren. „No. 6 Collaborations Project“ist die Ehrenrunde des größten Fabrikanten-genies im Gegenwarts-pop.