Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Die Pollen und ich
Unser Autor bekam erst spät Probleme mit Heuschnupfen. Vieles hat er seitdem ausprobiert – auch einen Luftreiniger. Die Ergebnisse waren verblüffend.
DÜSSELDORF 56 Jahre lang war ich kein Allergiker. Nur bei manchem Rotwein musste ich 20 Mal nacheinander niesen. In der Folge mied ich die Marke oder das Restaurant. Seit zwei Jahren aber reagiere ich auf Pollen mit Schnupfen, dicker Nase, tränenden Augen – nicht oft, aber wenn, dann unangenehm.
Ähnliche und schlimmere Symptome beklagen viele andere Leute, die nie vorher Probleme dieser Art hatten. Sind es Hausstaubmilben? Ist es Ambrosia? Ist es die Erle oder die Birke? Sind es Gräser? Und hat der Bauernhof nebenan mit alldem zu tun? Sollte der mich, wie man immer liest, seit meiner Kindheit nicht sogar vor Allergien schützen?
Professor Torsten Zuberbier kennt sich mit Allergien aus. Er leitet die Abteilung für Allergiefolgenforschung der Berliner Charité. In seiner Klinik sieht er sie häufig, diese späten Allergiker-karrieren, die jahrzehntelang jungfräulich an Auge, Nase und Bronchien durch die Welt wandeln, dann aber Symptome bekommen. Er kann auch die Gründe für diese scheinbar unerklärliche Veränderung benennen.
„Tatsächlich gibt es solche Biografien gar nicht selten. Sie haben nicht nur etwas mit Pollen, sondern auch mit Umweltschadstoffen zu tun, die sich an die Pollen heften. Solche Allergene wirken wie Krankheitserreger“, sagt der Experte. „Und weil unser Immunsystem mit dem Alter nachlässt, bekommt es Schwierigkeiten, dieser Allergene Herr zu werden.“
Milbenkot schwebt auch in der Wohnungsluft
Natürlich habe ich mich an einen heimischen Allergologen gewandt. Er ließ mich alle Tests absolvieren und fütterte mich in einer Mammutsitzung mit Allergenen: Sie wurden mir auf die angeritzte Haut geträufelt und in die Nase gesprüht. Nichts kam dabei herum. Ein HNOArzt meinte, ich könne mir „Encasings“(spezielle Milbenschutzbezüge für Bett und Bettwäsche) zulegen. Ich hatte die Symptome aber auch, wenn alles im Schlafzimmer mit 90 Grad gewaschen war. Dann las ich, dass Milbenkot auch in der Luft schwebt. Ich ließ das mit den „Encasings“, zumal man unter ihnen stark schwitzen soll.
Für meine Selbsteinschätzung wäre es gut zu wissen: Bin ich nun Allergiker oder nicht? Zuberbier sagt es so: „Allergiker ist man auch, wenn Tests keine Eindeutigkeit ergeben. Die Symptome zählen, nicht die Laborergebnisse.“Der Fachmann warnt davor, die Beschwerden hinzunehmen: „Dann wird alles nur noch schlimmer. Untätigkeit ist sogar gefährlich, denn dann kann es zum sogenannten Etagenwechsel kommen.“Etagenwechsel sind gefürchtet, denn nun erreichen Allergien nicht nur die oberen, sondern auch die unteren Atemwege. Asthma-patienten kennen das.
Dabei war ich als Kind oft auf dem Bauernhof, und das sollte doch immunisierende Wirkung haben, oder etwa nicht? „Hat es auf jeden Fall“, sagt Zuberbier, „aber auch hier lässt der Schutz, den man als Kind durch häufigen Kontakt mit Allergenen erworben hat, im Laufe des Lebens nach.“Dazu kommt, dass die Allergenlast in manchen Regionen mittlerweile so hoch ist, dass auch robuste Naturen plötzlich in den Krallen der Pollen gefangen sind. Zuberbier bestätigt das: „Tatsächlich hat sich die Pollenflugsaison deutlich verlängert. Sie beginnt früher und endet später.“Und immer mehr Pollen verschiedener Herkunft sind gleichzeitig unterwegs, das macht die Lage noch prekärer.
Manches Medikament ruft Müdigkeit hervor
Und was rät Zuberbier? „Medikamente sind sehr wirksam, man sollte nicht zögern, sie einzusetzen.“Eine Hyposensibilisierung ist langwierig, aber effektiv. Tabletten mit den Wirkstoffen Cetirizin und Loratadin gibt es rezeptfrei in der Apotheke. „Andere Mittel sind noch potenter, aber verschreibungspflichtig.“Cetirizin und Loratadin rufen mitunter Müdigkeit als Nebenwirkung hervor, wobei der eine Patient das eine Medikament gut verträgt, der andere das andere. Als Allergiker muss man variabel sein – und experimentierfreudig.
Bei Heuschnupfen, sagt Zuberbier, „helfen ebenfalls rezeptfrei erhältliche Nasensprays mit dem Wirkstoff Mometasonfuroat, einem Mittel auf Cortison-basis“. Es wurde im März von Öko-test allerdings wegen seiner Konservierungsstoffe, die bei Kontakt mit der Nasenschleimhaut selbst Allergien auslösen können, nur mit „befriedigend“bewertet. Sprays mit dem Wirkstoff Azelastin, einem sogenannten selektiven Antihistaminikum, schnitten dagegen mit „sehr gut“ab. Gleichwohl sind Cortison-sprays wirkungsvoll und bergen nur ein mildes Risiko hinsichtlich systemischer Nebenwirkungen. Impfungen werden derzeit vehement erforscht.
Der Medizinprofessor rät Allergikern, gründlich vorzugehen. „Medikamente sind zweifellos wichtig. Ins Auto gehört ein Pollenfilter. Außerdem sollte man die Fenster mit Pollenvlies versehen.“Andererseits warnt Zuberbier vor zu viel Enthusiasmus – „wer sich abschottet, verliert Lebensqualität“. Und wer nicht lüftet, bekommt Schimmelpilze, die gefährlicher sind.
Mediziner, die Hightech schätzen, raten Patienten, es mit einem Luftreiniger zu versuchen, der die Luft in der Wohnung mit mehreren Filtern (darunter einem Hepa-filter) säubert. Auf Bewertungsportalen und in Prüfberichten wird immer wieder der Philips AC2889/10 empfohlen. Den lasse ich mir für fünf Wochen zu Testzwecken kommen.
Zuberbier kennt ihn gut: „Den haben wir an der Charité mitentwickelt und durch die Europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF) zertifiziert. Er wirkt tatsächlich sehr effektiv bei der Entfernung luftübertragener Allergene, weil er einen Sensor besitzt, der alles registriert, was in seine Nähe kommt, und, sofern nötig, schnell eine höhere Leistungsstufe einschaltet.“Auch ein Anti-viren-programm ist im Gerät integriert. Staub und üble Gerüche neutralisiert er ebenfalls.
Der Luftreiniger lässt sich per App vom Büro aus einschalten
Das Gerät hat in der erweiterten Variante den Vorteil, dass es per App auch vom Handy aus steuerbar ist. Ich kann es in der Redaktion einschalten, bevor ich nach Hause fahre, und finde bei Ankunft beste Luft vor. Es soll bei Wohnungen oder Zimmern bis 80 Quadratmeter gute Dienste leisten. Umgekehrt schickt es Messwerte zurück aufs Handy.
Ich teste das Gerät in mehreren Räumen, bis ich es endgültig im Schlafzimmer parke. Dort läuft es ein paar Minuten vor dem Einschlafen, bis akzeptable oder gar sehr gute Werte aufleuchten. 1 ist der Traumwert, 12 für Allergiker eine Katastrophe. Ein diskretes Display (das sich auch dimmen und sogar ausschalten lässt) zeigt unbestechlich den Messwert des Sensors an. Es gibt einen allgemeinen, einen Allergiker-modus und einen, der auf Bakterien und Viren reagiert. Der Lüfter arbeitet in mehreren Geschwindigkeitsstufen, von fast geräuschlos im Schlafmodus bis „Turbo“. Ein Timer schaltet das Gerät nach Wunsch aus.
Nicht jeder möchte dauerhaft ein Nasenspray nehmen
Zuberbier kennt die Vorteile und Begrenzungen. „Natürlich sind Luftreiniger keine Wundermaschinen, die eine Wohnung komplett pollenfrei bekommen. Aber für Allergiker, die morgens unter geschwollenen Nasenschleimhäuten und tränenden oder juckenden Augen leiden, können sie eine spürbare Erleichterung bewirken.“Da kann ich nur zustimmen. Fast symptomfrei wache ich morgens auf, Nase frei, Augen klar. Einstweilen schaffe ich das aber auch mit Nasensprays. Ob ich die dauerhaft nehmen möchte? Für drei Tage habe ich den Luftreiniger von einer Nachbarin ausprobieren lassen, einer schweren Allergikerin. Für die war die Sache klar: Sie wollte ihn fast nicht mehr rausrücken.
Ganz billig ist das Philips-gerät nicht, knapp 345 Euro sind zu veranschlagen (ohne App kostet es 299 Euro); irgendwann müssen die Filter – nicht ganz billig – ausgewechselt werden; natürlich verbraucht es Strom, vor allem bei häufigem Betrieb. In jedem Fall: Für Menschen, die über Monate massiv mit Symptomen zu kämpfen haben, können Luftreiniger eine sinnvolle Erweiterung ihrer Waffen gegen Pollen, Milben und Co. sein – also alles, was in der Luft schwebt und dicke Augen, dicke Nase und dicken Hals macht.
„Unser Immunsystem lässt mit dem Alter deutlich nach“Torsten Zuberbier Professor für Allergologie
Der Philips-luftreiniger AC2889/10 wurde der Redaktion zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.