Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Streiks in sieben Amazon-zentren
Die Gewerkschaft Verdi hatte zum Wochenstart zum deutschlandweiten Ausstand aufgerufen. Am Montag beteiligte sich auch Greenpeace mit einer Kletteraktion daran, um gegen die Vernichtung von Retourenware zu protestieren.
WINSEN (dpa) Beim Online-händler Amazon hat es am Montag erneut Streiks in den deutschen Versandzentren gegeben. Im niedersächsischen Winsen (Luhe) protestierte Greenpeace mit einer Kletteraktion gegen die Vernichtung zurückgesandter neuer Waren. An dem Ausstand beteiligten sich nach Angaben der Gewerkschaft Verdi in der Frühschicht bundesweit mehr als 2000 Beschäftigte. Betroffen seien die sieben Amazon-standorte in Werne und Rheinberg (Nordrhein-westfalen), Leipzig, Graben (Bayern), Koblenz sowie zwei in Bad Hersfeld (Hessen). Amazon sprach hingegen von einer geringen Beteiligung. Es gebe auch keinerlei Auswirkungen auf den operativen Betrieb, betonte ein Sprecher. Amazon zahle in seinen deutschen Logistikzentren Löhne am oberen Ende dessen, was sonst für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt werde.
Anlass für den aktuellen Streik unter dem Motto „Kein Rabatt auf unsere Einkommen“ist der bis einschließlich Dienstag laufende Aktionstag „Prime-day“mit Sonderangeboten für Stammkunden. „Während Amazon mit satten Preisnachlässen beim Prime-day zur Schnäppchenjagd bläst, wird den Beschäftigten eine existenzsichernde tarifliche Bezahlung vorenthalten“, hatte Verdi-handelsexperte Orhan Akman kritisiert.
Unterdessen protestierten in Winsen auch am Montag zunächst rund 40 Greenpeace-aktivisten. Sie waren bereits am Sonntagabend auf das Gebäude des Online-händlers im Landkreis Harburg geklettert und hatten dort ein Banner aufgehängt. „Aus recycelten Versandkartons haben wir auf dem Dach zudem einen 27 Meter langen und dreieinhalb Meter hohen Schriftzug „Für die Tonne“errichtet, um gegen die Vernichtung neuwertiger Waren zu protestieren“, sagte Viola Wohlgemuth, Konsum-expertin bei Greenpeace. Acht der Demonstranten verließen das Hallendach am Montag wieder, wie die Polizei mitteilte. Beamte seien im Einsatz, um eine „kooperative Lösung“zu finden und die Lage zu beobachten, hieß es.
Nach Darstellung von Greenpeace gehen rund 30 Prozent aller Amazon-retouren nicht wieder in den direkten Verkauf. Marktführer Amazon hatte dazu im Juni erklärt, die überwiegende Mehrheit der zurückgegebenen Produkte komme erneut in den Verkauf, gehe an Lieferanten zurück oder werde je nach Zustand an gemeinnützige Organisationen gespendet. „Wir können aus hygienischen oder Sicherheitsgründen nicht alle Produkte weiterverkaufen oder spenden“, erklärte Amazon-sprecher Stephan Eichenseher. „Wir arbeiten intensiv daran, die Zahl dieser Produkte auf null zu senken.“
Amazon hatte mitgeteilt, dass man rechtliche Schritte gegen die Organisatoren der Aktion in Winsen prüfe. Diese Art von Protest sei illegal und gefährde unnötig alle Beteiligten und Mitarbeiter. Nach Wohlgemuths Worten planten die Aktivisten, während der „Prime Days“auf dem Dach zu bleiben und weiter zu protestieren.
Verdi kämpft seit über sechs Jahren um einen Tarifvertrag und mehr Lohn. Bundesweit hat Amazon zwölf Warenlager an elf Logistikstandorten und beschäftigt nach eigenen Angaben rund 13.000 Angestellte.