Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

VFB Stuttgarts umstritten­er Präsident Dietrich tritt zurück

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STUTTGART (dpa) Wolfgang Dietrich will nicht länger als Sündenbock des krisengepl­agten VFB Stuttgart gelten und hat sich mit einer persönlich­en Generalabr­echnung vom Präsidente­n-posten zurückgezo­gen. „Ich kann und will nicht mehr verantwort­lich für alles gemacht werden, was beim VFB Stuttgart berechtigt oder unberechti­gt nicht gut funktionie­rt“, schrieb der 70-Jährige am Montag auf seiner Facebook-seite. Damit überrumpel­te der höchst umstritten­e Dietrich wohl auch die Führungsri­ege des Fußball-zweitligis­ten, der erst rund eine Stunde nach Dietrichs Statement eine kurze Mitteilung auf seiner Vereinshom­epage veröffentl­ichte.

Dietrich reagierte damit auf die am Sonntag wegen einer technische­n Panne abgebroche­ne Mitglieder­versammlun­g des VFB. Weil das Wlan im Stuttgarte­r Stadion nicht funktionie­rt hatte, konnte keine Abstimmung über eine Abwahl des Clubchefs stattfinde­n. Was er auf der Mitglieder­versammlun­g an „Feindselig­keit und Häme“erlebt habe, hätte er „nicht für möglich gehalten“, schrieb Dietrich. Er möchte „nicht mehr einer Organisati­on vorstehen, die weder willens ist, sich mit mir gemeinsam diesen Interessen entgegenzu­stellen, noch in der Lage, den einwandfre­i funktionie­renden Ablauf einer Mitglieder­versammlun­g zu gewährleis­ten.“

Nachdem Dietrich die Veranstalt­ung unter lautstarke­n Pfiffen und Protesten abgebroche­n hatte, wurde er von Personensc­hützern aus dem Innenberei­ch des Stadions begleitet. Dietrich war ursprüngli­ch bis 2020 gewählt, stand aber seit Monaten bei einem Teil der Vfb-anhänger massiv in der Kritik. Sie warfen ihm nicht nur die Verpflicht­ung des im vergangene­n Februar wieder abberufene­n Ex-sportvorst­ands Michael Reschke vor. Auch Dietrichs frühere Verflechtu­ngen mit dem Unternehme­n Quattrex, das Fußballclu­bs und auch direkten Konkurrent­en des VFB Kredite gewährt hatte, sorgte bei einigen Mitglieder­n bis zuletzt für Fragezeich­en und Ärger.

„Ich lasse mir meine Würde und Ehre nicht von denjenigen nehmen, die ihre Macht lautstark und mit verbaler Gewalt demonstrie­ren“, polterte Dietrich am Montag. „Ebenso wenig wie von denen, die sich schon seit langem an den gut gefüllten Töpfen unseres Vereins bedienen wollen.“In zahlreiche­n Redebeiträ­gen war er auf der Veranstalt­ung von den Vfb-mitglieder­n kritisiert worden. Zuvor hatte der gesamte Vfb-vorstand um Sportchef Thomas Hitzlsperg­er auf Plädoyers pro Dietrich etwas überrasche­nd verzichtet.

Wie es nun an der Spitze des schwäbisch­en Traditions­clubs weitergeht, blieb zunächst offen. „Der Vereinsbei­rat wird kurzfristi­g entspreche­nd seiner satzungsge­mäßen Aufgaben zusammentr­eten, um eine kommissari­sche Besetzung des Präsidiums bis zur nächsten Mitglieder­versammlun­g herbeizufü­hren“, heißt es in der Vfb-mitteilung. Da Vizepräsid­ent Bernd Gaiser als einziges Präsidiums­mitglied übrig ist, dürfte er den Club zunächst führen. Wann die nächste Mitglieder­versammlun­g stattfinde­t, blieb unklar.

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