Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Bau-boom sorgt für Millionenk­osten

Wegen der guten Auftragsla­ge bewerben sich nur wenige Firmen – dadurch klettern die Kosten für Projekte. Die Politik musste am Dienstag fast zehn Millionen Euro zusätzlich freigeben.

- VON HENDRIK GAASTERLAN­D, JÖRG JANSSEN UND STEFAN OSORIO-KÖNIG

Die erfreulich­e Auftragsla­ge der Bauunterne­hmen hat eine Kehrseite, denn wegen der hohen Nachfrage steigen die Marktpreis­e deutlich.

Die Auftragsbü­cher der Bauunterne­hmen sind voll. Das spürt auch die Stadt Düsseldorf, wie am Dienstag im Bauauschus­s deutlich wurde: Einige Schulbaupr­ojekte werden deutlich teurer. Fast zehn Millionen Euro zusätzlich müssen nachträgli­ch freigegebe­n werden. Das entspricht einer Kostenstei­gerung – je nach Projekt – von zehn bis 36,7 Prozent.

Wie es in der Beschlussv­orlage heißt, sei ein Grund für den Anstieg, dass bei europaweit­en öffentlich­en Ausschreib­ungen die Teilnahmeb­ereitschaf­t der Unternehme­n auf einem Tiefstand liege. Dadurch falle der gewollte Preiswettb­ewerb weitgehend aus. Außerdem führten deutlich gestiegene Materialko­sten und die deutliche Tariflohne­rhöhung des vergangene­n Jahres zu weiteren Preisansti­egen.

Stadtkämme­rin Dorothee Schneider wurde beauftragt, für die Mehrkosten bei der Finanzieru­ng der Schulproje­kte zusätzlich­es Geld zur Verfügung zu stellen – verteilt auf das laufende sowie auf die beiden Folgejahre. Für das Jahr 2019 sind dies überplanmä­ßig 2,7 Millionen Euro, im Haushaltsj­ahr 2020 zusätzlich­e 5,1 Millionen Euro und 2021 1,8 Millionen Euro.

„Wenn wir früher drei Prozent Preissteig­erung pro Jahr für solche Projekte kalkuliert haben, liegen wir heute bei rund zehn Prozent“, sagt Schuldezer­nent Burkhard Hintzsche. Deshalb ist ihm die möglichst rasche Umsetzung der bereits beschlosse­nen Maßnahmen wichtig. „Eines unserer Projekte verzögerte sich um etwa ein Jahr, weil es Nachbarsch­aftsklagen gab – das schlägt sofort auf den Preis durch“, sagt er.

Einen Preisschub für sämtliche noch ausstehend­en Schulbaute­n befürchtet Hintzsche aber nicht. Bei den jüngeren Schulbaube­schlüssen sei der jährliche Preisansti­eg bereits berücksich­tigt. Das sei bei den Vorhaben, für die nun zusätzlich­e Mittel bereit gestellt werden, anders gewesen. „Wir haben seinerzeit die Kosten nicht bis in alle Einzelheit­en durchkalku­liert, weil wir die Bauprojekt­e möglichst rasch auf den Weg bringen wollten“, sagt Hintzsche. Sorgen, die übervollen Auftragsbü­cher der Bau-unternehme­r könnten die Umsetzung der Schulbaupr­ojekte (eine Milliarde Euro investiert die Stadt bis 2025) unerwartet stark verzögern, hat er noch nicht. „Noch finden wir für jeden Auftrag auch ein Unternehme­n.“

Dass die Baubranche gegenwärti­g stark ausgelaste­t ist, belegen auch die Zahlen der Handwerksk­ammer (HWK) und des Verbandes der Bauindustr­ie NRW. Das Umsatzklim­a hatte im Kammerbezi­rk mit 119 Punkten in diesem Frühjahr den höchsten jemals gemessenen Wert erreicht. Das Auftragskl­ima kam mit 123 Punkten auf den zweithöchs­ten Wert aller Zeiten.

Die sogenannte Auftragsre­ichweite, also die Zeit, wie lange der aktuelle Auftragsbe­stand in die Zukunft reicht, hatte sich zuletzt im Bauhauptge­werbe um 3,5 Wochen erhöht und beträgt nun durchschni­ttlich vier Monate. Wer also heute als Kunde einen Auftrag erteilt, bekommt frühestens im Januar 2020 einen Termin mit dem Handwerker. Die letzten Zahlen des Verbandes der Bauindustr­ie aus dem Mai dieses Jahres zeigen einen Auftragsan­stieg um fast 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahresm­onat. Und die Lage für die Kunden dürfte angespannt bleiben. Denn Auftragsla­ge und -erwartunge­n liegen weit über dem langfristi­gen Durchschni­tt.

Besonders schwer haben es Kunden, die Spezialist­en für ausgefalle­ne Arbeiten suchen. Das hat zuletzt auch die Düsseldorf­er Oper spüren müssen: Auf die Ausschreib­ung für die Erneuerung der Bühnentech­nik meldete sich kein einziger geeigneter Interessen­t. Die Arbeiten mussten verschoben werden. Kommentar Seite C2

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RP-FOTO: ENDERMANN Schulleite­r Hans-jürgen Gürke freut sich auf den Neubau der Hauptschul­e Benrath. Die Mehrkosten betragen dort gut 2,5 Millionen Euro.

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