Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Fortunas „Wikinger“ist tot

Atli Edvaldsson ist im Alter von 62 Jahren an einem Krebsleide­n gestorben. Der isländisch­e Nationalst­ürmer spielte von 1981 bis 1985 in der Bundesliga für die Düsseldorf­er. „Für meine Liebe Fortuna“, sagte er einmal. Ein Nachruf.

- VON FRIEDHELM KÖRNER

Die Fußballwel­t trauert um Atli Edvaldsson. Der langjährig­e isländisch­e Fußball-nationalsp­ieler ist im Alter von 62 Jahren einem Krebsleide­n erlegen. Der 1,90 Meter große Stürmer und Mittelfeld­akteur bestritt von 1980 bis 1988 insgesamt 224 Spiele in der Bundesliga und erzielte 59 Tore. Er trug die Trikots von Borussia Dortmund, der Fortuna und von Bayer Uerdingen. Mit den Krefeldern (heute KFC Uerdingen) wurde er Bundesliga-dritter und zog mit ihnen ins Halbfinale um den Europacup der Pokalsiege­r ein. Nach seiner Karriere als Profi wechselte er erneut zu einem Düsseldorf­er Verein und schloss sich dem Amateurlig­isten Turu an.

Mit dem Namen Edvaldsson verknüpfen Fortuna und ihre Anhänger insbesonde­re ein herausrage­ndes Ereignis: In der letzten Erstliga-begegnung der Saison 1982/83 gegen Eintracht Frankfurt schoss der Torjäger alle Düsseldorf­er Treffer zum 5:1-Sieg. Trainer der Mannschaft aus Flingern war Willibert Kremer. Damit war Edvaldsson der erste ausländisc­he Akteur, dem in der höchsten deutschen Klasse ein Fünferpack glückte. Einen Tag später erzielte er im Nationalte­am gegen Malta einen Treffer. Mit einem Privatjet war er damals zum Länderspie­l geflogen.

Nach einem Jahr in Dortmund mit Trainer Udo Lattek wechselte er 1981 zur Fortuna, für die er in vier Spielzeite­n 122 Mal in der Bundesliga zum Einsatz kam (38 Tore). In Düsseldorf habe er seine schönste Zeit als Profi erlebt, sagte er einmal. „Bei meiner Liebe Fortuna“, betonte er. „Die Stadt liegt mir am Herzen.“In der Saison, die er im Rheinstadi­on mit seiner großartige­n Torgala gegen Frankfurt abschloss, war lediglich der Bremer Rudi Völler, heute Sportchef von Bayer Leverkusen, mit 23 Treffern noch um zwei Tore besser als der Isländer. Mit Edvaldsson spielte zwei Jahre lang auch noch ein Landsmann von der Insel im Nordwesten Europas für Fortuna in der Bundesliga: Petur Ormslev. Beide waren später ebenfalls gemeinsam für ein Unternehme­n der Versicheru­ngsbranche tätig.

„Die Fortuna-familie trauert um einen verdienstv­ollen, beliebten und liebenswer­ten Menschen, der die Fans bis zuletzt nicht nur auf dem Platz zu begeistern wusste“, sagte Fortunas Vorstandsv­orsitzende­r Thomas Röttgerman­n. Reinhard Rauball, Präsident von Borussia Dortmund, wird in der Erinnerung an den verstorben­en Torjäger auf der Homepage seines Klubs mit den Worten zitiert: „Atli Edvaldsson war ein toller Fußballer und ein ganz feiner Kerl.“Für den BVB ging Edvaldsson auf Torjagd an der Seite von Manfred Burgsmülle­r, der am 18. Mai dieses Jahres gestorben ist.

Bevor Atli Edvaldsson, in Islands Hauptstadt Reykjavik geboren, den Sprung in die deutsche Eliteklass­e wagte, wollte er in der Heimat noch seine Ausbildung zum Diplom-sportlehre­r abschließe­n. Auch in seiner Düsseldorf­er Zeit erlebte man Fortunas „Wikinger“, wie Edvaldsson gern genannt wurde, als einen Mann, dessen sympathisc­hes Auftreten irgendwie typisch war für die Menschen von der Insel. Freundlich und bescheiden. Dank seiner Körpergröß­e war der athletisch­e Offensivsp­ieler auch ein überragend­er Kopfballsp­ezialist. In seinem Land gewann er zweimal die Meistersch­aft im Volleyball. Durch diesen Sport habe er „ein gutes Timing für den Kopfball bekommen“, sagte er. Zudem war er ein sehr fairer Fußballer, bekam nie einen Platzverwe­is oder vier Gelbe Karten in einer Saison und war daher niemals gesperrt.

Dank seiner langjährig­en Zeit in der Bundesliga, aber auch durch seine Einsätze in der Nationalma­nnschaft sowie durch die Arbeit als Nationalco­ach (von 1999 bis 2003) und als Klubtraine­r wurde Atli Edvaldsson, dessen Mutter eine gute Handballer­in und sein Vater ein Fußball-nationalsp­ieler Estlands waren, ein herausrage­nder Vertreter des isländisch­en Fußballs. Er bestritt 70 Länderspie­le (acht Tore) und war auch Kapitän der isländisch­en Auswahl. Zudem war er im heimatlich­en Verband in der Traineraus­bildung tätig. Die im Land südlich des Polarkreis­es weit verbreitet­e Begeisteru­ng für den Sport vermittelt­e er auch seinen Kindern Egill, Sif, Sara und Emil. Sif Atladóttir wurde Nationalsp­ielerin, Emil Atlason spielte kurze Zeit für Preußen Münster.

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FOTOS (4): HORSTMÜLLE­R Box-legende Muhammed Ali (Cassius Clay) im Sparring mit Atli Edvalsson im Rheinstadi­on am 15. September 1984.
 ??  ?? Edvaldsson als Fortune im Spiel gegen den VFB Stuttgart in der Bundesliga­saison 1983/1984.
Edvaldsson als Fortune im Spiel gegen den VFB Stuttgart in der Bundesliga­saison 1983/1984.
 ??  ?? Edvaldsson als Wikinger 1988 in Uerdingen.
Edvaldsson als Wikinger 1988 in Uerdingen.
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Edvaldsson zu Gast beim Fortuna-training im Jahr 2010.

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