Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Das goldene Handwerk
Vergoldereien gibt es nur noch wenige, aber sie haben ihren treuen Kundenstamm von Künstlern und Sammlern.
Nur etwa vier Gramm pro 1000 Tonnen Gestein beträgt der Goldanteil durchschnittlich in unserer Erdkruste. An manchen Stellen auf der Erde kommt Gold allerdings häufiger vor – bis zu ein paar Gramm pro Tonne. Dort wird es dann auch abgebaut. Und weil es so selten ist, ist es auch so wertvoll. Das glänzende Metall fasziniert die Menschen seit alters her.
Obwohl ich selbst kein Gold besitze, auch nicht als Schmuck, hat mich als Praktikant bei der Vergolderwerkstatt Oro Fino in Pempelfort der Umgang mit dem Edelmetall fasziniert. Unter dem fachkundigen Blick der Rahmenvergolder-meisterin Christiane Nick muss ich am Anfang erstmal einen Holzrahmen bearbeiten. An den Ecken, wo der Holzrahmen verklebt wurde, sieht man noch etwas von dem Holzkit. Dann muss ich so lange schmirgeln, bis die Oberfläche glatt und der Kit nicht mehr zu sehen ist. „Erst danach kann der Rahmen grundiert werden“, erklärt Christiane. So gibt es eine Tonerdenmischung, die sogenannte Kreidegrundierung. „Für die Vergoldung nutzt man jedoch Polyment als Grundierung“, so Christiane weiter. „Und je glatter der Untergrund, desto glatter wird nachher die Goldbeschichtung.“Jetzt geht es an einen anderen Tisch. Dort liegt der Kopf eines Einhorns. „Das ist der vom Goldenen Einhorn in der Altstadt“, erklärt Christiane. Dessen Augen und Mähne soll ich jetzt vergolden. Auf diesen ist bereits ein klebriges Öl angebracht. Das muss fast trocken sein, aber eben nicht ganz, damit das Blattgold auch kleben bleibt. Ist das Öl noch zu feucht, schwimmt das Gold und verbindet sich nicht richtig mit der Oberfläche. Christiane testet die Konsistenz und es passt.
Jetzt muss ich ein quadratisches Stück Blattgold in feine Streifen schneiden. Es ist wirklich sehr dünn, gerade einmal ein Neuntausendstel eines Millimeters. „Ja Blattgold ist wirklich sehr dünn“, bestätigt Christiane. „Verwandelt man eine einzige Goldmünze in Blattgold, kann man damit ein ganzes Reiterstandbild vergolden.“
Jetzt liegen die Blattgoldstreifen geschnitten auf dem sogenannten Anschießkissen. Mit dem Anschießer, einer Art Bürste aus feinem Schweifhaar des sibirischen Eichhörnchens, muss ich mir erstmal über die Wange streichen, um ihn statisch aufzuladen. Danach berühre ich mit dem Anschießer vorsichtig den ersten Streifen Blattgold. Er bleibt an den feinen Haaren hängen und ich lege ihn an einer Stelle der Einhorn-mähne an. Danach muss ich ihn noch festdrücken und polieren. „Sieht gut aus und glänzt schön“, meint Christiane.
Sie führt zusammen mit der Rahmenvergolder-meisterin Lis Butz seit über 20 Jahren die Vergolderei im Hinterhof der Gneisenaustraße 15. „Wir haben sehr unterschiedliche Kunden“, erklärt Butz. „Dazu gehören Sammler, Galerien aber auch Künstler. Wir haben auch schon mal 15 Rahmen für ein Hotel gemacht, aber das ist eher die Ausnahme.“Zehn Vergoldereien gibt es nach Angaben der Handwerkskammer (HWK) noch in Düsseldorf. Ihre Zahl ist seit Jahren konstant. Aber ausbilden tun nur noch wenige Betriebe, denn zur Berufsschule müssten die Azubis nach München. „Ich glaube aber an die Zukunft unseres Berufs, denn es wird immer Menschen geben, die das Schöne lieben“, so Butz. Und so werde auch ich mich freuen, wenn ich demnächst in der Altstadt das Einhorn wiedersehe. Denn ich weiß, ich habe geholfen, es zu vergolden.