Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Die Lehren aus Tokio für Rhein-ruhr 2032
Die Stadtspitze hat sich in Japan über die Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele 2020 informiert. Damit Platz in der U-bahn ist, sollen die Firmen mehr Heimarbeit ermöglichen.
Die Düsseldorfer Stadtspitze hat sich in Japan über die Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele im Jahr 2020 informiert.
Wie bereitet sich die Millionen-metropole Tokio auf die Olympischen Spiele im kommenden Jahr vor? Wie sieht das Verkehrskonzept aus – und wie wird die Bevölkerung „mitgenommen“auf dem Weg zum internationalen Großevent? Interessante Antworten auf diese Fragen sammelte eine städtische Delegation unter Leitung von Oberbürgermeister Thomas Geisel in der vergangenen Woche bei ihrer Japan-reise. Die Erkenntnisse sollen hilfreich sein bei der Bewerbung für Olympia an Rhein und Ruhr
Akzeptanz Die Japaner freuen sich sehr auf die Spiele. Nach 1964 soll Olympia wieder in der japanischen Hauptstadt stattfinden. Die Euphorie bei der Verkündung des Zuschlags war riesig und ist nach Beobachtungen der deutschen Botschaft in Tokio ungebrochen. Davon zeugen Plakate und Displays an vielen Stellen im Stadtbild, auch der Merchandising-verkauf hat bereits begonnen. Inhaltlich zeigt sich der Zuspruch ebenfalls, wie eine Befragung unter Japanern zeigte. Währen bei den Spielen in London ein Jahr vor der Eröffnung bei einer Umfrage niemand einen Paralympics-sportler kannte, sah dies jetzt in Tokio anders aus. Dort wusste jeder Vierte einen Athleten zu benennen. Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit und Inklusion im weiteren Sinne spielen für Japan mit seiner alternden Gesellschaft eine große Rolle bei Olympia. Investitionen wie der Einbau von Aufzügen in U-bahn-stationen und Sportstätten stehen für den Gedanken, mit dem Event auch etwas Nützliches für alle zu schaffen.
Verkehr Die Bilder von überfüllten Nahverkehrszügen aus Tokio und „Pushern“, die Menschen in die U-bahnen drücken, sind weltbekannt. Wer nun denkt, die Japaner bauten für die Spiele neue U-bahn-strecken so wie 1964 eine neue Innenstadtautobahn entstand, der irrt. „Wir wollen den Besucherandrang mit der bestehenden Infrastruktur bewältigen“, sagt Yuichi Matsumoto, der im Wolkenkratzer der Tokioter Stadtregierung die Aufgabe als Transportdirektor der Spiele übernommen hat. Es werden auch keine neuen Straßen gebaut.
Wie unterschiedlich die Voraussetzungen zwischen Düsseldorf und Tokio sind, machte Matsumoto klar. Düsseldorf hat 650.000 Einwohner, Tokio rund 14 mal so viel (9,2 Millionen). Dabei ist Tokio flächenmäßig nicht mal dreimal so groß (619 zu 217 Quadratkilometer).
Erwartet werden bei den Olympischen Spielen 7,8 Millionen Besucher, zu den Paralympics 2,3 Millionen. Hinzu kommen insgesamt 15.000 Athleten und rund 35.000 Journalisten. Sie sollen mit 2000 Bussen und 4000 Pkw zu den Spielstätten gefahren werden. Innerhalb einer Stunde, so die Vorgabe des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), sollen die Strecken zwischen dem olympischen Dorf und den maximal 60 Kilometer entfernten Wettkampfstätten zurückzulegen sein.
Die zehn Millionen Besucher sollen den öffentlichen Nahverkehr nutzen, was gegenüber normalen Zeiten ein Passagierplus von zehn Prozent bedeutet. Aber während bei den Spielen in Griechenland 40 Prozent der Athener mit staatlichen Zuschüssen in den Urlaub geschickt wurden, um den Nahverkehr zu entlasten, hat Matsumoto die Aufgabe, das öffentliche Leben zu gewährleisten. Mit den Unternehmen und Verbänden ist er deswegen in enger Kommunikation. Ziel: Die Firmen sollen möglichst viel Heimarbeit ermöglichen, auch sollen Warenströme so organisiert werden, dass sie möglichst nicht mit den wichtigsten An- und Abfahrzeiten der Spiele kollidieren. Die Bitte, auch Betriebsurlaube zu prüfen, komplettiert das Maßnahmenpaket. Ob der Plan aufgeht? „Wir müssen den Verkehr insgesamt um 15 Prozent reduzieren“, sagt Matsumoto, „es ist noch viel für uns zu tun.“
OB Geisel hält den geplanten Regionalzug RRX für die beste Unterstützung, denn er verbindet die Städte an Rhein und Ruhr. „Dann käme auch Druck auf mit Blick auf den Fertigstellungstermin“, sagt er. Dass Tokio nur auf den letzten Metern und auch nur auf dem Land Olympia-sonderspuren für Busse und Autos einrichten will, hat nicht nur das IOC überrascht, sondern auch die Düsseldorfer Delegation.
Host Town Initiative Eine neue Idee soll die Identifikation mit den Spielen im ganzen Land positiv beeinflussen. Sie kommt in Japan sehr gut an, Paris will sie für die Spiele 2024 vielleicht kopieren. Bei der so genannten „Host Town Initiative“können sich Städte, in denen es keine Sportstätten gibt, für das Trainingscamp einer Sportart bewerben. Deutsche Sportverbände wollen die Idee bereits in 17 Städten umsetzen. So bleibt die Begeisterung nicht nur auf den Großraum Tokio beschränkt, auch anderswo weht ein Hauch von Olympia – und wenn alle Nationen mitmachen, ist der Effekt groß. Selbst die durch den Reaktorunfall gebeutelte Präfektur Fukushima bewirbt sich. Was in Japan als Regierungsprogramm für die Öffnung des ländlichen Raums verstanden wird, dürfte auch in NRW die Akzeptanz erhöhen. 14 Städte gehören zum Bewerberteam RheinRuhr, aber NRW hat fast 400 selbstständige Gemeinden.