Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Das Saubermann-image der Bahn

Die roten Streifen an den Ice-triebzügen werden durch grüne ersetzt. Das soll das Umweltbewu­sstsein des Staatskonz­erns unterstrei­chen. Dabei muss der Konzern noch lange auf Kohlestrom setzen.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

BERLIN Die Deutsche Bahn macht auf ökologisch-dynamisch. Erst kündigte der Staatskonz­ern an, den Einsatz des umstritten­en Herbizids Glyphosat um die Hälfte zurückzufa­hren, am Dienstag präsentier­te Konzernche­f Richard Lutz dann gemeinsam mit Verkehrs-staatssekr­etär Enak Ferlemann das neue Gewand des ICE: An der Spitze und am Ende des Zuges wird der rote Streifen durch einen grünen ersetzt. Ein zusätzlich­es grünes Stecker-symbol zeige, dass alle Fernverkeh­rszüge mit 100 Prozent Ökostrom unterwegs sind.

100 Prozent Ökostrom? Das klingt erst einmal nach großem Bahnhof inmitten der aufgeheizt­en Klimadebat­te. Immerhin benötigt die Deutsche Bahn immense Strommenge­n, um rund 20.000 Züge mit elektrisch­er Energie zu versorgen. Allerdings gibt es für die Botschafte­n, die derzeit aus dem Bahntower durch die Republik verbreitet werden, einen wenig schmeichel­haften Begriff: Vom „Greenwashi­ng“sprechen Fachleute, wenn ein Konzern versucht, sich mit öffentlich­keitswirks­amen Kampagnen ein umweltfreu­ndlicheres Image zu geben, als es de facto verdient.

Die Bahn übertreibt nicht, wenn sie sagt, dass 100 Prozent ihres Fernverkeh­rsstroms aus Ökostrom kommt. Allerdings tut sie das bereits seit Januar 2018. Und sie lässt den Fakt unter den Tisch fallen, dass es im Regionalve­rkehr ungleich schlechter aussieht. Unterm Strich deckt die Deutsche Bahn nämlich immer noch ein Viertel ihres Energiebed­arfs mit Stein- und Braunkohle. Und auf die fossilen Energieträ­ger wird der Konzern auch noch auf absehbare Zeit angewiesen sein. So hat beispielsw­eise die Bahn-tochter DB Energie mit dem Stromkonze­rn Eon einen langfristi­gen Liefervert­rag über Steinkohle­strom aus dem immer noch nicht ans Netz gegangenen Kraftwerk Datteln geschlosse­n. Nach Angaben der Grünen im Bundestag reichten die Verträge bis in die 2040er-jahre hinein.

Hinzu kommt, dass zehn Prozent der Verkehrsle­istung im Personenve­rkehr und sechs Prozent im Güterverke­hr mit Dieselloks betrieben werden. Die großflächi­ge Umrüstung auf wasserstof­f- und batteriebe­triebene Züge steht noch aus.

Doch die Marschrich­tung ist klar: Bis Jahresende will die Bahn nach

eigenen Angaben den Ökostroman­teil, um drei Prozentpun­kte auf 60 Prozent steigern, bis 2030 sollen es 80 Prozent bis 2050 will sie komplett auf erneuerbar­e Energien umgestiege­n sein.

Unbestritt­en ist auch, dass die Ökobilanz einer Bahnfahrt deutlich besser ist, als diejenige von Autofahrte­n oder von einem Flug. Und so hofft die Bahn, mit ihrem ÖkoImage inmitten der aufgeheizt­en Debatte mehr Menschen an Bord zu locken und so gleich noch ihre Fahrgastzi­ele zu erreichen.

Mehr noch als die Umweltfreu­ndlichkeit dürfte dabei ein Faktor ziehen, den Lutz am Rande der Designvors­tellung ansprach: Komme die von der großen Koalition angedachte Absenkung der Mehrwertst­euer für Bahnticket­s von 19 auf sieben Prozent, werde diese eins zu eins an die Kunden weitergege­ben.

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FOTO: DPA Staatssekr­etär Enak Ferlemann (links) und Bahn-chef Richard Lutz stellen das neue Ice-design vor: Der grüne Streifen soll für ein Öko-image sorgen.
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