Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Auf römischen Spuren durch Nîmes

Die Provence-stadt hat viel zu bieten – eine römische Arena, eine weltberühm­te Brücke und jede Menge südfranzös­ischen Charme.

- VON JULIA SIEGERS

NIMES Wenn man von Norden aus mit dem Auto anreist, kommt etwa 20 Kilometer vor Nîmes die weltberühm­te Brücke Pont du Gard, Teil eines einst 50 Kilometer langen Aquäduktes, einer römischen Wasserleit­ung. Erbaut etwa um das Jahr 50 n. Chr., versorgte sie die aufstreben­de Stadt Nemausus (lat. für Nimes) mit fließendem Wasser aus den Bergen – und das über 500 Jahre lang. Mit drei Etagen, einer Höhe von 50 Metern und einer Länge von 360 Metern ragt das Bauwerk, das zum Unesco Weltkultur­erbe gehört, wie ein steinerner Riese über den Fluss Gardon.

Nicht nur wegen der gewaltigen Ausmaße fühlt man sich als heutiger Besucher ganz klein – auch die gewaltige architekto­nische und

Mit einer Höhe von 50 Metern und einer Länge von 360 Metern ragt die Pont du Gard wie ein steinerner Riese über den Fluss Gardon

handwerkli­che Leistung der damaligen Bauleute verdient höchsten Respekt. Ganz zu schweigen davon, dass es bis auf einige wenige noch komplett die jahrtausen­dealten Original-steine sind. Besucher können sogar bis auf die oberste Ebene der Brücke, die eigentlich­e Wasserleit­ung, im Rahmen einer Führung vordringen. Das gesamte Aquädukt ist leider nicht mehr erhalten, aber Teile davon sind im Umland des Pont du Gard heute noch zu sehen und auf Wanderpfad­en zu erkunden.

Wunderschö­n und sehr naturbelas­sen angelegt ist die Landschaft rund um das Denkmal, ausgezeich­net mit dem Gütesiegel „Grand Site de France“vom französisc­hen Umweltmini­sterium. Wir haben für unseren Besuch einen Hochsommer­tag erwischt und tauchen direkt nach dem modern gestaltete­n Eingangs- und Museumsber­eich ein in ein südfranzös­isches Konzert aus zirpenden Zikaden, vom Wind raschelnde­n Bäumen und dem gemächlich­en Plätschern des Wassers im Fluss. Tatsächlic­h ist sogar das Baden erlaubt, was eifrig getan wird, ebenso sieht man viele Kanu-fahrer, die die Brücke unterquere­n und ein schönes Bild vor dem knallblaue­n Sommerhimm­el abgeben.

Wer noch tiefer in die römische Geschichte von Nîmes und Umgebung eintauchen möchte, findet im Museum dazu reichlich Material sowie eine spannende Filmvorfüh­rung. Besonders schön für Kinder ist der Mitmach-bereich „Ludo“gestaltet, in dem sie bei Experiment­en und Animatione­n selbst zu Archäologe­n oder Baumeister­n werden können und erfahren, wie Kinder in der Römerzeit lebten (www.pontdugard.fr/de, Eintritt 9,50 Euro, Kinder unter 18 Jahren frei).

Jetzt geht es aber weiter – zur römischen Arena in der Innenstadt von Nîmes, der besterhalt­enen römischen Arena der Welt, wie ein Informatio­nsprospekt erklärt. Wieder einmal stehen wir beeindruck­t vor den steinernen Zeugen der römischen Baukunst und lassen uns dann von einem sehr informativ und lebendig erzählten Audio-guide durch die Gänge, über die Treppen und Sitzränge des Bauwerks leiten und in vergangene Zeiten mit blutigen Gladiatore­nspektakel­n versetzen. Um alles in Ruhe anhören und entdecken zu können, sollte man schon ein bis zwei Stunden einplanen, allein schon, um einmal ganz oben auf einer steinernen Bank Platz zu nehmen und die Arena auf sich wirken zu lassen – oder umgedreht einen Blick über die Dächer der Stadt zu werfen.

Im Sommer ist das Rund Schauplatz des Festivals von Nîmes mit zahlreiche­n Konzerten, und auch mehrtägige Veranstalt­ungen mit römischen Schaukämpf­en und Wagenrenne­n finden regelmäßig statt. (www.arenes-nimes.com, Eintritt zehn Euro, Kinder 7-17 Jahre acht Euro, günstiges Kombiticke­t mit weiteren Sehenswürd­igkeiten Tour Magne und Maison Carrée s.u. 13 Euro, Kinder 11 Euro, Familie zwei Erw. plus zwei Kinder 40 Euro).

Gleich gegenüber der Arena bildet das supermoder­ne Gebäude des 2018 neu eröffneten „Musée de la Romanité“einen reizvollem architekto­nischen Kontrast. Dort kann man seine Kenntnisse zur römischen Geschichte von Nîmes vertiefen. Drinnen geht es mit spannenden Kontrasten gleich weiter, denn die historisch­en Ausstellun­gsstücke wie Mosaike, Inschrifte­n, Gebäudefra­gmente, Schmuck, Münzen, Lampen etc. werden innovativ und hochintere­ssant mit modernen Mitteln wie Multimedia­stationen und geschickte­n Installati­onen buchstäbli­ch ins rechte Licht gesetzt. Auch hier genügend Zeit einplanen, um alles würdigen zu können. Für Kinder besonders schön angelegt und gestaltet ist eine kleine Schnitzelj­agd mit Aufgaben (auf Englisch erhältlich). (www.museedelar­omanite.fr, Eintritt acht Euro, Kinder 7-17 Jahre drei Euro).

Die charmanten Gassen und Straßen der übersichtl­ichen Innenstadt mit ihren kleinen Geschäften, Cafés und Restaurant­s lassen sich gut zu Fuß erkunden. Zur Mittagszei­t genießt man zum Beispiel ein Tagesgeric­ht, ein „Plat du jour“aus der südfranzös­ischen Küche, was etwas günstiger ist als ein aufwendige­res Diner am Abend. Oder man versorgt sich gleich in der Markthalle mit Köstlichke­iten der Region.

Frisch gestärkt nehmen wir dann noch zwei Bauwerke auf unseren Besichtigu­ngsplan, die man in Nîmes nicht verpassen sollte: Der Tour Magne liegt auf einer Anhöhe impark „Jardins de la Fontaine“und war einst Teil der Stadtmauer. Heute genießt man von oben eine ausgedehnt­e Fernsicht über die Stadt und ihre Umgebung.

Auf dem Rückweg durch den kleinen Park, der seinen Namen einer bekannten Quelle verdankt, an der sich ca. 600 v. Chr. die ersten Bewohner von Nîmes niederließ­en, führt der Weg auch an den Überresten des römischen Diana-tempels vorbei zurück in die malerische Innenstadt – zum Maison Carrée, dem weltweit einzigen vollständi­g erhaltenen Tempel aus der Antike, der in seinem langen Leben auch schon Stall, Wohnung und sogar Kirche war. Heute beherbergt er ein Kino, in dem ein spannender Kurzfilm die Geschichte der Entstehung Nîmes von den keltischen Wurzeln bis zu einer glanzvolle­n römischen Stadt erzählt – die es heute noch blendend versteht, ihre zahlreiche­n Besucher zu begeistern.

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FOTOS: IMAGO Das römische Amphitheat­er in der Innenstadt von Nîmes ist die besterhalt­ene römische Arena weltweit.
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Die berühmte Pont du Gard liegt nur 20 Kilometer von Nîmes entfernt.

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