Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Henkel setzt auf nachhaltig­es Palmöl

Der Chemie-konzern verbraucht jedes Jahr rund 100.000 Tonnen des Rohstoffs. Dafür wurden in der Vergangenh­eit oft Bäume im Regenwald gefällt. Ab 2020 will das Unternehme­n nur noch Öl aus ökozertifi­ziertem Anbau beziehen.

- VON STEFAN OSORIO-KÖNIG

Palmöl steht in der Kritik, weil für die Plantagen oftmals tropischer Regenwald abgeholzt wird. Es wird zum größten Teil im Ernährungs­bereich eingesetzt, Palmölkern ist aber auch ein Rohstoff für viele Reinigungs­mittel und Kosmetikpr­odukte. „Palmöl ist eines von vielen pflanzlich­en Ölen“, erklärt Thomas Müller-kirschbaum, Leiter Forschung und Entwicklun­g im Unternehme­nsbereich Laundry & Home Care bei Henkel. „Am globalen Gesamtmark­t an pflanzlich­en Ölen – das sind rund 200 Millionen Tonnen jährlich – hat Palmöl mit rund 40 Prozent den größten Anteil und liegt damit beispielsw­eise vor Sojaöl.“

Bei diesem Öl unterschei­det man zwischen dem Palmöl, das aus dem Fruchtflei­sch der Früchte der Ölpalme gewonnen wird, und dem Palmkernöl. Letzteres ist nicht für den menschlich­en Verzehr bestimmt, sondern wird eher in der chemischen Industrie verwendet. So kommt Palmkernöl bei der Produktion der waschaktiv­en Substanzen, den sogenannte­n Tensiden, zum Einsatz, wie beispielsw­eise in Waschmitte­ln oder Shampoos. „Diese Tenside sind dafür verantwort­lich, den Schmutz von Fasern zu lösen und abzutransp­ortieren“, erklärt Thomas Müller-kirschbaum. „Das gilt für Textilien genauso wie für Haut, Haare oder Autos.“Tenside seien die Vermittler zwischen Fett und Wasser, alles was schäumt, enthalte Tenside.

„Die Ölpalme hat einen hohen Flächenert­rag, deshalb gibt es derzeit auch keine nachwachse­nden Rohstoffe, die eine wirkliche Alternativ­e sind“, so Müller-kirschbaum weiter. Immerhin läge der Ertrag von Palmöl bei 3,3 Tonnen pro Hektar, während Raps oder Sonnenblum­enöl nur auf 0,7 und Soja sogar nur auf 0,4 Tonnen kommt. Insofern erachtet auch die Umweltschu­tzorganisa­tion WWF es als nicht sinnvoll, Palmöl durch andere pflanzlich­e Öle mit höherem Flächenbed­arf zu ersetzen.

„In den 1990er Jahren war es ein Fortschrit­t, als Unternehme­n von Erdöl auf pflanzlich­e Öle umzustelle­n“, so der Forscher weiter. „Aber es zeigte sich, dass auch diese ihre Schattense­iten hatten, wie zum Beispiel Rodungen von Regenwälde­rn, unter anderem durch Abbrennen, und die Reduzierun­g der Biodiversi­tät. Insbesonde­re beim Trockenleg­en von Torf für neue Anbaufläch­en werden enorme Mengen an CO2 freigesetz­t, die vorher im Boden gespeicher­t waren.“

Also beschloss man bei Henkel schon vor mehreren Jahren, auf nachhaltig­es Palmöl zu setzen, für das kein tropischer Regenwald mehr abgeholzt wird, denn Ölpalmen wachsen nur in den Tropen, bis zu 15 Grad nördlich und südlich des Äquators. Bis zum Jahr 2020 sollen das von Henkel verwendete Palmund Palmkernöl vollständi­g aus nachhaltig­er Bewirtscha­ftung und Produktion stammen. Ein wichtiges Ziel ist auch die vollständi­ge Rückverfol­gbarkeit. Hier gibt es noch Herausford­erungen, denn die Lieferkett­e – von der Plantage bis zum Tensid, das verarbeite­t werden kann – ist sehr komplex.

„Es geht uns aber nicht nur um die ökologisch­e Nachhaltig­keit, sondern auch um die soziale Situation der Bauern in den Anbaugebie­ten. Immerhin 40 Prozent der globalen Palmölmeng­e werden von Kleinbauer­n erwirtscha­ftet.“Deswegen arbeitet Henkel mit der niederländ­ischen Entwicklun­gsorganisa­tion Solidarida­d zusammen, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum feiert.

„Gemeinsam unterstütz­en wir Kooperatio­nsprojekte, die es Kleinbauer­n ermögliche­n, ihre Ernten als nachhaltig zertifizie­ren zu lassen, ihre Produktivi­tät zu steigern und so ihre Existenzgr­undlage zu verbessern“, erklärt Christine Schneider, bei Henkel Wasch- und Reinigungs­mittel verantwort­lich für Kooperatio­nen im Bereich nachwachse­nde Rohstoffe. Gegenwärti­g unterstütz­t Henkel sieben Initiative­n, darunter in Ghana, Honduras, Indonesien, Kolumbien oder Nigeria. „Bis Ende 2018 wurden so bereits mehr als 29.000 Kleinbauer­n erreicht, die 350.000 Hektar Anbaufläch­e bewirtscha­ften“, so Schneider weiter. Henkel engagiert sich auch mit weiteren Unternehme­n und Nichtregie­rungsorgan­isationen, darunter der WWF, in dem 2004 gegründete­n Runden Tisch für nachhaltig­es Palmöl (englisch „Roundtable on Sustainabl­e Palm Oil“, RSPO). Die Organisati­on verfolgt das Ziel, nachhaltig­e Anbaumetho­den für Palmöl zu fördern, hat hierfür Standards definiert und Kriterien für eine entspreche­nde Zertifizie­rung festgelegt.

Seit 2005 müssen Plantagen den Rspo-standards genügen, um ein Zertifikat für Nachhaltig­keit zu bekommen. „Dazu gehört, dass für eine zertifizie­rte Plantage kein Regenwald abgeholzt werden darf, aber auch die Menge an Pflanzensc­hutzmittel­n, die pro Hektar eingesetzt werden dürfen, ist begrenzt“, so der Henkel-forscher weiter.

Henkel nutzt umgerechne­t jährlich rund 100.000 Tonnen Palm- und Palmkernöl weltweit – 60 Prozent davon ist Palmkernöl, 40 Prozent Palmöl. „Unser Anteil an der global produziert­en Palmölmeng­e ist mit 0,2 Prozent zwar vergleichs­weise gering, aber wir sind uns unserer Verantwort­ung bewusst und wollen das Thema Nachhaltig­keit und Transparen­z entlang der komplexen Lieferkett­e vorantreib­en“, so Müller-kirschbaum.

Die Zusammenar­beit mit Kleinbauer­n-projekten hat dabei einen hohen Stellenwer­t bei Henkel. „Die Produktivi­tät unabhängig­er Kleinbetri­ebe ist um 40 Prozent geringer als bei einem Betrieb durchschni­ttlicher Größe“, erklärt Schneider, was vor allem daran liegt, dass ihre Produktion­smethoden weniger ausgefeilt seien.

„Deswegen wollen wir Kleinbauer­n dabei unterstütz­en, die Produktivi­tät ihrer Plantagen zu erhöhen, Regenwald zu schützen, die Lebensbedi­ngungen in den Anbaugebie­ten zu verbessern und verbessert­en Zugang zum Abnehmerma­rkt zu bekommen.“Ein wichtiger Bestandtei­l der Kooperatio­n zwischen Henkel und Solidarida­d seien Training und Weiterbild­ung der Kleinbauer­n. „Die geförderte­n Projekte

bieten Schulungen zur optimalen landwirtsc­haftlichen Praxis, zur verbessert­en Plantagenf­ührung, zu Themen rund um Gesundheit und Sicherheit sowie zum Management der ökologisch­en und sozialen Auswirkung­en.“

Die Kleinbauer­n erfahren während der Weiterbild­ungskurse auch, wie sie die Kriterien für die notwendige Rspo-zertifizie­rung erfüllen können. „Darüber hinaus geht es um Anbaumetho­den, die die Menge des produziert­en nachhaltig­en Palmöls steigern – ohne dafür neues Land in Anbaufläch­e umwandeln zu müssen – und so das Einkommen der Kleinbauer­n erhöhen.“

Im Jahr 2018 stammten rund 65 Prozent der von Henkel genutzten Palmölerze­ugnisse aus nachhaltig­er Produktion. „Unser Ziel ist es, im kommenden Jahr die 100 Prozent zu erreichen“, erklärt Müller-kirschbaum, „und ich bin zuversicht­lich, dass wir das schaffen werden.“

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FOTO: FEDEPALMA Palmöl gehört zu den wichtigste­n Pflanzenöl­en. Eine Initiative, mitinitiie­rt von Henkel, setzt darauf, dass es künftig nachhaltig produziert wird.
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RP-FOTO: STEFAN OSORIO-KÖNIG Thomas Müller-kirschbaum leitet die Abteilung Forschung und Entwicklun­g bei Henkel.

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